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Skepsis und Ungeduld

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sich das ändert? Anderen einfach ohne Angst zugestehen zu können, im Glauben ja fest verwurzelt zu sein, scheint tatsächlich für jene besonders schwer zu sein, die durch ihr Amt für die Rechtgläubigkeit im Lande zuständig sind. Ich wünsche uns allen das nötige Gottvertrauen und die Gelassenheit, einander Helfer zur Freude zu sein.

Die Autorin ist

Mitinitialorin des „Kirchenvolks-Begehrens ”.

Stärkung der synodalen Strukturen

VON EVA PETRIK

Ich erhoffe von meiner Kirche, daß sie sich wieder mehr ihres Wesens nach dem Bild des Zweiten Vati-kanums besinnt: dem des „wandernden Gottesvolkes”.

Wandern bedeutet für mich lebendig sein, veränderungsfähig bleiben. Anstöße zur Veränderung wahrnehmen heißt hören können. Wir müssen das Hören wieder besser lernen und üben: das Hören auf Gott und seine Botschaft im Evangelium und das Hören aufeinander, , und zwar in Gegenseitigkeit: Alte und Junge, Männer und Frauen, Priester und Laien, (Ober-) Hirten und Herde. Nur so wird der Weg des Volkes Gottes ein gemeinsamer.

In diesem Sinn wünsche ich mir eine Stärkung der synodalen Strukturen und ein richtiges Verständnis von Hierarchie: als „Christokratie” mit dem Papst als „Primus inter pares”. Dies bedeutet weniger Zentralismus und ermöglicht sowohl örtliche Mitbestimmung als auch bessere Inkulturation.

Auf demselben Hintergrund wünsche ich mir auch ein neues Uberlegen der Amtsfrage - für Männer und Frauen, sodaß „Klerikalismus” als trennendes Element keine Chance hat.

Wann wird sich dies alles erfüllen? Die Frage scheint mir weniger wichtig als die andere: Begeben wir uns entschlossen genug auf den Weg und weichen wir nicht von der Richtung ab?

Die Autorin ist

Präsidentin der Katholikschen Aktion.

Keine Aussicht auf eine Wende

VON FRIEDERIKE LENZEDER

Hätten Sie mich früher gefragt, dann hätte ich von vielen Hoffnungen erzählen können. Heute sind meine Erwartungen an die katholische Kirche auf den Nullpunkt gekommen. Ich sehe keine Veranlassung anzunehmen, daß die maßgebenden kirchlichen Stellen, sprich Rom, plötzlich ein Sensorium für die dringenden Anliegen der heutigen Menschen entwickeln könnten, wo wir doch in den letzten Jahrzehnten zunehmend erfahren mußten, daß die kirchenamtlichen Stellungnahmen zu brennenden Fragen am Bewußt-seinsstand der Menschen und an den situativen Notwendigkeiten vorbeigegangen sind.

Von der kirchlichen Basis kommen zwar erfreuliche Lebenszeichen, aber ich fürchte, sie sind nicht mehr als verzweifelte Klopfzeichen Verschütteter, die über kurz oder lang verstummen könnten. Ich glaube, daß die engagierten Katholiken vergeblich auf die Erfüllung ihrer längst überfälligen Forderungen hoffen, denn das männerdominierte Kirchensystem ist vom Wesen her hierarchisch strukturiert und läßt sich von demokratischen Willensbildungen nicht beeindrucken. Das ist für das demokratische Bewußtsein der Menschen in unserer Gesellschaft unerträglich.

Unbegreiflicherweise entledigt sich die Kirche immer gerade derjenigen, die neue Dimensionen eröffnen könnten. Woraus aber soll auf Dauer die Lebendigkeit des Glaubens genährt werden, wenn die wenigen Hoffnungsträger, die heute noch eine „Kirche mit menschlichem Antlitz” repräsentieren, — immer mehr ins

Abseits gedrängt werden? Bei dieser Art von Selbstdestruktion zeichnet sich in meinem Erwartungshorizont keine Aussicht auf eine Wende ab.

