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... hätte ich Slowenisch noch besser gelernt“

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FURCHE: Herr Diözesanbischof, seit 32 Jahren sind Sie Bischof der Diözese Gurk in Kärnten. Einer Diözese, die hinsichtlich ihrer Tradition und ihrer Geschichte sowie nicht zuletzt durch die Volksgruppenfrage einer sehr schwierigen Situation gegenübersteht. Wenn Sie die Voraussetzungen für die Kirche in Kärnten früher und heute vergleichen, steht es um die Kirche heute besser oder schlechter?

KÖSTNER: Seinerzeit war in Kärnten sehr wenig katholische Intelligenz öffentlich tätig. Die Priester waren vielfach Verantwortliche in der christlichsozialen Partei. Auf der anderen Seite gab es relativ starke antikirchli-

che Gruppen, bis dann die Priester unter Innitzer und Hefter - zum Vorteil der Seelsorge, wie sich gezeigt hat -aus der Parteipolitik zurückgezogen wurden. Inzwischen ist eine beachtliche Zahl katholischer Akademiker herangewachsen, die es früher nicht in diesem Ausmaß gab, und das ist gegenüber früher sicher ein Fortschritt. Freilich befinden sich dadurch keine direkten Vertreter der Kirche im Landtag und im Parlament. Es gibt jedoch eine Reihe wirklich christlich fundierter Persönlichkeiten im öffentlichen Leben Kärntens, die im Sinne der Weltverantwortung tätig sind, die das letzte Konzil den Laien aufgetragen hat. '

FURCHE: Welche Erfahrung hat Ihre Diözese mit Gremien wie Diözesanrat, Pfarrgemeinderat und Dekanatsrat? . KÖSTNER: Ich muß offen sagen, daß die Erfahrungen, abgesehen von gewissen Geburtswehen, positiv sind, und zwar um so mehr, je länger sich diese Gremien bewähren. Die Leitung der Diözese erhält dadurch viel mehr an Information, an Impulsen und Anregungen. Umgekehrt sind die Mitglieder unserer Gremien wieder Multiplikatoren für' die Anliegen der Gesamtdiözese. Bei den Pfarrgemeinderäten merke ich freilich anläßlich meiner Visitationen immer wieder, daß noch viel fachliche und spirituelle Schulung nötig sein wird und daß' noch vieles wachsen muß. Durch apostolische Gruppen wie Cursillo, Legio Mariae, Focolarini und Action 365 sind aber jetzt mehr Leute in den Pfarrgemeinderäten, die wirklich erfaßt haben, worauf es ankommt.

FURCHE: Was sind Ihre Hauptsorgen, was Ihre Hoffnungen für die nächsten Jahre?

KÖSTNER: Da ist natürlich an erster Stelle das Glaubensleben in der Diözese. Dafür braucht es gute Priester und Laienmitarbeiter. Wir haben, wie ja bekannt ist, nicht genug Priester, und diese sind oft überlastet. Positiv hervorheben möchte ich unter anderem das Katholische Bildungswerk, das in der Erwachsenenbildung einen schönen Aufschwung genommen hat und mit seinen 270 Ortsstellen sehr viel leistet, sowie die Bildungsheime, vor allem in St. Georgen am Längsee und Tainach. Was die Tätigkeit der Caritas betrifft, haben wir bereits eine lange Tradition aufzuweisen, die von Bischof Hefter begründet wurde.

FURCHE: Kärnten ist durch einen relativ hohen Anteil von Evangelischen, nämlich zehn Prozent der Bevölkerung, gekennzeichnet. Wirkt sich das nachteilig für das Verhältnis beider Konfessionen aus?

KÖSTNER: Das Verhältnis ist sogar recht gut. Unter anderem auch deshalb, weil der frühere Superintendent Glawischnig und ich acht Jahre zusammen in derselben Klasse des Gymnasiums waren und uns sehr gut verstanden. Letzteres gilt auch für den jetzigen Superintendenten. Auch hat es schon gemeinsame Tagungen sowie Pfarrertreffen evangelischer und katholischer Geistlicher mit dem Ziel eines Erfahrungsaustausches gegeben.

