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1072 -1972

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Die Diözese Gurk-Klagenfurt begeht heuer in festlicher Form das 900-Jahr-Jubiläum des Bistums. Eröffnet werden die Feiern am 4. Mai mit einer Veranstaltung im Klagenfurter Konzerthaus, bei welcher der Erzbischof von Wien, Kardinal König, den Festvortrag halten wird. Als Höhepunkt des Diözesanjubi-läums ist am 25. Juni ein Gottesdienst in Gurk vorgesehen, zu dem alle österreichischen Bischöfe sowie auch zahlreiche Bischöfe aus den Nachbardiözesen des Auslandes — darunter Udine, Görz und Laibach — eingeladen werden. Die österreichischen Bischöfe v/erden aus Anlaß des „900-Jahr-Jubiläums“ am 26. Juni zu einer außerordentlichen Bischofskonferenz zusammentreten. Am 15. August wird der Salzburger Alterzbischof Dr. Andreas Rohracher, einst Administrator der Diözese Gurk, bei einem Festgottesdienst die Predigt halten. Ein feierlicher Gottesdienst in slowenischer Sprache findet am 20. August in Maria-Saal statt. Der offizielle Schlußpunkt des Jubiläumsjahres wird mit dem Abschluß der Zweiten Session der Kärntner Diözesansynode am 29. Oktober gesetzt.

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Die Diözese Gurk-Klagenfurt begeht heuer in festlicher Form das 900-Jahr-Jubiläum des Bistums. Eröffnet werden die Feiern am 4. Mai mit einer Veranstaltung im Klagenfurter Konzerthaus, bei welcher der Erzbischof von Wien, Kardinal König, den Festvortrag halten wird. Als Höhepunkt des Diözesanjubi-läums ist am 25. Juni ein Gottesdienst in Gurk vorgesehen, zu dem alle österreichischen Bischöfe sowie auch zahlreiche Bischöfe aus den Nachbardiözesen des Auslandes — darunter Udine, Görz und Laibach — eingeladen werden. Die österreichischen Bischöfe v/erden aus Anlaß des „900-Jahr-Jubiläums“ am 26. Juni zu einer außerordentlichen Bischofskonferenz zusammentreten. Am 15. August wird der Salzburger Alterzbischof Dr. Andreas Rohracher, einst Administrator der Diözese Gurk, bei einem Festgottesdienst die Predigt halten. Ein feierlicher Gottesdienst in slowenischer Sprache findet am 20. August in Maria-Saal statt. Der offizielle Schlußpunkt des Jubiläumsjahres wird mit dem Abschluß der Zweiten Session der Kärntner Diözesansynode am 29. Oktober gesetzt.

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Das Bistum Gurk wurde 1072 ge- Denn durch fast ein Jahrtausend gründet, es ist somit nach Salzburg war der Erzbischof von Salzburg der das Zweitälteste Bistum Österreichs. Metropolit, der den größten Teil

Es wurde von Salzburg aus gegrün- Österreichs kirchlich betreute. Gedet, zunächst — ein Unikum — ohne Zuteilung auch nur des geringsten Diözesangebietes. Dies gibt einen interessanten Hinweis auf die hervorragende Stellung, die Salzburg durch fast ein Jahrtausend innerhalb der Kirchengeschichte Österreichs einnahm. gründet im achten Jahrhundert, war Salzburg durch den heiligen Bonifatius in seine große Bistumsorganisation, die sich auch über ganz Bayern erstreckte, einbezogen worden. 798 erhob Karl der Große Salzburg zum Erzbistum. Es war ein ungeheures Gebiet, das diesem Erzbistum unterstand. Passau, Regensburg, Chiemsee, Brixen waren seine Suf-fragane. Gewaltig war seine Wirkung als Zentrum der Ostmission. Eine einheitliche Kultur bahnte sich von der Salzachstadt den Weg in die Berge und in die ungarische Tiefebene. Die ältesten Kirchen Wiens, St. Peter und St. Rupert, die um 800 geweiht wurden, deuten mit ihren Namen auf die Missionstätigkeit Salzburgs nach dem Osten hin, die sich bis zum Südende des Plattensees erstreckte.

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Durch ein Jahrtausend sollte Salzburg das einzige große Bistum Österreichs bleiben, Salzburgs Erzbischof der einzige Metropolit, der auf heutigem österreichischen Boden residierte. Durch eine überaus geschickte Politik sollte es dann diesem Erzbistum gelingen, sich der Union der Länder, die unter dem Hause Habsburg entstand, zu entziehen und bis zum Jahre 1803 ein selbständiges Bistum zu bleiben. Durch ebenso geschickte Politik sollte es alle Ordensklöster, die sonst in Österreich eine so große Rolle spielten, von seinem ureigensten Herrschaftsgebiet fernhalten, um hier immer die erste Rolle sich selbst zuzuteilen. Weder gab es große Benediktinerklöster (mit Ausnahme St. Peters, dessen Abt Rupert der erste Bischof von Salzburg wurde), noch Augustiner Chorherren, noch Prämonstra-tenser, noch Dominikaner, noch Jesuiten im Lande Salzburg. Und so blieb es bis heute.

Dieser salzburgische Kirchenstaat erleidet im zehnten Jahrhundert allerdings eine schwere Niederlage. Denn Bischof Pilgrim von Passau will auf Grund von gefälschten Urkunden nachweisen, daß Passau eigentlich ebenfalls Erzbistum, also nicht Salzburg Untertan sei und daß ihm alles Gebiet längs der Donau bis nach Ungarn zustehe. Die Loslösung von Salzburg gelang dem Passauer nicht, aber seinen Herrschaftsbereich längs der Donau konnte er sichern. Durch rund 900 Jahre werden Ober-und Niederösterreich nun unter dem Passauischen, also einem bayerischen Krummstab leben. Heute noch erinnert in der Wiener Innenstadt der Name „Passauerhof“ an den Sitz des Vertreters des bayerischen Bischofs. Und der Name der Wiener Kathedrale deutet auf ihren Zusammenhang mit dem Dom zu Passau.

