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750 Jahre Bistum Graz-Seckau

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Es ging im Jahre 1218 um eine Art „zurückhaltender Modernisierung”, als Erzbischof Eberhard II. von Salzburg in seinem weiten, bis an die ungarische Grenze und an die Drau reichenden Diözesamgebiet für die Mittelsteiermark ein Kleinbistum errichtete. Die Kathedrale lag im obersteirischen Seckau, der Sitz des Bischofs im Schloß Leibnitz (daher auch dort der Name „Seggau” in anderer Schreibweise). Die rechtliche Struktur des Bistums sollte Salzburgs Rechte möglichst wahren: Die Bischofsernennung liegt ausschließlich beim Erzbischof; das Diözesan- gebiet ist nur ein schmaler Streifen von der Seckauer Gegend über die Stubalpe bis zur Mur bei Wildon; das Bistumsgut ist bescheiden; der Bischof empfängt die Reichslehen vom Erzbischof, nicht vom König. Damit steht

Seckau in der gleichen Linie wie die anderen Salzburger Eigenbistümer Gurk (gegründet 1072), Chiemsee (1215) und Lavant (1228). Die Bischöfe dieser Kirchen sollten vor allem in der übergroßen Salzburger Diözese den Erzbischof bei den notwendigen Pontifikalfunk- tionen vertreten. Nur für diesen liturgischen Bereich lösten die Eigenbistümer die Mängel einer veralteten Diözesaneinteilung. Weiter gehende Wünsche der Babenberger und später der Habsburger nach einem Landesbistum waren damit nicht erfüllt.

Dieser „Schritt nach vorn” war zu klein. Gegen Ende des Mittelalters stellten sich mit dem Fehlen einer wirksamen bischöflichen Tätigkeit immer mehr jene Schäden im kirchlichen Leben ein, die zum Zusammenbruch unter der Kritik der Reformation führen mußten. Zwar erfüllten die Bischöfe von Sek- kau ehrende Aufgaben in ihrer kleinen Diözese und im Dienste des Erzbischofs oder des Landesherrn auch auf Konzilien, Reichstagen und wichtigen Gesandtschaften. Sie standen einem wachsenden Grundbesitz und einem Lehensverband vor, der einen beachtlichen politischen Faktor in der Steiermark bildete. Für kirchliche Reformarbeit fehlte ihnen jedoch schon die Amtsgewalt, denn sie waren außerhalb ihrer kleinen Diözese praktisch nur Weihbischöfe von Salzburg. Wichtig war die Erwerbung von zwei Häusern in Graz, aus denen schon im 13. Jahrhundert der Bischofhof an der heutigen Stelle erwuchs. Zumeist residierten sie jedoch auf dem Schloß Seggau.

Es gab mehrere Versuche, das Diözesan- gebiet zu vergrößern. So gelang es dem großen Bischof Matthias Soheit von Westerstät- ten (1482 bis 1512), einem gebürtigen Schwaben, seine Patronatspfarren im Salzburger Diözesangebiet stärker seiner bischöflichen Gewalt zu unterwerfen. Im ganzen änderte sich jedoch die Lage nicht wesentlich.

Die Steiermark ging ohne eigentliches Landesbistum der Zeit der Reformation entgegen. Christof Räuber, 1512 bis 1536 Administrator des Bistums, war zugleich Bischof von Laibach und Kommendatarabt von Admont. Dazu erfüllte er wichtige politische, und militärische Aufgaben, so daß er sich Seckau wenig widmen konnte. Das änderte sich auch unter seinen Nachfolgern nicht wesentlich, das Ringen der Konfessionen ging ohne nennenswerten Einfluß von ihrer Seite zum Nachteil der katholischen Sache vor sich.

Ein Reformbischof war erst der „Ketzerhammer” Martin Brenner (1585 bis 1615). In enger Verbindung mit den Landesfürsten von Innerösterreich, Erzherzog Karl II. und Ferdinand II. (ab 1619 Kaiser), rekatholisierte er das Land, indem er es an der Spitze bewaffneter landesfürstlicher Religions-Reformationskommissionen durchzog und in den wichtigsten Orten das katholische Kirchenwesen wiederherstellte, zugleich aber auch eine neue geistige Grundlage des kirchlichen Lebens zu schaffen suchte. Erweiterte Amtsvollmacht erhielt er 1591 durch Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau, der ihn zum Generalvikar für den zur Salzburger Diözese gehörigen Teil der Steiermark ernannte.

In diesem erweiterten Verantwortungsbereich wirkten auch die folgenden Bischöfe bis 1786. In diesem Jahr erfolgte ein entscheidender Schritt auf die gegenwärtige Gestalt der Diözese hin: Seckau wurde in der Diöze- sanregulierung Kaiser Josephs II. (1780 bis 1790) auf die ganze Mittelsteiermark ausgedehnt. In der großzügigen Regelung des Kaisers (Rom stimmte erst nachträglich zu) erhielt die Obersteiermark ein eigenes Bistum Leoben (Sitz in Göß), die Südsteiermark kam zu Lavant (St. Andrä). Die Steiermark hatte gleich drei Bistümer bekommen.

Der gegenüber manchen Bereichen katholischen Lebens (Klöster, Volksfrömmigkeit) wenig verständnisvolle „Josephinismus” und die neue Geistigkeit des 19. Jahrhunderts erschwerten die kirchliche Tätigkeit in den folgenden Jahrzehnten außerordentlich. Da Salzburg der Säkularisation von 1803 zum Opfer gefallen war, blieb auch Seckau 12 Jahre lang unbesetzt. In Bischof Roman Sebastian Zängerle (1824 bis 1849) wurde der Steiermark ein Erneuerer der Kirche geschenkt, dessen Einfluß bis heute nachwirkt. Eine neuerliche Diözesanregulierung von 1859 vereinigte Leoben, das nach dem Tod seines einzigen Bischofs durch Seckau mitverwaltet worden war, mit diesem und gab die slowenischen Gebiete (sie umfaßten das Land bis zur Drau und einen Streifen jenseits des Flusses) an Lavant. Marburg wurde zum neuen Sitz des Bischofs von Lavant, unserer heutigen Nachbardiözese. Nur kleine Korrekturen, die unsere südliche Diözesangrenze der Staatsgrenze völlig anglichen, blieben unserer Zeit überlassen.

Seit der Revolution von 1848 führt eine konsequente Linie bis in unsere Tage, gekennzeichnet durch eine zunehmende Verselbständigung der Kirche gegenüber dem Staat und eine damit verbundene Besinnung auf die ureigensten Kräfte und Aufgaben. Die Kirche von Graz-Seckau (so die neue Bezeichnung seit 1963) setzt den „Weg der Hoffnung” auch in unserer Zeit fort.

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