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Seelsorge in der neuen Diözese

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Nicht selten wird uns die Frage gestellt, wie es denn in der neuen Diözese vorwärts gehe. Und meistens fugen die Fragesteller dann hinzu: „Ihr habt es ja ohnehin nicht schwer. Ihr seid ja auch, kirchlich gesehen, im .goldenen' Westen.“ — Stimmt das? Die neue Diözese Feldkirch sieht sich im wesentlichen den gleichen Problemen gegenübergestellt wie alle anderen Diözesen ringsum. Ein Unterschied besteht höchstens darin, daß manchmal die Akzente etwas anders gesetzt sind und daß manches Problem (noch nicht) die Schärfe und Härte hat wie anderswo. Das kann man als einen Vorteil ansahen. Es könnte aber auch die Gefahr bedeuten, diese Probleme nicht zu beachten und so weiter zu pastorieren „wie es war im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit...“

Niemand kann nun, nach gut einem halben Jahr unserer kirchlichen Selbständigkeit, weiß Gott was für Erfolgsmeldungen erwarten, wenn auch in dieser kurzen Zeit schon einiges geschehen ist und manche Weichen für die Zukunft gestellt worden sind. So wird an dieser Stelle also mehr von Ideen, Plänen und Aufgaben die Rede sein müssen.

Offen für die Aufgaben der Weltkirche

Ganz allgemein gesagt, soll die Seelsorge von zeitgemäßen Leitideen geprägt werden. Deshalb bemühen wir uns, die Seelsorge mehr und mehr als einen Dienst an den Menschen in Kirche und Welt zu leisten. Das soll für alle Ebenen der Sealsorge, angefangen von den Zentralen, gelten.

Diese Dienste sollen in Zusammenarbeit von Priestern und Laien geleistet werden, in christlicher Brüderlichkeit, die nicht nur von anderen erwartet, sondern auch immer zuerst von uns selber in die Tat umgesetzt werden muß. Damit wäre auch jede falsch verstandene Klerus- und Laienherrschaft in der Diözese ausgeschaltet.

Brüderliche Zusammenarbeit erfordert aber auch mehr Mitberatung, Mitbestimmung und Mitverantwortung. Das gilt für alle bestehenden und noch zu schaffenden kollegialen ,Gre<-mien und alle seelsorglichen Aktivitäten. Wir möchten dabei jene Grundsätze gewahrt wissen, die das Vaticanum II in den entsprechenden Dokumenten ausgesprochen hat. Und wir möchten noch eine andere Leitidee immer mehr realisieren: Wir möchten als Teilkirche offen und verbunden sein mit der Gesamtkirche. Man sagt uns Vorarlbergern manchmal nach, wir seien etwas eigensinniger als andere und kapselten uns dabei manchmal zuviel von den andern ab. Bei aller Wahrung kirchlicher Selbständigkeit im Grundsätzlichen wollen wir aber nicht die Türen und Fenster geschlossen halten und die seelsorglichen Kontakte mit den anderen Diözesen Österreichs und des benachbarten Auslandes noch verstärken. Zusammenarbeit wird uns unter gleichberechtigten Partnern immer ein Anliegen sein.

Besonders möchten wir offen sein für die Anliegen der Weltkirche. Wir denken da vor allem an Weltmission, Entwicklungshilfe und ökumenäsmus.

„Permanente Synodenarbeit“

Um nun eine Seelsorge nach diesen Leitsätzen verwirklichen zu können, bedarf es der geeigneten Leute und Einrichtungen. So wird unser verstärktes Bemühen den Priestern und aktiven Laien gelten, welche die Last und Hitze des Tages in der Seelsorge tragen. Ihrer Aus- und Weiterbildung gilt unsere besondere Sorge. Dabei sehen wir eine ganzheitliche Bildung als notwendig an: das Herz darf nicht auf Kosten des Kopfes zu kurz kommen. Ein erster Schritt waren hier Priestertage und Gemeinschaftskurse (nach den Intentionen von P. Lombordi). Diese Gemeinschaftskurse, an denen Priester, Ordensleute und Laien gemeinsam teilnehmen, haben bei uns einen unerwartet guten Besuch, eine rege Teilnahme und, besonders in den Pfarren, eine erfreulich gute Wirkung gehabt In der nächsten Zeit werden wir laut Beschluß des Priester- und Laienrates besonders die Werbung und den Einsatz für den Dienst des Diakons, der Seelsorgehelferin und der Laienkatecheten forcieren. Entsprechende Schritte sind schon unternommen worden. So haber. wir jetzt schon Meldungen für den Dienst des Diakons erhalten, und wir hoffen, schon bald die ersten zwei geweihten Diakone einsetzen zu können. Ähnliches gilt für Seelsorgehelferinnen und Laienkatecheten. Dies und die Situation auf dem Personalsektor erfordert eine „Strategie des Einsatzes“, die allerdings gründlicher Vorbereitungen bedarf. Auch diese Vorarbeiten werden in die Wege geleitet. So wurden auch zugleich die ersten Schritte auf eine Diözesansynode hin getan.

