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„Stürmer“ und „Bremser“

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Bewahren wir in der Flut von Meinungen, Vorschlägen und Anregungen, die heute zur innerkirchlichen Reform der Kirche vorgebracht werden, den klaren Kopf. Wir könnten sonst die gesunde Form, wie sie das vatikanische Konzil anstrebt, in Frage stellen. Das kann auf doppelte Weise geschehen:

Da sind einmal die „Stürmer“, die unter dem Deckmantel der Erneuerung nicht nur veränderliche Einrichtungen der Kirche geändert wissen wollen, sondern die bereits in manchen Ländern die unveränderliche Substanz des Glaubensgutes selbst angreifen. Dies ist der Fall, wenn man zum Beispiel die Jungfräulichkeit der Gottesmutter in Zweifel zieht, wenn man bei der Eucharistiefeier den Mahlcharakter gegenüber dem Opfer so in den Vordergrund rückt, daß dieses darunter fast verschwindet, oder wenn man die Realpräsenz Christi in der Eucharistie anzweifelt, oder die Privatbeichte entwertet oder wenn man dem Lehramt der Kirche und der Autorität ihrer Führung wenig praktische Bedeutung mehr zubilligt. Solche Dinge sind nicht mehr Reformation, sondern Deformation der Kirche. Wer so denkt und handelt, stellt sich bereits außerhalb des Bodens der Kirche.

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Aber die vom Vatikanum erstrebte Erneuerung der Kirche kann auch durch die sogenannten „Bremser“ gefährdet werden. Das sind jene, die einfach nicht wahrhaben wollen, daß die Kirche ein wachsender Organismus und kein Museumsstück ist. Wer darum glaubt, die Kirche habe sich durch die notwendigen Anpassungen in ihrer Lehre und in ihrem Wesen verändert, der hat wahrhaftig von ihr noch wenig verstanden, er ist an i\rem äußeren und historischen Erscheinungsbild haften geblieben.

Es verriete einen kleinen Geist, wenn wegen solcher Veränderungen, wie sie etwa in der Liturgie durchgeführt wurden, Spaltungen und Entfremdungen unter den Gläubigen entstehen würden.

Das zweite betrifft unsere Haltung gegenüber den Andersdenkenden. Wir leben heute in einer pluralistischen Gesellschaft mit vielen einander entgegengesetzten Weltanschauungen. Mit den Menschen dieser verschiedenen Richtungen müssen wir Katholiken wieder ins Gespräch kommen. Wir sehen in ihnen nicht schon von vornherein einen Gegner und glauben darum an ihre ehrliche Absicht. Wir sind bereit, auch von ihnen zu lernen und meinen nicht, daß Gott sich nicht auch den aufrichtig Suchenden außerhalb der Kirche bezeugen und sein Licht spenden kann.

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Es wäre ein falsch verstandenes ökumenisches Gespräch, wenn wir Katholiken versuchten, durch Preisgabe oder Verschleierung der katholischen Wahrheit, durch Verschweigung dessen, was uns trennt, zu einer Einigung zu kommen. Die Einheit der Liebe muß immer auf der Wahrheit aufgebaut sein. Nur wenn wir und die anderen uns in gleicher Weise unter die Wahrheit beugen, nicht die Wahrheit unter uns beugen, kommen wir zusammen. Denn wir sind nicht die Herren, sondern die Diener des Volkes Gottes. Wir können an der geoffenbarten Wahrheit keine Streichung oder Abänderung vornehmen, ohne uns an der Wahrheit selbst, die Gott und Christus ist, zu versündigen.

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Wir leben heute in einer Wohlstands- und Konsumgesellschaft. Aber der gehobene Lebensstandard ist uns auch zur Gefahr geworden. Wir sind mit der materiellen Güter-

fülle, die uns plötzlich überfiel, Innerlich noch nicht fertig geworden. Eine Süchtigkeit jeder Art hat weite Kreise ergriffen, die uns zum Verderben zu werden droht. Wir können uns im Verbrauch der Dinge nicht beherrschen. Wir wagen auch in der Erziehung unserer Kinder kaum noch Verzicht und Selbstbeherrschung zu verlangen. Unsere Kinder werden uns einmal für eine Erziehung, in der wir sie nicht pflichttreu zu Zucht und Entsagung anhielten, wenig Dank wissen.

Es wäre wohl ein mißverstandenes Christentum, wenn man das Kreuz aus seiner Mitte streichen würde, um zu glauben, nur noch aus der Auferstehung und Glorie Christi leben zu können. Das Christentum ist nicht da, uns zuerst ein soziales und kulturelles Paradies auf Erden zu schaffen und zu guter Letzt noch den Himmel im Jenseits dazu-zuschenken. Wer die Erbsünde und ihre Folgen unter die Mythen verweist, kommt weder bei sich noch bei anderen mit den Realitäten des Lebens zurecht und erliegt einer folgenschweren Illusion.

