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Zieht Rom die Schrauben an ?

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Die Frage nach den Laien in der Kirche gehörte zu den Hauptpunkten des Zweiten Vatikanischen Konzils. „Als Teilnehmer am Amt Christi, des Priesters, Propheten und Königs, haben die Laien ihren aktiven Anteil am Leben und Tun der Kirche“ formulierten die Konzilsbischöfe im Dekret über die Laien. Die Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes“ charakterisierte diesen Anteil näher mit der Aufgabe, die Kirche in der Welt präsent zu machen. Laien sind verantwortlich und kompetent für den Weltdienst: „Die Laien sind eigentlich, wenn auch nicht ausschließlich, zuständig für die weltlichen Aufgaben und Tätigkeiten“ (GS Artikel 43).

Die zitierte Stelle zeigt, wie das Konzil den Christen nicht einseitig auf diesen Weltdienst beschränkt, sondern diesen Dienst zugleich als Heilsdienst versteht. Es geht um eine von allen verantwortete Kirche. Weltdienst und Heilsdienst sind zwei Ausprägungen des einen gemeinsamen Dienstes der Kirche.

Damit ist eine erste wichtige Aussage hinsichtlich der Laien in der Kirche getroffen. Der Laie hat ein starkes theologisches Fundament erhalten. Das Mitwirken der Laien ist nicht nur nötig aus Gründen der Zweckmäßigkeit, etwa weü es weniger Priester gibt, sondern weil die Laien von Christus her grundsätzlich teilhaben an der Sendung der Kirche.

Das Apostolat der Laien hat institutionelle Formen angenommen. Die Pastoralräte auf diöze-saner und die Pfarrgemeinderäte auf pfarrlicher Ebene sind Ausprägungen des neu verstandenen Laienapostolates. Sie kamen zu den bereits bestehenden Gliederungen der Katholischen Aktion hinzu, die unbestreitbar ihrerseits dieses Wachsen in Österreich gefördert hat.

Gewiß, es gibt Mängel und Unzufriedenheiten um diese konkreten Ausprägungen. So ist aus der Sicht der Laien der Status, wonach es sich bei diesen Einrichtungen zwar um beratende, nicht aber entscheidungsmächtige Institutionen handelt, noch unbefriedigend gelöst. Zu den Kompetenzen und zur Verantwortung wurden nicht im gleichen Maß die Rechte mitgegeben.

Beides, ein theologisches Fundament und zugleich eine konkrete Gestalt, ein Haus auf diesem Fundament, sind Früchte des Konzils. Nicht alles, was gewachsen ist, war geplant. Nicht immer ist dort auch gewachsen, wo gesät wurde. Der Geist des Konzils war und ict in dieser Hinsicht unberechenbar, auch nicht eingrenzbar auf bestimmte Absichten und Formen hin. \

Neue Bewegungen gibt es nicht nur in fernen Ländern, etwa die Basisgemeinden in Lateinamerika. Neue Bewegungen bereichern auch hierzulande die Kirche. Bisweilen noch unausgegoren und einseitig nach einer bestimmten Seite hin — aber welche Bewegungen wären das an ihren Anfängen nicht gewesen — versuchen sie als Teil des Gottesvolkes ihr Apostolat im Sinne des Evangeliums zu verwirklichen.

Eine Fülle an neuen Diensten in der Kirche ist entstanden: Die Begleitung bei Erstkommunion und Firmung durch Laien, das weite Feld der Jugendarbeit, der Pfarrdienst durch Pastoralassi-stent(inn)en gehört da ebenso dazu wie der Religionsunterricht, der überwiegend von Laien getragen wird. In allen diesen Bereichen verkünden Laien das Wort Gottes und sind Beteiligte am Heilsdienst der Kirche. Was hier gewachsen ist, sollte durch die bevorstehende Bischofssynode bestärkt werden.

Eine Frucht des Konzils ist auch der verstärkte Wille vieler Frauen in der Kirche, gestaltend mitzuwirken und Verantwortung zu übernehmen. Es wird eine entscheidende Frage für die Kirche — besonders der Synode — sein, ob sie sich diesem Willen positiv öffnet und wenigstens eine Sprache findet, die sich um ein Ernstnehmen der Frage bemüht. Das wäre schon viel.