Optimistisch bin ich trotzdem: Denn so schwankend mir auch das „Haus voll Glorie” derzeit erscheint, so glaube ich doch daran, daß die christliche Botschaft neue Wege zu den Menschen finden wird. Denn der Geist behält sich zum Glücfcdje Freiheit vor/zu wehen, wo er will. Di' Autorin ist

Journalistin und war frühere Chefredakteurin der „Welt der Frau ”.

Einheit in der Verschiedenheit

JOSEF RITTSTEUER

Wir könnten lernen vom „Geist des Konzils”. Dort wurden Vorlagen verworfen und andere vorgelegt. Die Texte wurden verbessert und erweitert und so lange gefeilt, bis alle Konzilsväter ruhigen Gewissens zustimmen konnten. Der Geist des Konzils war der Dialog!

Wenn die Kirche mit „einer” Stimme redet, wird sie von den Gläubigen und den Nichtglaubenden gehört und ernst genommen werden. Ob sich die säkularisierte Welt nach dem „Wort Gottes” richtet, bleibt offen. Aber wer kann Liebe, Friede, Freude ablehnen?

Die geforderte Einheit wird eine gewisse Bandbreite haben müssen. Also Einheit in der Verschiedenheit, Einheit im Wesentlichen, Verschiedenheit im Nebensächlichen. Was wesentlich oder nebensächlich ist, wird im Dialog geklärt werden müssen. Aber die Einheit ist das Ziel. Unser Herr Jesus Christus betete ja: „Daß alle eins seien wie du Vater, in mir und ich in dir.” (Jo. 17,21)

Das gilt zunächst für die katholische Kirche, ^die leider momentan weit weg ist von der Einheit. Sie umfaßt aber auch alle anderen christlichen Kirchen, die zur Einheit in Christus zusammenwachsen sollen. Freilich wird diese Einheit, die seit Jahrhunderten verlorenging, sich nicht in ein paar Jahrzehnten herstellen lassen. Darum wird viel gebetet werden müssen. Von allen Katholiken und von allen Christen. Der Autor ist

Prälat in EisenstadL

Kein verknöcherter Apparat

VON VERONIKA PRÜLLER-JAGENTEUFEL

So allgemein gefragt, erwarte ich, daß Kirche ihrer Aufgabe gerecht wird: die Botschaft der Liebe Gottes, die Erinnerung an Leben, Tod und Auferstehung Jesu, das Vertrauen auf Gottes Kraft, die uns beisteht, und die Hoffnung auf die Vollendung der Welt wach zu halten und zu einem solidarischen, erfüllten Leben zu helfen. Trotz allem ging das der Kirche nie ganz verloren - daher bin ich gewiß, daß es auch in den nächsten 100 Jahren Frauen und Männer geben wird, die Zeichen und Werkzeug des Reiches Gottes sind und sich Freude und Angst, Trauer und Hoffnung der Menschen, insbesondere der Armen zu eigen machen.

Ich erwarte mir auch, daß die Kirchenleitung diese Aufgabe nicht länger gefährdet durch einen immer mehr verknöcherten Apparat, der zum Beispiel Frauen diskriminiert und oft das Gegenteil von Liebe und Hoffnung hervorbringt. Diese Erneuerung kirchlicher Strukturen, deren notwendige Schritte schon oft genug benannt wurden, steht heute an, nicht erst in 100 Jahren. Die Autorin ist

Assistentin am Institut für Pastoraltheologie in Wien.

Lebensgeschichten ernst nehmen

VON HORST RAUTER

Ich bin aus der Priestergeneration, die das Konzil 1962-65 miterlebt haben, daher ist auch mein Kirchenbegriff von dorther geprägt.