FURCHE: Im Vergleich zu anderen Diözesen gibt es in Ihrer Diözese anscheinend keine sehr starken Polarisierungen im Klerus zwischen sogenannten Konservativen und Progressiven ...

KÖSTNER: Das ist auch mein Eindruck. Vielleicht kommt das daher, daß die Kärntner Priester sich schwerer behaupten müssen und daher mehr

zusammenhalten. Auch ist die Diözese nicht sehr groß und wenn man schon so lange im Amt ist, kennt man seine Mitarbeiter und kann vieles durch persönliche Gespräche und Vermittlung ausgleichen.

FURCHE: Dafür leidet Kärnten unter einer anderen Auseinandersetzung, dem Volksgruppenproblem. Hier kommt Ihnen wahrscheinlich zugute, daß Sie selbst Kärntner sind und mit der Problematik seit Jahrzehnten bis in die Einzelheiten vertraut sind.

KÖSTNER: Das stimmt. Ich bin hier aufgewachsen, habe schon mit vielen slowenischen Geistlichen am Gymnasium studiert, später als bischöflicher Sekretär das gemischtsprachige Gebiet bei den Visitationen kennengelernt und auch selbst als Gymnasiast den Freigegenstand „Slowenisch“ besucht.

FURCHE: Sie wenden sich bei Ihren Gottesdiensten im gemischtsprachigen Gebiet ja immer wieder auch in Slowenisch an die Gläubigen und halten auch im Radio von Zeit zu Zeit geistliche Ansprachen in Slowenisch.

KÖSTNER: Wenn ich gewußt hätte, daß ich Bischof werde, hätte ich als Student das Slowenische noch besser gelernt. Ich wende mich neben Deutsch auch in Slowenisch an einen Teil meiner Diözesanen, um den slowenischen Gläubigen zu zeigen, daß ich ihre Sprache achte und schätze und daß ihnen meine Hirtensorge genauso gilt wie den deutschsprachigen Diözesanen.

FURCHE: Rein quantitativ gibt es in Kärnten ziemlich wenige Laientheologen im Dienst der Diözese. Ist das beabsichtigt oder worauf ist das zurückzuführen?

KÖSTNER: Wir sind im Gegenteil

sehr bemüht, qualifizierte Laientheologen im Religionsunterricht, in der Erwachsenenbildung und in kirchlichen Zentralstellen anzustellen.' Da unsere Theologen aber außerhalb Kärntens studieren müssen, gingen uns mehrere verloren.

FURCHE: Das hängt wiederum damit zusammen, daß Kärnten keine theologische Fakultät oder theologische Hochschule besitzt. Dafür wurde jedoch immer wieder die Errichtung eines Lehrstuhles für Religionspädagogik an der Klagenfurter Universität für Bildungswissenschaften angestrebt. Ist dieses Ziel gescheitert?

KÖSTNER: Wir waren vor Jahren schon so weit, daß bereits die Person des betreffenden Professors in Erwägung gezogen wurde. Durch den politischen Wechsel ist jedoch bis heute noch nichts geschehen, obwohl uns sehr daran liegt und obwohl die Universität ebenfalls dafür ist. Es hat sogar Eingaben der Bischofskonferenz dazu gegeben. Offiziell werden finanzielle Gründe für die Ablehnung angegeben, obwohl ein kleines Institut kein überzeugendes Argument dafür zu sein scheint...

FURCHE: Kärnten ist eine Grenzdiözese. Wie sind die Kontakte zu den slowenischen und friulanischen Nachbardiözesen?

KÖSTNER: Ich bin durch das Konzil persönlich befreundet mit dem Erzbi-schof von Laibach, Pogacnik, der in Innsbruck studiert hat, und mit dem Bischof von, Köper sowie mit dem Marburger Diözesanbischof Dr. Drzecnik, der fünf Jahre am Germani-kum in Rom mein Studienkollege war. Mit Udine und Görz bestehen besonders seit dem Erdbeben und durch unsere Caritas gute Kontakte.

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