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Kleriker in weltlichen Berufen?

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Gewiß können auch Kleriker unter Umständen weltliche Berufe ergreifen; trotzdem verleiht, wie wir schon bemerkt haben, allein das Freisein von den Bindungen des Klerikeroder, Ordensmannseins dem Laien besondere Möglichkeiten. Hören wir das Konzil; „Die Laien sind eigentlich, wenn auch nicht ausschließlich, zuständig für die weltlichen Aufgaben und Tätigkeiten. Wenn sie also, sei es als einzelne oder in Gruppen, als Bürger dieser Welt aktiv werden, so sollen sie nicht nur die jedem einzelnen Bereich eigenen Gesetze beobachten, sondern sich um gutes fachliches Wissen und Können in den einzelnen Fachgebieten bemühen. Sie sollen bereitwilligst mit den Menschen, die die gleichen Ansichten haben wie sie, Zusammenarbeiten. Im Wissen um die Forderungen des Glaubens und mit seiner Kraft ausgerüstet, sollen sie, wo es angeht, Neues planen und ausführen. Ihrem recht geschulten Gewissen obliegt die Aufgabe, das göttliche Gesetz dem irdisch-bürgerlichen Leben aufzuprägen ... Die Laien, die im ganzen Leben der Kirche ihren aktiven Anteil haben, sind nicht nur gehalten, die Welt mit christlichem Geist zu durchdringen, sondern auch däzu berufen, überall, und zwar mitten in der menschlichen Gemeinschaft, Christi Zeugen zu sein.“

Das Konzil läßt keine Zweifel darüber, daß der Laie schon kraft seines Christseins, abgesehen von seinem Weltdienst, auch an der eigentlichen Heilssendung der Kirche, an ihrer Evangelisierungs- und Heiligungsaufgabe, teilnimmt, und zwar beim inneren Aufbau der Gemeinde wie bei ihrer Sendung nach außen.

Das geht am deutlichsten aus der Kirchenkonstitution hervor, die ausführlich vom Priestertum, vom Pro- phetentum und von der königlichen Aufgabe des Laien handelt, aber auch aus dem Laienapostolatsdekret, dem Missionsdekret, dem ökumenis- musdekret und auch aus der Liturgiekonstitution.

Schon kraft seiner Taufe und in je eigener und neuer Weise durch jedes Sakrament, aber auch kraft seiner besonderen Charismen ist der Laie zum Austausch, zum Zeugnis, zum Verkünden des Glaubens, zum, brüderlichen Dienst der gegenseitigen Führung und Mahnung und zum priesterlichen Dienst der Heiligung gegenüber Gatten und Kindern, Freunden und Kameraden, Vorgesetzten und Untergebenen, in Familie, Beruft und Gesellschaft berufen. Am dichtesten kommt dies freilich zum Ausdruck, wenn die christliche Gemeinde, also auch die mitfeiernden Laien als wahre Mitopfernde und Mitpriester, „nicht nur durch die Hand des Priesters, sondern gewissermaßen zusammen mit ihm“, das Mahlopfer des Neuen Bundes für das Heil der Welt Gott darbringt. .

Auch diese Aufgaben des Laien in der Kirche werden natürlich oft von seinem „Weltcharakter“ als Vater, Mutter, als Arbeiter, Unternehmer, als Arzt, Beamter, Wirtschaftler, Politiker eine besondere Prägung erhalten. Er wird dabei nicht nur der Welt, seiner Welt, eine Vision der Kirche vermitteln müssen, sondern auch den Amtsträgern der Kirche eine Vision seiner Welt. Er wird der ganzen kirchlichen Verkündigung, der Seelsorge, auch der theologischen Forschung seine Fach-, Milieu- und Weltkenntnis zur Verfügung stellen müssen. Er muß jene neuen Formen mitsuchen und mitgestalten, in denen die Gemeinde des Herrn heute betet, Mahl feiert, ihre Kirchen baut und sich sonst ausdrücken kann und soll. Er muß der Kirche und der Welt das so schwere und doch so leuchtende Zeugnis seiner Ehe und Familie geben, dieser hohen Schule der Liebe. Schon daraus wird ersichtlich, daß alle diese Aufgaben des Laien unabhängig von den prie- sterlich-hierarchischen Aufgaben oder von der Zahl der verfügbaren Priester eine unerhörte und unersetzbare Bedeutung für die Kirche haben, wenngleich sie durch Priestermangel oder durch eine eventuelle Behinderung der Priester eine zusätzliche Dringlichkeit erlangen können und der Laie in solchen Situationen dann auch Aufgaben übernehmen muß, die sonst primär dem Priester zustehen, soweit er solche überhaupt übernehmen kann.

