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Probleme der Erzdiözese

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Das bedeutendste Ereignis in der Erzdiözese Salzburg, gleichsam Brennpunkt aller ihrer Probleme, Sorgen und Pläne, ist die Feier der Diözesansynode 1968. Diese würde wohl auch dann abgehalten werden, wenn das Konzil nicht vorausgegangen wäre. Wir haben ja in treuer Befolgung des kirchlichen Rechtsbuches alle zehn Jahre solche Kirchenversammlungen gehalten: 1937, vcxr der NS-Zeit, und vor dem Krieg, noch unter der Leitung des Fürsterzbischofs Sigismund Waitz, dann 1948, nach dem Weltkrieg, als Besinnung auf die neue Lage und schließlich 1958 mit dem Thema „Verkündigung“.

Die Synode 1968 bemüht sich, die Gedanken des II. Vatikanischen Konzils auf unsere Erzdiözese anzuwenden, und versucht sie zu realisieren. Das Konzil hat ja die Feier von Synoden mit den Worten empfohlen: „Die heilige ökumenische Synode wünscht, daß die ehrwürdige Einrichtung der Synoden und Konzilien mit neuer Kraft auflblühe. Dadurch soll besser und wirksamer für das Wachstum des Glaubens und die Erhaltung der Disziplin in den verschiedenen Kirchen, entsprechend den Gegebenheiten der Zeit, vorgesorgt werden.“ (Dekret über die Hirtenaufgaben der Bischöfe in der Kirche n. 36.)

Dieser Wunsch des Konzils war uns ein besonderer Anlaß, das Dezennium einzuhalten und 1968 wieder eine Diözesansynode zu feiern.

Schon beim Abschluß des Konzils wurde der Plan einer solchen Kirchenversammlung gefaßt und mit ihrer Vorbereitung vor zweieinhalb Jahren begonnen.

Von den vielen Gedanken, die in der Kirche aufgebrochen waren, sollten vor allem zwei in besonderer Weise erwogen und studiert und nach Möglichkeit realisiert werden, zwei Ideen, die zum Ziel der Synode führen sollen: „Die Erneuerung der Kirche von Salzburg durch lebendige Christengemeinden.“ Der eine dieser großer Gedanken ist Kollegialität, der andere die aus der neuen Schau der Kirche sich ergebende Erkenntnis über Stellung und Aufgabe der Laien. Gelingt es, diese beiden nachdrücklich betonten Ideen des Konzils zum Tragen zu bringen, so ist für die Erzdiözese ein guter Start für alle Erneuerungsaribeit gesichert.

Kollegialität

Priester und Bischof bilden eine Einheit. Nr. 11 des obenerwähnten Dekretes sagt: „Die Diözese ist der Teil des Gottesvolkes, der dem Bischof in Zusammenarbeit mit dem Presbyterium zu pastorieren anvertraut wird. Indem sie ihrem Hirten anbiängt, von ihm durch das Evangelium und die heilige Eucharistie im Heiligen Geiste zusammengeführt wird, bildet sie eine Teilkirche, in der die eine heilige katholische, apostolische Kirche wahrhaft wirkt und gegenwärtig ist.“

Demnach gehören Bischof und Priester zusammen, büden eine besondere Gemeinschaft. Der Bischof hat eine Schlüsselstellung, ist der eigentliche Hirte des Volkes Gottes in der Teilkirche, bedarf aber seiner Priester, muß ihnen geistliche Obliegenheiten mit den nötigen Vollmachten anvertrauen. Bischof und Priester sind Teilhaber derselben Gewalt; der Priester erhält in beschränktem Maß, was der Bischof in vollem und unabhängigem Maß hat.

Für diese Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft war schon der heilige Ignatius von Antiochien ein beredter Zeuge, Lehrer und Verteidiger, so, wenn er etwa an die Ephe- ser schreibt, das Presbyterium müsse mit dem Bischof übereinstimmen „wie die Saiten einer Leier“, oder wenn er im Briefe an die Kirche von Smyrna die Worte schreibt: „Wer Ohne Wissen des Bischofs etwas tut, dient dem Teufel.“ Dieser Gedanke unbedingter Zusammengehörigkeit kommt im uralten Ritus der Priesterweihe in Ost und West zum Ausdruck, wenn die Typologie des Moses und der 70 Ältesten der geschlossenen Einheit von Bischof und Priestern vorgestellt wird. Auf Grund dieser Tatsache erklärt die Konstitution über die heilige Kirche n. 28: „Als sorgsame Mitarbeiter, als Hilfe und Organ des Bischofsstandes bilden die Priester, die zum Dienste am Volk berufen sind, in Einheit mit ihrem Bischof ein einziges Presbyterium, das freilich mit unterschiedlichen Pflichten beauftragt ist.“

Dieser Gemeinschaft schönster Ausdruck ist die Konzelebration der Priester mit dem Bischof. Aber auch eine Diözesansynode stellt die Zusammengehörigkeit vor Augen; denn wenn auch der Bischof der einzige Gesetzgeber auf der Synode ist, so ist er auch zugleich der einzige von seinem Presbyterium zu Beratende, und alle Arbeit auf der Synode wird, wenn auch Laien Synodalen sind, vor allem vom Presbyterium der Teilkirche geleistet.