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Man kann ein Volk nicht zum Fordern erziehen, um die Interessen seiner Gruppen auf Kosten anderer Bevölkerungsschichten durchzusetzen. So erzieht man Egoisten und gefährdet das- Wohl aller. Kurz, es geht nirgends, wenn nicht jeder — und jede Interessengruppe — bereit ist, mit seinen Forderungen zurückzutreten, wenn die Wohlfahrt aller und die friedliche Aufwärtsentwicklung des Staates mit der Wirtschaft nicht durch ständigen Streit, Hetze und unberechtigte Arbeitsniederlegung gefährdet werden soll.

(Aus der Ansprache Kardinal Königs bei der 64. Wiener Männerwallfahrt nach Mariazell.)

Das 203. Generalkapitel des Ser-vitenordens wählte P. Josef M. Loftus zum Generalobern. Der Neugewählte ist am 9. November 1921 in Chikago geboren und trat 1940 in den Servitenorden ein. Er absolvierte das Theologiestudium in Rom. Das Provinzkapitel wählte ihn 1964 zum amerikanischen Pro-vinzial. Der Servitenorden zählt heute 3000 Mitglieder, die über die ganze Erde verstreut sind. P. Josef Loftus ist der erste außereuropäische Ordensgeneral.

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Der Erzbischof von Wien hat den Leiter der Presseabteilung des ÖVP-Wirtschaftsbundes und ehemaligen Sekretär Altbundeskanzlers Raab, Dr. Robert Prantner, zum „Außerordentlichen Mitglied der Wiener Katholischen Akademie“ (Sektion Geschichte/Zeitungswissenschaft) ernannt.

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Auf einer staatspolitischen Tagung der katholischen Männer Deutschlands in Bamberg forderte der Wiener Vizebürgermeister Doktor Drimmel die katholischen Männer auf, die Chance zur politischen Tätigkeit, die ihnen durch die Freiheit gegeben sei, zu nutzen. Es gebe keine Trennung zwischen Staatsbürgertum und Christentum und keine Zonengrenze zwischen Glauben und öffentlichem Leben. Kein Christ sei berechtigt, im öffentlichen Leben abseits zu stehen. *

In der Mehrzahl der österreichischen Diözesen fanden am Fest der Apostel Petrus und Paulus die Priesterweihen statt. Von den 169 neugeweihtn Priestern sind 99 Weltpriester und 70 Ordensleute. *

Das Konzil werde in der geplanten Deklaration über die Religionsfreiheit klar aussprechen, daß niemand zum Glauben gezwungen werden könne, erklärte Papst Paul VI. während einer General-audienz. Die Einladung Christi, ihm zu folgen, sei gewaltlos, sie sei kein Befehl und keine Drohung. **t#

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Auf Vorschlag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hat die Stadt Pforzheim dem katholischen Theologen Prof. Karl Rahner den mit 10.000 D.-Mark dotierten Reuchlin-Preis 1965 für hervorragende Leistungen auf dem Gebiete der Geisteswissenschaft verliehen. *

Im Rahmen des 8. internationalen Diplomatenseminars auf Schloß Kiesheim in Salzburg, das heuer unter dem Motto „Kultur und Außenpolitk“ steht und vom 28. Juli bis 11. August dauert, wird Msgr. Zabkar vom Vatikanischen Staatssekretariat über die „Kulturpolitik des Heiligen Stuhles“ sprechen.

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Der tschechoslowakische Bischof Karel Otcenasek, der bisher als Autofahrer in einer Molkereigenossenschaft arbeiten mußte, kann nun wieder als Pfarrverweser von Trmice wirken. Die Aufnahme seiner bischöflichen Amtsgeschäfte wurde ihm jedoch nicht erlaubt.

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Kardinal König hat am 1. Juli in Wien eine Diözesankommission für ökumenische Fragen errichtet, der unter Leitung von Prälat Dr. Gundl sowohl Priester wie Laien angehören. Aufgabe der Kommission wird es sein, alle ökumenischen Einzel-initiativen zu koordinieren, sachkundige Voten abzugeben und Maßnahmen vorzuschlagen, die helfen, die Einheit unter allen Christen wieder herzustellen. *

Der international bekannte Wiener Pastoraltheologe, Universitätsprofessor Dr. Michael Pfliegler, feierte sein Goldenes Priesterjubiläum.

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In einem Aufruf, der von 34 namhaften Persönlichkeiten des kirchlichen, öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens mit Kardinal König an der Spitze unterzeichnet ist, wendet sich die Katholische Aktion Österreichs an die Öffentlichkeit mit dem Appell, durch einen bewußten Käuferstreik dem Vordringen von Schmutz und Schund Einhalt zu gebieten. *

Das Ergebnis des Familienfasttages hat zum erstenmal die Neun-Millionen-Grenze überschritten. Mit diesem Ertrag werden von der Katholischen Frauenbewegung Österreichs Entwicklungsprojekte in Südkorea und Laos finanziert.

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