Konflikte haben oft Ängste als Ursache. Es mag die berechtigte Angst vor dem bürokratischen Aufwand sein, der heute zur Kirche gehört, es mag die Angst vor der Bewegung selbst sein, die nicht mehr so einfach zu überschauen ist. Diese Ängste läßt manche zurückschrecken. Von einem „Zurückschrauben durch Rom“ kann man in vielen Gesprächen hören. Ich meine allerdings, daß dies schlechthin unmöglich ist und mit viel größeren Gefahren, ja Schaden, verbunden ist, als der Weg nach vorne Risiko in sich birgt. Es gilt in dieser Frage wachsam zu sein.

Ich erhoffe mir von der Bischofssynode eine Bekräftigung des im Konzil formulierten Fundamentes. Es geht um die Kernfrage, ob man Kirche als eine von allen verantwortete Kirche versteht, oder ob es zu einer Auseinanderbewegung von Heilsdienst und Weltdienst kommt, ohne daß der Dienst der einen die anderen etwas anginge. Ein solches Auseinandertriften könnte eine gefährliche Entwicklung bedeuten.

Ich wünsche mir von der Bischof ssynode eine verstärkte Beachtung der Laien an der „Basis“. Ich denke da nicht in erster Linie an die ohnehin motivierten engagierten Leute, sondern an diejenigen, die am Leben der Kirche nur teilweise — etwa am Sonntagsgottesdienst—teilnehmen. Sie sollten eine verstärkte Motivation für christliches Handeln auf ihren jeweiligen Plätzen — ob in Politik, in der Wirtschaft oder in zahlreichen nichtkirchlichen Bewegungen — erhalten.

Sollten nicht auch neue Begegnungsmöglichkeiten zwischen Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Laien neu angeregt und ermöglicht werden? Das neue Kirchenrecht ermöglicht in seinen Bestimmungen solche Begegnungs- und Beratungsmöglichkeiten kaum. Die Ortskirchen müßten ihre brennenden Fragen zumindest gemeinsam besprechen und Lösungen gemeinsam entscheiden und verantworten können.

Ich erhoffe mir alles andere als eine neue Konkurrenz zwischen Klerus und Laien in der Kirche, umso mehr aber ein neues Miteinander. Dieses Miteinander gilt es in der heutigen Situation zu schützen, zu schützen vor allem wider die Resignation, die sich da und dort breit macht. Wenn Laien sich verstärkt zu Wort melden, handelt es sich nicht um eine widerrechtliche Anmaßung, sondern um die Erfüllung des Konzilsauftrages.

Es geht um einen Glauben, der Blinde sehend und Lahme gehend zu machen in der Lage ist. Die Berufung zum Mitdenken, Mitreden und Mitfreuen in der Kirche ist gegeben aus Taufe, Firmung und Eucharistie. Sie kommt also von Gott her — sie braucht dem Laien nicht erst amtlich delegiert zu werden, und man soll sich von niemandem dieses Mitreden als Gegnerschaft zu Papst und Bischöfen auslegen lassen. Gegen solche Verdächtigungen und Fehlauslegungen gilt es wachsame Gelassenheit an den Tag zu legen und das Gebet an einen Gott, der in die Herzen sieht.

Verkürzung in vielerlei Gestalt

Nachkonyliare Maßnahmen führten tyr Gefahr emotionaler Verarmung

Ich bin Katholikin und versuche, eine leidlich gehorsame Tochter der Una Sancta zu sein. Wenn ich mich aber frage, was mich so stark an Religion und Kirche gebunden hat, so muß ich mir zugeben, daß ich sie beide von Kindheit an — damals selbstverständlich ganz unbewußt — auch als ästhetisches System erlebt und als solches verinnerlicht habe.

Es geht und ging mir dabei nie um Pomp, um Weihrauch und goldene Troddeln an Meßgewändern. Anderes hat mich fasziniert; vor allem die Bibel als Offenbarung und zugleich überwältigend dichterischer Text; dann der tiefgründige Kosmos der Symbole, der Gleichnisse, der gleichnishaften liturgischen Handlungen, auch das weite Feld der Heüigen-legenden; vor allem aber die Kunst, sofern sie christlich war und immer noch christlich zu sein versucht, als räum- und bildgewordene Gestalt der Kirche; nicht zuletzt die Musik von der Grego-rianik bis zu Bruckner. Da sind Farbigkeit, Tiefgründigkeit, Ge-stalthaftigkeit: ein ergreifendes Ganzes, von dem man wohl sagen darf: Numquam exhauritur. Hier ist etwas, was nicht auszuschöpfen ist.

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