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Volk und Papst gemeinsam!

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Der Papst hat den Rücktritt zweier österreichischer Bischöfe (der von Innsbruck und Linz) angenommen. Andere werden in den nächsten Jahren folgen. Nachfolger werden gesucht. Die FURCHE möchte im Zusammenhang mit der Methode von Bischofsernennungen einigen Überlegungen Raum geben. Heute hat der Präsident der Katholischen A ktion Österreichs das Wort, nächste Woche folgt der Kirchenhistoriker Univ.-Prof. Josef Lenzenweger.

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Der Papst hat den Rücktritt zweier österreichischer Bischöfe (der von Innsbruck und Linz) angenommen. Andere werden in den nächsten Jahren folgen. Nachfolger werden gesucht. Die FURCHE möchte im Zusammenhang mit der Methode von Bischofsernennungen einigen Überlegungen Raum geben. Heute hat der Präsident der Katholischen A ktion Österreichs das Wort, nächste Woche folgt der Kirchenhistoriker Univ.-Prof. Josef Lenzenweger.

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Hat die katholische Kirche am Ende des zweiten Jahrtausends ihres Bestandes keine anderen Probleme, als darüber nachzudenken, wie Bischöfe bestellt werden? Es gibt weltweite Not. Es gibt Kriege. Es droht die Gefahr der Vernichtung der Welt überhaupt.

Die Frage „Wie wird man Bischof?” trägt nicht dazu bei, Not und Elend in der Dritten Welt zu lösen. Die Beschäftigung mit dem Problem der Bischofswahl wird das über der Menschheit schwebende Atomschwert nicht in die Pflugschar des Friedens umwandeln.

Aber so wichtig ist ein Bischof, daß man mit aller möglichen Sorgfalt den am besten Geeigneten suchen sollte. Ein guter Bischof kann für eine Diözese sehr viel Gutes tun: Mitarbeiter motivieren und ermutigen, Konflikte ausgleichen, Spontanität und Kreativität fördern usw ...

Die Bestellung eines Bischofs hat für die Christen einer Diözese große Bedeutung und soll daher in geeigneter Weise unter Christen abgehandelt werden können. Die Leitung der Kirche kann doch nur größtes Interesse haben, daß der bestgeeignete Kandidat gefunden wird. Daher ist eine transparente und geordnete Beteiligung von Priestern und Laien sinnvoll. Der Heilige Geist wirkt in der Gesamtheit der Kirche!

Es ist interessant, daß jedenfalls die gegenwärtig durch Rom gehandhabte Vorgangsweise bei der Bestellung von Bischöfen nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Ländern diskutiert wird. Wie tief an die Basis der Kirche die derzeitige Diskussion über die Bischofswahl geht, kann man nicht leicht sagen. Es gibt keine Untersuchung darüber.

Persönlich neige ich der Auffassung zu, daß viele Katholiken, wenn sie sich nicht direkt und bewußt im Dienst der Kirche engagieren, diese Frage eher nebensächlich erscheint. Das ist nicht unbedingt erfreulich, sondern vielleicht eine Folge davon, daß viele das Interesse verloren haben, weil sie ohnehin nicht gefragt werden.

Es gibt auch besser gelungene und weniger gut gelungene Versuche, die Diskussion zu beleben. Es gibt Schnellumfragen ohne sachlichen Wert. Es gibt Meinungsforschung über den Daumen, die bei einer ernsthaften Darlegung der Standpunkte nicht verwendet werden dürfte.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, daß es zu den Grundsätzen der alten Kirche gehörte, daß keiner Gemeinde ein Bischof gegen ihren Willen aufgezwungen wurde. Es war eine alte kirchliche Gepflogenheit, daß bei der Wahl eines Bischofs Klerus und Volk mitredeten.

Unter dieser „Wahl” darf man sich natürlich keine Wahl mit Wahllokalen, geheimer Stimmabgabe und genauer Abgrenzung der Wahlberechtigten durch eine Behörde vorstellen. Man wird auch heute nur sehr schwer Gründe finden, die eine Bischofswahl auf diese Art sinnvoll erscheinen ließen. Allein die Feststellung der Wahlberechtigten wäre eine in der Praxis .wahrscheinlich nur sehr schwer lösbare Aufgabe.

Derzeit ist es so, daß die freie (d. h. an niemandes Zustimmung gebundene) Ernennung eines Bischofs durch den Papst weithin der Regelfall ist. Die Ernennung von Bischöfen durch den Papst ist in den meisten Fällen derzeit ein streng gehütetes Recht des Heiligen Stuhles. Rechtlich faßbare Mitbestimmungsrechte irgendwelcher Gremien oder Einzelpersonen gibt es nur mehr in sehr begrenztem Umfang, immerhin aber in einigen Diözesen unseres Nachbarlandes, der Schweiz.