Ich verstehe mich selber als Kirche und alle Erwartungen, die ich an die Kirche habe - habe ich an mich selbst. Mein Denkschema war nie „oben und unten” - sondern „mit und gemeinsam”. Aber wenn schon von Erwartungen die Rede ist, so ist es mein Anliegen, die Pastoralkonstitution „Kirche in der Welt von heute” wach zu halten, wo es heißt: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi”.

Wenn wir das über den Tischrand bringen, dann lösen sich auch Strukturfragen, die anscheinend zur Zeit Hochkonjunktur haben. Wenn wir als Kirche in das nächste Jahrtausend gehen, dann habe ich die Erwartung, daß wir die Lebensgeschichten der Menschen ernst nehmen und nicht an ihnen vorbeileben. Die Menschen, denen wir die Frohbotschaft zu künden haben, leben heute anders als vor 100 Jahren, dies zur Kenntnis zu nehmen, ist oft schmerzlich, aber heilsam.

Wir müssen auch ihre Freiheitsgeschichten mitschreiben und sie nicht immer nur durch Sanktionen durchkreuzen wollen. Gott hat den Menschen keine Fallen gestellt, sondern will, daß sich der Mensch entfalten kann. Und wir werden ihre Glaubensgeschichten aufmerken müssen, und ihnen nicht von vornherein vorschreiben, wie sie ihren Glauben zu leben haben.

Bleiben wird Jesus, der genau dieses Modell in seinem irdischen Leben aufgezeigt hat. Der Name Jesu muß für mich das bleibend Gültige, das ständig Verpflichtende und das schlechthin Unverzichtbare in der Kirche sein. Die Namen der Päpste, Bischöfe, Priester werden sich ändern, bleiben wird Jesus Christus und zwar zur Ehre Gottes des Vaters.

Daher erwarte ich mir von der Kirche-das heißt auch von mir -nicht im Strukturdschungel die Kräfte zu lassen, sondern denen nachzugehen, die Lukas im Gleichnis vom verlorenen Schaf aufzählt, nämlich den 99 -und nicht das eine sorgen .

Nach den Tiefschlägen, die wir in letzter Zeit bekommen haben, und deren Schläge bis an die Basis hörbar waren, bin ich überzeugt, daß wir wieder mitdenken, mitreden, mitbeten dürfen mit denen, die dem Volk Gottes als Hirten vorangehen. Ich bin überzeugt, daß wir als Kirche eine große Chacne haben, mit den Menschen in das nächste Jahrtausend zu gehen, wenn wir ihre Lebensgeschichten, ihre Freiheitsgeschichten und ihre Glaubensgeschichten ernst nehmen.

Der Autor ist

Dompfarrer in Klagenfurt

Signale an Wiederverheiratete

BERNHARD STEGER

Meine Erwartung ist, daß wir nicht immer nur von der Wichtigkeit eines Dialoges reden, sondern daß dieser endlich selbstverständlich geführt wird. Und zwar ein emanzipierter Dialog, bei dem nicht die Stellung in der Hierarchie, der Lebensstand oder das Geschlecht die Wichtigkeit der Stellungnahme bestimmt.

Gleichzeitig mit der permanenten Dialogführung müssen wir uns verstärkt den Nöten der Menschen widmen. Das Freimachende an der Botschaft Christi soll in unserem Leben sichtbar werden. Es muß uns gelingen zu zeigen, daß das Evangelium, gelebt durch die Kirche, als Stütze und nicht als Last in der Bewältigung des Lebens erfahren wird.

Darin sind wir alle gefordert, niemand kann sich vor der Verantwortung drücken. Ich denke aber auch, daß es jetzt an der Kirchenleitung liegt, eindeutige Signale, zum Beispiel in Richtung der wiederverheirateten Geschiedenen, zu senden. Es geht nicht an, daß wir irgend jemanden die Gemeinschaft verwehren.

Unter dem Dach der Kirche muß jeder Schutz und Hilfe finden. 100 Jahre möchte ich allerdings nicht darauf warten.