Diese Zusammengehörigkeit drängt zum gemeinsamen Tun. Schon 1955 hat Pius XII. In einer Ansprache erklärt: „Wenn man einerseits all den Unternehmungsgeist sieht, wo niemand stillisteht, keiner den Schritt anhält, niemand sich schont, und anderseits feststellen muß, daß der Erfolg all dieses Einsatzes an Energie, all diese Selbstverleugnung nicht das ist, was man erwarten sollte, so erhebt sich der Zweifel, ob die einzelnen nicht zu sehr für sich allein Ohne Verbindung und Einigkeit Vorgehen. Soviel steht für uns fest: Zusammenarbeit ist heute eine der dringendsten Forderungen für das apostolische Wirken des Klerus und der Laien.“

Was im Bereich der Wirtschaft schon längst eine Selbstverständlichkeit ist, daß nämlich für eine möglichst rationelle und leistungsfähige Arbeit Leitkonzeptionen und bis ins einzelne gehende Entwicklungspläne vonnöten sind, hat sich gerade auf dem Konzil durchzusetzen begonnen. Es gibt aber immer noch zuviel planlosen und isolierten Einsatz der Kräfte. Diesem Mangel steht der Kollegialitätsgedanke entgegen, nur durch seine Verwirklichung kann der Mangel beseitigt werden.

Die Idee der Kollegialität wurde nicht nur durch die Synode angestrebt, sondern schon in der Vorbereitung verwirklicht. So, wenn die Priester zu Beginn der Vorbereitungsarbeiten vom Bischof dringend gebeten wurden, ihre Meinungen frei zu äußern, ihre Vorschläge zu erstatten, ihre Wünsche bekanntzumachen. Tatsächlich erfolgte die Zusammenarbeit in den Arbeitskreisen, in den Dekanaten, in den Zentralarbeitskreisen, auf den Dekanats- und Defcanekonferenzen, auf den Pastonaltagen, in den Synodalkommissionen,. Sie äußerte sich im gemeinsamen Studium aller Fragen und Probleme, mag es sich um echte Gemeindebildung, um die Aufgaben der Verkündigung, um die Erneuerung der Liturgie oder um die Dienste in der Kirche und ihre Strukturen bandeln, und zeigt sich in der Errichtung des Priesterrates und bei seiner bisherigen Wirksamkeit. Es ist kein Zweifel, daß die verschiedenen Probleme, die der Diözesansynode zur Behandlung aufgegeben sind, in der bewußten Kollegialität, in der jeder Priester sich für die ganze Diözese verantwortlich fühlt, den Weg ziu ihrer Lösung haben und eine von diesem Geiste ergriffene Priesterschaft ihrerseits die beste Hoffnung für eine Erneuerung der Diözese bietet.

Stellung und Aufgabe der Laien

Das ist der andere Grundgedanke, der vom Konzil so stark betont wurde und der nun durch unsere Diözesansynode nach Möglichkeit realisiert werden soll. Aus der neuen Schau der Kirche wird stärker als bisher klar, daß die Kirche nicht, wie leider heute noch vielfach angenommen wird, Papst, Bischöfe und Priester sind, sondern das ganze Volk Gottes, also Klerus und Laien. Einerseits muß der Klerus die Mitarbeit der Laien veranlassen, zulassen und fördern, anderseits müssen die Laien aus ihrer Reserve, aus der einseitigen Kritik, ja oft aus der Abwertung der Priester und des priesterlichen Dienstes heraustreten und positiv und aktiv mit dem Klerus Zusammenarbeiten. Denn das Gliedsein in der Kirche darf sich nicht nur im Wunsche, sich selbst retten zu lassen, erschöpfen, sondern bedeutet einen besonderen Dienstauftrag. Jedes Glied der Kirche, Ob Kleriker oder Laie, ist in die Mitverantwortung für die Kirche gerufen, jedes an seinem Platz und nach seiner Befähigung. Durch die Taufe ist der Christ nicht nur Glied der Kirche geworden, sondern auch Mitglied in bezug auf die anderen Christen. Schon der heilige Paulus schreibt im Römerbrief (12, 4 f.): „Wie wir an dem Leibe viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder denselben Dienst versehen, so bilden wir alle zusammen einen Leib in Christus, einzeln aber sind wir Glieder füreinander.“

Die dem Volke Gottes vom Stifter der Kirche gestellte Aufgabe, nämlich die Fortsetzung und Durchführung Seines dreifachen Amtes, kann nur gemeinschaftlich bewältigt werden, Klerus und Laien brauchen sich gegenseitig notwendig als Ergänzung: Die Christen brauchen die Führung; die Führer wiederum, also Papst, Bischöfe und Priester, brauchen die Erfahrung der Christen in der Welt. Dies hat Kardinal Döpfner ausgedrückt mit den Worten: „Die Laien sind nicht mehr Hilfstruppen, sondern Mitträger der kirchlichen Verantwortung, die unteilbar ist auf Grund der einheitlichen Heilssendung des einen Volkes Gottes aus Klerus und Laien.“ Daher müssen alle Glieder der Kirche mitdenken, mitreden, mitverantworten, mithandeln. Denn Christ sein heißt Apostel sein.

