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Zur ökumenischen Bewegung

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In Österreich hat man bisher von ökumenischen Bestrebungen wenig gehört. Dies mag seinen Grund darin haben, daß Österreich ein vorwiegend katholisches Land ist und daß anderseits die übrigen christlichen Kirchen rechtlich der katholischen Kirche glftchgestellt sind. Trotzdem besteht das ökumenische Anliegen auch bei uns. Daher bringen wir nachstehenden Bericht mit besonderer Genugtuung.

Die Redaktion

P. Thomas S a r t o r y OSB. wird künftig an der Theologischen Fakultät Salzburg ökumenische Theologie lesen. Hiermit wird die Theologische Fakultät Salzburg als erste ökumenische Theologie in ihren Lehrplan aufnehmen. In seiner Habilitations-vorlesung hat P. Sartory folgendes zur Frage „Sind die Dogmen ein Hindernis für die Einheit?“ festgestellt:

Im Zeitalter des ökumenischen Konzils befindet sich die katholische Kirche in einem eigenartigen Dilemma, da sie einerseits kein Dogma aufgeben wolle und könne, weil kein Jota von der Offenbarung gestrichen werden könne, daß aber anderseits von evangelischer Seite behauptet werde, wegen der römisch-katholischen Dogmen sei eine Einigung unmöglich.

Dazu stellt nun P. Sartory folgendes fest: In einem ausgewogenen katholischen Verständnis dessen, was Wahrheit ist, könnten sich Wege des Ver-stehens anbahnen. Eine Rückbesinnung auf das biblische Wahrheitsverständnis im johanneischen Sinne, ohne rationale Verengung, könne ganz neue Dimensionen eröffnen und die Frage auf eine gemeinsame Basis stellen.

Die Theologie kann sich (nach Schmaus) nicht einfach der Dynamik der Begriffe überlassen, um in gleicher Weise wie die Philosophie zu immer weiteren Erkenntnissen weiterzuschreiten. Die dogmatische Aussage hat, ,ine andeie Struktur als der mathematische oder naturwissenschaftliche Satz. Die Kategorie in der christlichen Wahrheitserkenntnis ist eine geschichtliche Person: der Offenbarer Jesus Christus, der auch der Auferstandene, gegenwärtig Wirkende ist. Offenbarung ist, nach Karl Rahner, im ersten Ansatz nicht die Mitteilung einer bestimmten Anzahl von Sätzen, sondern ein geschichtlicher Dialog zwischen Gott und den Menschen. Die kirchliche Überlieferung kann nichts ergänzen oder auflösen, sie kann lediglich übernehmen und weitergeben. Die Begrifflichkeit kirchlicher Lehre, auch der Dogmen, hat sich immer mehr auszurichten an der Sprache der Heiligen Schrift.

Entwicklung auf Vereinfachung hin

Sartory stellte grundsätzlich fest, daß die Dogmenentwicklung nicht immer nur in Richtung einer größeren Zahl von Einzelsätzen gehen müsse. Noch wichtiger sei die Entwicklung auf Vereinfachung hin, die Rückführung der Vielfalt der Glaubensaussagen auf ihre letzten Strukturen. Das Geheimnis Gottes sei zu umfassend, als daß es dem modernen Menschen leicht wäre, viele Geheimnisse anzuerkennen. Die vielen ekklesiologischen und mariologischen Aussagen ersticken so leicht die Unruhe des menschlichen Herzens nach Gott. Intellektualismus und Rationalismus überspitzen die begriffliche Formulierung der theologischen Wahrheiten, wonach das Dogma in erster Linie Erkenntniswahrheit ist und nicht doxologischen Charakter hat. . Besonders in bezug auf die heutige Mariologie, meinte Sartory, sei von einer gewissen Überschwenglichkeit des Ausdrucks zu sprechen. Oft würden hier Dinge gesagt, die wir nur von Christus sagen dürfen. Die Praxis katholischer Marienverehrung beweise, daß das nicht nur analog gemeint sei.