Das zehnte Jahrhundert läßt die Bistumsorganisation entstehen, die in großen Zügen Gültigkeit für ein Jahrtausend — bis Joseph II. — behalten soll: Österreich hat nur einen Bischof, den Salzburger. Das heißt, bedenkt man die damaligen Verhältnisse, daß Österreich durch Jahrhunderte keine Bischöfe kennt. Ober-und Niederösterreich stehen unter Passau. Salzburg selbst unterstehen das eigene Land, die Steiermark, Kärnten und Teile Tirols. Tirol besitzt als einziges Land ein eigenes Bistum in Brixen, das südliche Kärnten untersteht Aquileja, Vorarlberg teils Chur, teüs Konstanz, teils Augsburg.

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Die räumliche Entfernung brachte natürlich ungeheure pastorale Schwierigkeiten mit sich. Vergeblich versuchten die Babenberger in Rom die Bewilligung zu einem eigenen Landesbistum durchzusetzen. Alle ihre Versuche wußte Passau zum Scheitern zu bringen.

Salzburg behalf sich aber auf eigene und seltsame Weise: Es setzte 1072 in Gurk einen Bischof ein, ohne ihm ein Diözesangebiet zuzuweisen. Dieser Bischof sollte eine Art Weihbischof und Generalvikar Salzburgs für die Gebiete jenseits der Alpen sein. Für Rom war ein Bischof ohne eigenes Diözesangebiet etwas Unvorstellbares. Es drängte Salzburg so lange, bis der Salzburger Metropolit schließlich, 1131, ein kleines, acht Pfarreien umfassendes Gebiet Gurk als Diözese zuwies. In den übrigen Gebieten blieb der Gurker Bischof weiterhin Weihbischof und Generalvikar Salzburgs. Ähnlich verfuhr Salzburg bei der Gründung der Diözesen Lavant in Kärnten und Seckau in der Steiermark, zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Auch diesen Bistümern gab Salzburg ein winziges Gebiet, wo diese Zwergbischöfe als selbständige Ordinarien tätig sein konnten, während sie in den übrigen Teilen Salzburgs Gehilfen sein mußten. Diese Bischöfe setzte der Salzburger Metropolit ein, eine Regelung, die bis 1930 bestehen blieb und die dem Salzburger Metropoliten noch von Pius IX. die Bezeichnung „Mezzo-Papa“, „Halbpapst“ eintrug.

Für die Ernennung des Gurker Bischofs trat allerdings im Laufe der Jahrhunderte eine Neuregelung ein: Abwechselnd ernannten die Salzburger Metropoliten und der österreichische Kaiser den Ordinarius von Gurk. 1915 fand eine solche Ernennung durch Franz Josef statt, es war die letzte Bischofsernennung, die der alte Kaiser vornahm, und der von ihm erwählte Dr. Hefter starb erst vor wenigen Jahren.

Die geschickte Politik Salzburgs, das drei Zwergbistümer auf seinem Territorium gründete, deren Ordinarien ernannte und sie außerdem zu seinen Generalvikaren und Weihbischöfen bestellte, ahmte Passau im österreichischen Teil seiner Diözese nicht nach. Dafür gelang es den Habsburgern mit Kaiser Friedrich III., für Wien und Wiener Neustadt in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ebenfalls Zwergbistümer zu errichten.

Mit dieser kirchlichen Organisationsform trat Österreich in das Jahrhundert der Reformation und hier erwies es sich eigentlich als Segen, daß es so gut wie keine Bischöfe besaß, Dem österreichischen Volk war das Skandalon erspart geblieben, das den Deutschen der Lebenswandel so mancher ihrer Bischöfe in so starkem Maß geboten hatte. Diese kleinen Bistümer Österreichs waren so arm, daß sich sicherlich niemand fand, der nur Bischof werden wollte, um ein reiches Leben zu führen. Im Gegenteil, die Bischöfe, die Österreich in diesen Zwergdiözesen besaß, waren fast immer ausgezeichnete Männer. Darunter natürlich auch die Bischöfe von Gurk.

1218 war ihr kleines Gebiet etwas erweitert . worden. Es kam das oberste Gurktal hinzu, 1475 auch der Millstätter Bezirk. Erst im Zuge der josephinischen Diözesanregelung im Jahr 1786 erhielt Gurk auch das übrige Kärnten mit Ausnahme des Völkermarkter Bezirkes, der erst 1859 der Gurker Diözese eingegliedert wurde. In diesem Jahr wurde das zweite Kärntner Bistum, das seinen Sitz in St. Andrä im Lavant hatte, nach Marburg verlegt.

Derzeit umfaßt die Gurker Diözese, deren Grenzen sich mit den Landesgrenzen decken, 27 Dekanate mit 336 Pfarren. Ein Viertel dieser Pfarren sind heute unbesetzt. Die Diözese hat mehr als 900 Pfarr- und Filialkirchen zu betreuen. Rund 320 Priester sind in der Seelsorge und in der kirchlichen Verwaltung tätig. Die Diözese selbst wird von zwei Nationen bewohnt, von deutschen und slowenischen Kärntnern. Das bedeutete oft und bedeutet wohl weiterhin zusätzliche Schwierigkeiten der seelsorglichen Situation. Aber gerade in einem zweisprachigen Land wäre es die Aufgabe der Christen, zu beweisen, daß ihnen eine nationale Aversion gegen Anderssprechende fremd sein müßte.

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