Für diesen apostolischen Dienst gibt es ver sehiedene Möglichkeiten; aber ein Dienst geht alle an: es ist der einfachste und zubleich der größte, der Dienst der tätigen Bruderliebe. Es kann in der Kirche alles noch so großartig sein: Theologie, Liturgie, Formen des Apostolats, Organisation, wäre aber die Liebe nicht da, so wäre alles nichts (1. Kor. 13, 1—3). Aus dem Mitdenken mit der Kirche muß eine heilsame Unruhe kommen, man erkennt, daß sich manches ändern muß, und fragt sich: Wo kann ich als Christ mittun, damit die Kirche die ihr gestellte Aufgabe erfüllen kann? Da gibt es verschiedene Möglichkeiten: vor allem kommen die hauptberuflichen diakonischen Dienste in Frage, die heute unerläßlich und unentbehrlich, echte, voll erfüllende Lebensaufgaben sind: in der Glaubensunterweisung, im Gemeindedienst, in karitativer Arbeit und dergleichen. Daneben die nebenamtlichen!, um nicht zu sagen freizeitlichen Dienste in der katholischen Unterweisung, in unmittelbarer Seelsorgshilfe, in der Jugendarbeit, in der Caritas, in der Verwaltung usw. Denken wir da nur an den von den Mitgliedern des Pfarr- gemeinderates zu leistenden Dienst.

Das Konzil deutet auf die den einzelnen Christen gegebenen Talente und Gaben hin und fordert zum Vertrauen auf die Kraft und Fülle der Geistesgaben auch heute noch auf, gemäß dem Aposteiwort: „Jedem wird die Offenbarung des Geistes gegeben, damit er damit Nutzen stifte“ (1. Kor. 12, 7).

Nur dort, wo alle Christen mit den Gnadengaben im Dienste der Mitbürger stehen, wird Christus in ganzer Fülle in der Gemeinde verwirklicht.

Um das zu erreichen, ist eine weit ausgreifende und ständige Schulung und Bildung der Christen unerläßlich.

Eine Einübung auf diese apostolische Tätigkeit war die Vorbereitung auf die Diözesansynode. Der Bischofsbrief wandte sich in der Fastenzeit des Vorjahres an die einzelnen Haushalte in unserem Kirchengebiet; es wurden darin konkrete, das christliche Leben des einzelnen wie der ganzen Diözesanfamdlie betreffende Fragen gestellt mit der Bitte, dieselben in der Familie, im Pfarrausschuß, auf dem Arbeitsplatz, in Gesprächsrunden, in Vereinigungen, denen man angehört, zu besprechen. Der Brief fand Tausende von Antworten, die sich als Stellungnahme ganzer Gruppen erwiesen. So wurde Interesse für das kirchliche Leben bei Zehntausenden geweckt und in den Antworten auch schon ein Mitdenken und Mitreden erreicht. Die weitere Mitarbeit der Laien in den Dekanats- und Diözesananbeitskreisen, auf den Informationstagen, in den Synodalkommissionen, in den verschiedenen Seminaren und Konzilen war ein erstes Wachrufen der Verantwortung der Diözesanen für diie Teilkirche Salzburg.

Eine der Hauptaufgaben der Synode ist die Errichtung des Pastoralrates und die Aufstellung einer Pfarrgemeindeordnung, durch die so recht eigentlich die Mitarbeit der Laden in den Ortskirchen mit neuem Eifer gestartet werden soll.

So ist mit Recht zu hoffen, daß die Laien zur Mitverantwortung und Mitarbeit bewogen werden können und so wenigstens der Anfang für die Erneuerung der Kirche von Salzburg durch lebendige Christengemeinden gemacht wird.

Ja, der Anfang! Wir alle sind uns sehr bewußt, daß in einer Synode von dreieinhalb Tagen unmöglich die ganze Fülle der schwebenden Probleme auch nur behandelt, geschweige denn gelöst werden kann. Wir haben uns daher entschlossen, daß die Synode außer dem Pastoralrat und der Pfarr gemeindeordnung fast nur Grundsatzbeschlüsse zu fassen hat, deren Ausführung und Konkretisierung Aufgabe und Arbeit der kommenden Jahre sein soll, um damit dem ständigen Fluß der Verhältnisse Rechnung tragen zu können.

Aber das eine ist unsere Hoffnung, daß durch die Verwirklichung der Kollegialität und die Mitarbeit der Laien die Lösung der verschiedenen Probleme unserer Erzdiözese auf allen Gebieten mit Erfolg angegangen werden kann.

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