Unsere Überlegungen zielen dabei besonders auch auf die Frage hin, ob die Arbeitsvorgänge nicht so beschaffen sein müßten, daß es zu einer „permanenten Synodenarbeit“ kommt. Man kann ja in einer sich so rasch wandelnden Welt und Kirche nicht nur einmal eine Synode abhalten und dann so tun, als ob nun die wichtigsten Probleme für längere Zeit gültig gelöst wären. Pastoralpläne von heute müssen sicherlich auch in Zukunft immer wieder überprüft werden. Im Zusammenhang damit drängt sich die Notwendigkeit auf, die Priester soweit als möglich für ihre eigentlichen Aufgaben freizumachen und die Laien noch mehr als bisher zur seelsorgiichen Mitarbeit — auch hauptamtlich — einzuladen.

Im Herbst: Pastoralrat

Wenn wir auch weit davon entfernt sind, in Einrichtungen und Organisationen ein Allheilmittel zu sehen, sind wir uns doch dessen bewußt, daß eine zeitgerechte Seelsorge ihrer nicht entbehren kann. Der „Ein-Mann-Be-trieb“ ist keine Lösung für die Zukunft. So geht es also darum, jene Instrumente zu schaffen oder zu verbessern, die eine zeitnahe und zukunftsorientierte Seelsorge planen und durchführen können.

Priesterrat und Laienrat existieren schon, sollen aber nun so umstrukturiert werden, daß der im Herbst zu schaffende Pastoralrat wirklich den sachlichen Vorrang vor den anderen Räten der Diözese erhält. Dazu haben wir uns im vergangenen Jahr sehr eingehend mit dieser Frage befaßt und erwarten nun im Herbst die Konstituierung des Pastoralrates. Sicher wird der Pastoralrat die verschiedensten Arbeitsausschüsse und den engen Kontakt mit den Pfarren benötigen, um fundiert und konkret arbeiten zu können.

Der Diözesankirchenrat wird bis Ende dieses Jahres definitiv konstituiert werden. Organisationen und Pfarren können Nominierungs-vorschläge machen. Damit soll erreicht werden, daß finanziell versierte Leute (Laien und Priester) zu Mitgliedern ernannt werden, die zugleich regionale Vertretungsmöglichkeiten darstellen. Außerdem sollen die Mitglieder des Diözesankirchenrates auch Leute sein, die willens und fähig sind, die finanziellen Mittel pastoral einzusetzen. Die Erarbeitung einer entsprechenden Dienst- und Besoldungsordnung ist dabei eine besonders dringliche Aufgabe. Ein weiteres wichtiges Problem wird es sein, im Budget für seeJisorgliche Aufgaben

im eigentlichen Sinne mehr Mittel als bisher vorzusehen. Ähnliches wird auch für die Pfarrkirchenräte Geltung erhalten müssen.

Gewählte Pfarrgemeinderäte

Was der Pastoralrat in der Diözese werden soll, das sollen die Pfarrgemeinderäte in der Pfarre sein. Unser Bestreben geht also dahin, daß die bisherigen Pfarrlaienräte (Pfarrausschüsse) nicht nur bestellt, sondern auch gewählt werden. Die ganze Pfarrgemeinde soll so gut wie möglich darin vertreten und möglichst umfassend aktiviert werden. Dabei werden die kirchlichen Organisationen immer eine tragende Funktion haben. Einige Experimente ermutigen uns, in der nächsten Zeit diese Pfarrgemeinderäte stärker zu empfehlen und greifbare Hilfen anzubieten. Zum Schluß seien noch einige Schwerpunkte aufgezählt, die uns seelsorglich gestellt sind: Familie, Betrieb, Fremdenverkehr, Gastarbei-

ter, Öffentlichkeitsarbeit. Natürlich kann das keine erschöpfende Aufzählung sein, und manches schwerwiegende Problem ist hier noch nicht berücksichtigt. Wer aber real denkt, wird zugeben müssen, daß man bei bestem Willen nicht alles auf einmal beginnen und noch weniger lösen kann; er wird auch zugeben müssen, daß gerade die genannten Probleme bei uns ganz besonders vordringlich sind: Vorarlberg ist ein Land, das viele junge Familien hat, das stark industrialisiert ist — wir haben allein aus Jugoslawien 9000 Gastarbeiter —, das unzählige Gäste beherbergt. Vorarlberg — Diözese Feldkirch: Steinbruch oder Weinberg — oder beides zugleich? Auf jeden Fall ein Gebiet mit Menschen, die, wie alle anderen, das Heil brauchen. Ihnen gilt unsere Sorge und Liebe, unser seelsorgliches Bemühen, das die göttliche Hilfe so notwendig braucht, denn „baut nicht der Herr das Haus, bauen die Bauleute vergebens“.

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