Die Formen, in denen die Weltlaien ihr Apostolat in Kirche und Welt austi ben, sind sehr verschieden; ebenso verschieden sind die Weisen der Beziehungen, die das Laienapostolat je nach seinen verschiedenen Formen und Gegenständen zur Hierarchie hat.

Das Laienapostolatsdekret stellt nun die verschiedenen Formen des individuellen und gemeinschaftlichen Apostolates und die verschiedenen

Grade der Beziehungen der einzelnen Formen zur Hierarchie beziehungsweise ihrer Abhängigkeit von ihr dar. Man kann jedenfalls dem jetzigen Text nicht mehr vorwerfen, er sehe als Ideal „den in jeder Hinsicht organisierten Menschen“, wie man das vielleicht gegenüber früheren Textfassungen sagen konnte, und es gehe hier nur um einige an sich völlig' belanglose Probleme des katholischen Vereinswesens. In voller Ausgewogenheit stehen nun die Formen des persönlichen und die des gemeinschaftlichen Apostolates einander gegenüber; ja die absolute Unersetzlichkeit und Pflichtmäßig-

keit des persönlichen Apostolates durch das Zeugnis des Lebens, durch Wort und Tat, durch Gebet und Buße, im familiären, beruflichen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben werden hervorgehoben. Auch auf die Bedeutung des persönlichen Apostolates in Situationen der Verfolgung und der Diaspora wird hingewiesen.

Doch auch das gemeinschaftliche Apostolat wird von der sozialen Natur des Menschen wie vom gemeindlichen Charakter der Kirche, aber auch von der Situation der Zeit her gefordert. Es zeigt sich in lockeren, informellen Gruppen, in Familie, Pfarre und Bistum, aber auch in den vielfältigen Organisationen; besonders auf die Bedeutung der internationalen Zusammenschlüsse wird hingewiesen.

Wir begreifen also, vor welche Aufgaben des Umdenkens uns alle dieses Konzil stellt: Priester und Laien. Daß dabei das, was das Laienapostolatsdekret über die Spiritualität des Weltlaien aussagt und über die Bildung aus dieser Spiritualität heraus zum Apostolat, von größter Bedeutung ist, versteht sich von selbst. Es muß eine aufsteigende und umfassende Bildung sein, eine Bildung durch Tun unä Lernen; eine Bildung, die „von der Kunst des brüderlichen Zusammenlebens, der Zusammenarbeit und des Gesprächs“ bis zu einer „gründlichen theoretischen, und zwar einer theologischen, ethischen, philosophischen Unterweisung, immer je nach der Verschiedenheit des Alters, der Stellung und der Begabung“ reicht, die auch „die Bedeutung einer Gesamtkultur in Verbindung mit einer praktischen und technischen Bildung nicht geringschätzt“. „Fundament und Voraussetzung jedes fruchtbaren Apostolates“ muß aber „die geistliche Bildung“ sein, für die vor allem der Priester Mitverantwortung trägt. Hier „muß der Laie lernen, die Sendung Christi und der Kirche zu erfüllen, indem er aus dem Glauben im göttlichen Mysterium der Schöpfung und der Erlösung lebt, gedrängt vom Heiligen Geist, der das Volk Gottes belebt und der alle Menschen bewegt, Gott, den Vater, zu lieben und die Welt und die Menschen in Ihm“.

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