Glaube, Gehorsam und Gnade aber sind nur von einer Art, quer durch die Konfessionen hindurch, und die Verschiedenheit liegt nur im Bereich des Ausdrucks, der immer zeitbedingt ist. Vielleicht kann hier gerade allzu starres Festhalten hinderlich sein. Bei einer künftigen Wiedervereinigung werde nicht mehr verlangt werden dürfen als die gegenseitige Anerkennung, daß man den einen Glauben auch mit den Vorstellungen eines anderen Glaubens ausdrücken kann. Viele nach ihrem Sprachgebrauch nicht mehr verständliche oder nicht mehr bedeutungsvolle Aussagen aber sollten in der Nacht des Schweigens versinken.

Anders als früher

Gleichzeitig wird uns aus Salzburg folgender Bericht über praktische ökumenische Arbeit zugesendet, den wir gerne hier wiedergeben, um damit auf die Bedeutung der praktischen ökumenischen Arbeit im täglichen Leben der christlichen Gemeinde hinzuweisen. Es wäre wünschenswert, daß solch mutige Versuche bei ähnlichen Gelegenheiten auch anderorts aufgegriffen würden. Die Redaktion

„Was nicht mit Überzeugung geschieht, ist Sünde. Wir müssen Gott Zeit lassen und den Seelen.“ Diese Worte wurden vor dem schlichten Kreuz des Pfarrsaals der Friedenskirche St. Elisabeth in Salzburg von einem ebenso schlichten Mesner gesprochen in Anwesenheit von Vertretern des Ordinariats, des evangelischen Pastors, der Vertreter der Freikirchen. Ökumenische Vorträge, Aussprachen und gemeinsames Gebet

(„Wir haben einander bekämpft mit ironischen Worten und aus einem engen Geist: Vergib uns, o Herr.'“) setzten gleichsam auf unterster Ebene einen verheißungsvollen Anfang, dem im März, wie der Initiator, Hochwürden Z o 11 i t s c h, ankündigte, eine erneute, die ganze Stadt erfassen sollende Vortragsreihe über die Kirche folgen wird.

Der aufgeschlossene Pfarrer Kanonikus Franz Wesenauer, zog am letzten Vortragsabend das Fazit: „Es ist auf einmal eine gewisse Gelöstheit da. Wir alle haben gemerkt: Wir kennen einander besser. Freilich, wir sind nicht in der Einheit. Jeder von uns hat etwas Unabdingbares in seiner Gemeinschaft, was uns erschüttert. Aber es erschüttert uns auch, daß wir jetzt anders denken als früher. Es darf uns Christen nicht bloß das Trennende in unserem Glauben beherrschen, sondern ebenso muß es uns angelegen sein, allen Brüdern in Liebe zu dienen nach dem Beispiel der Fußwaschung, das uns der Herr selbst gegeben hat. Nicht immer soll es nur die Not sein, die uns zusammenbringt. Gemeinsam ist uns die Urkirche, die Kirche der späteren Jahrhunderte, das Mittelalter, gemeinsam sind uns die großen liebenswürdigen deotschen Heiligen und Mystiker, und was auch in der Zeit des Kampfes an echtem Guten getan wurde. Christen sind wir, wenn wir an den dreieinigen Gott glauben, an den Sohn Gottes und das rechte Menschenbild.“

Auf dem Weg zur Einheit

Ein Komitee des guten Willens wurde geschaffen und wird sich weiterhin zusammensetzen, ehrlich mit dem Ziel der höheren Einheit.

Ein Beispiel der Einheit war auch das Begräbnis des evangelischen Volksdeutschen Baumeisters der katholischen Siedlungsgesellschaft „Heimat Österreich“, an dem zahlreiche Vertreter auch der katholischen Kirche und der Caritas teilnahmen. Gemeinsam sprachen die Gläubigen beider Konfessionen das Vaterunser.

Ein aufrechter, schlichter Christ wurde zu Grabe getragen, der durch sein Leben zeigte, wie man die Brüder liebt.

Höhepunkt der ökumenischen Ereignisse in Salzburg dürfte der Festvortrag werden, den der Kardinal der Einheit, B e a SJ., im August dieses Jahres im Rahmen der Salzburger Hochschulwochen über das Thema „Die Internationalität der Wissenschaften im Dienst der Einheit der Christen“ halten wird.

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