Der Autor ist

Forsitzender der Katholischen Hochschuljugend Österreichs.

Der lächelnde Papst

„Der Papst, der lächelte”, hat in den wenigen Tagen seines Wirkens an der Spitze der katholischen Kirche den Menschen ein Aufleuchten von Hoffnung und Freude geschenkt, das nun weiterwirken muß, auch wenn sein Lachen verlöscht ist.

Als Johannes Paul I. am Abend des 26. August zum ersten Mal von der Lpggia herunter den päpstlichen Segen erteilte, mit brüchiger Stimme noch, die die innere Bewegung erkennen ließ, als dann sein befreites und befreiendes Lachen aus ihm herausbrach, da fühlten die hunderttausend auf dem Petersplatz, daß sie Zeugen eines Neubeginns waren. Nicht nur eines neuen Pontifikates, einer neuen Regierungszeit, sondern einer Ära, die bemüht sein sollte, ihre Probleme im Zeichen der Hoffnung, der Freude, der Liebe zu lösen.

Dieser Neubeginn kann nicht schon nach 33 Tagen wieder beendet sein.

Felix Gamillscheg (40/6.10.1978)

Katholikentag 1983

Katholikentag und Papstbesuch waren, nehmt alles nur in allem, ein großes positives Ereignis. Sie haben Hoffnung auf Änderung, Besserung der Kirche, der Katholiken eröffnet.

Es gab keine Kränkung und Lieblosigkeit, keinen falschen politischen Zungenschlag, dafür Schuldbekenntnisse statt Triumphalismus, Freudenglanz auf Gesichtern, die im Alltag Griesgram und Gleichgültigkeit verkarsten. Tausend kleine gute Werke wurden in diesen Tagen un-gerühmt getan. Dafür müssen wir alle dankbar sein. Hubert Feichtlbauer (38, 21.9.1983)

Bischofsernennungen

Das Recht des Papstes, Bischöfe zu ernennen, steht hier nicht zur Diskussion. Aber darüber, wie die Wünsche und Bitten nicht einmal ignoriert, wie sie einfach vom Tisch gefegt werden, wie der einer Ernennung vorgelagerte Informations- und Meinurigsbil-dungsprozeß zwar formal dem Buchstaben des kanonischen Rechtes, nicht aber dem Geist nach erfüllt wird, darf und muß geredet werden.

Womit hat sich Bischof Bruno Wechner eine derart herabsetzende und unbrüderliche Behandlung zum Abschied verdient? Alle seine wiederholten mündlichen und schriftlichen Vorschläge, demütig den zuständigen kirchlichen Stellen vorgetragen, wurden einfach nicht berücksichtigt. Und aus den Medien mußte er erfahren, was ihm der päpstliche Gesandte später dann telefonisch zur Kenntnis brachte. Daß er seinem Nachfolger trotz allem „mit brüderlichem Wohlwollen” entgegenkommt, ehrt Wechner, dem solches von Rom und vom Nuntius verwehrt wurde.

Hannes &Ao/(3/20.1.1989)

Wieder einmal erhalten Gerüchte Nahrung, es gebe seit Jahren eine Liste von sieben Leuten, die zu Rischöfen ausersehen seien, und Nuntius Donato Squicciarini habe bei seinem Amtsantritt durchblicken lassen, die nächsten Ernennungen seien schon ohne sein Zutun so gut wie gelaufen. Sollte es mit der „Siebenerliste” wirklich seine Richtigkeit haben und sollten die angeblich darauf befindlichen Namen stimmen (Hans Hermann Groer, Alfred Kostelecky, Kurt Krenn, Klaus Küng, Georg Eder, Christoph Schönborn, Andreas Laun), ist davon nur mehr ein Kandidat ohne Bischofssitz und daher als erster Anwärter auf einen solchen zu werten.

Heiner Boberski (29/18.7.1991)

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