Aber auch wenn der Papst allein das Recht zur Bischofsernennung hat, könnten doch die wichtigsten Gremien und Mitarbeiter einer Diözese befaßt werden.

Die gegenwärtige Geheimprozedur bei der Bischofsfindung ist kein Ideal. Das zweite Vatikanische Konzil hat neben einer selbstverständlichen Bejahung der päpstlichen Rechte über die Gesamtkirche auch auf die Selbständigkeit der einzelnen Diözesen hingewiesen. Darum ist nicht einzusehen, warum das Volk Gottes einer Diözese nicht auch in bestimmter Weise an der

Findung eines Bischofs mitwirken sollte.

Diese Tatsache würde in keiner Weise die Einheit mit Rom und dem Papst verdunkeln. Der von einer Diözese vorgeschlagene Bischofskandidat kann ja erst nach erfolgter Bestätigung durch den Papst das Bischofsamt übernehmen.

Derzeit ist es in den meisten Diözesen Österreichs so, daß der Heilige Stuhl aus einer von der Bischofskonferenz eingesandten Liste einen Kandidaten für das Bischofsamt auswählt. Bevor an seine Ernennung geschritten wird, werden nochmals genaue Erkundigungen über ihn eingeholt, wobei einzelne Personen befragt werden, die den Kandidaten genauer kennen.

Die Untersuchung wird dem Apostolischen Nuntius übertragen, der an Hand eines eigens zu diesem Zweck erstellten Fragebogens vorzugehen hat. Damit wird ein sehr eng umgrenzter Personenkreis gefragt. Jeder befragte wird im Gewissen verpflichtet, mit niemandem anderen über die Befragung zu reden.

So wie es für politische Parteien und für Staaten keine Garantie gibt, daß bei einer Volkswahl immer der beste Kandidat an die Spitze kommt, kann es auch in der Kirche kein befriedigendes System für eine Bischofswahl geben. Jede Wahlprozedur hat ihre Vorteile und ihre Nachteile.

Das schließt aber nicht aus, daß man über eine Verbesserung des derzeitigen Systems redet. Man sollte überdenken, wer das Recht haben sollte, an einer Bischofswahl mitzuwirken. Wie soll die Wahl ausgeschrieben werden? Wie beendet? Wie könnten Laien, das Laienapostolat, Priester und Ordensleute mitstimmen?

Eine Fülle schwieriger Fragen, und der Teufel sitzt im Detail. Dennoch möchte ich sagen, wie ich mir persönlich eine „Wahl” des Bischofs vorstellen könnte. Grundsätzlich bin ich gegen Geheimniskrämerei auch in dieser Frage. Ich kann mir aber auch nur schwer vorstellen, daß ein Bischof in direkter geheimer Wahl von allen Einwohnern einer Diözese gewählt werden wollte.

Ich glaube, daß für die Wahl eines guten Bischofs zuerst die Basis (ein bestimmter Kreis von Katholiken: Priester, Orden, Laienbewegungen, einzelne Personen und Gremien) Vorschläge einbringen soll. Sie sollten die Aufgabe haben, Wahlvorschläge zu arbeiten, die dann einem diözesanen Gremium (etwa dem Domkapitel) vorgelegt werden könnten.

Diese Wahlvorschläge werden nach Mehrheit der Stimmen gereiht. Die Fachkompetenz, diese Vorschläge zu beurteilen, könnte dem Pastoralrat und dem Priesterrat überlassen werden, die einen aus den Wahlvorschlägen erwachsenen gemeinsamen Dreiervorschlag erstellen. Nach Anhören der Bischofskonferenz könnte der Dreiervorschlag über die Nuntiatur nach Rom gehen. Wenn der Papst meint, keiner der drei vorgeschlagenen Kandidaten sei ein guter Bischof, müßte er die Vorschläge zurückweisen und das Vorschlagen neuer Kandidaten verlangen können.

Die letzte Entscheidung über die Bestellung eines Bischofs müßte weiterhin beim Papst liegen. Daran dürfte auch in Zukunft nicht gerüttelt werden. Daß aber Klerus und Laien doch mehr Mitsprache als bisher eingeräumt und die Wahl eines Bischofs in all ihren Vorgängen durchsichtiger gemacht wird, scheint mir persönlich ein durchaus angemessener Vorschlag.

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