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Mamelueken passè

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Mit der Wahl des 60jährigen Al-tenmarkter Pfarrers und Dechan-ten Georg Eder zum Erzbischof von Salzburg wird die Großwetterlage in der Kirche Österreichs weiter verändert. Nach einem Gewitter ist die Luft reiner und klarer. Die einen begrüßen diese Personalentscheidung als Maßnahme zur Reinerhaltung von Glauben und Moral, Kritiker haben endgültig Klarheit darüber bekommen, welcher Kurs in der römisch-kathoUschen Kirche von oben gesteuert wird.

Einig sollten sich alle darin sein, daß die zuletzt in Österreich ernannten Bischöfe und Georg Eder (wie auch die beiden anderen vom Heiligen Stuhl dem Salzburger Domkapitel zur Wahl vorgeschlagenen Kandidaten) im wesentlichen auf einer Linie liegen. Unterschiede gibt es natürlich in der Bewertung dieser Linie: „Rechtgläubig“ und „papsttreu“ sagen die einen, „erzkonservativ“ und „Ministranten Roms“ sagen die anderen.

Dabei dürfte es dem Papst bei der Nominierung seiner Kandidaten weniger auf deren Einstellung zur Liturgiereform oder zu Aids (laut Eder eine „Strafe Gottes“) ankommen, als auf deren unbedingten Gehorsam gegenüber Rom. „Nur gehorsame Bischöfe sind gute Bischöfe“, soll schon Eugenio Pacelli, später Papst Pius XIL, gesagt haben. Und bei Friedrich Schiller steht der Satz: „Mut zeiget auch der Mameluck, Gehorsam ist des Christen Schmuck.“

Mut zeigte jedenfalls das Salzburger Domkapitel mit seinen Erklärungen zur Erzbischofwahl. Daß zunächst der Dreiervorschlag (FURCHE 40/1988) und zuletzt die Person des Gewählten nicht bis zur nach dem Konkordat „vertraulich“ vorgesehenen Verständigung der Bundesregierung und zur noch bevorstehenden Bestätigung durch den Papst geheim blieben, ist nicht dem Domkapitel anzulasten, das betonte, „daß der

Öffentlichkeit von anderen Seiten Informationen zugegangen sind“.

Das Domkapitel hat in seiner abschließenden Erklärung von einem schweren Gewissenskonflikt im Zusammenhang mit der Wahl berichtet, da die Kandidatenauswahl nicht in der üblichen ausgewogenen Weise erfolgt war und Rom keinem Gespräch zugänglich war, sondern Druck ausübte, aus dem vorliegenden Dreiervorschlag die Wahl zu treffen.

Formal mag — abgesehen von der wieder einmal mißlungenen Geheimhaltung - alles in Ord-

nung sein. Aber ist das unter Christen genug? „Was die Kirche lehrt, ist nie nur Formel“, sagte Johannes Paul H. im Juni 1988 im Salzburger Kapuzinerkloster zu den österreichischen Bischöfen. Befremdet es nicht, wenn man sich die Besucherliste des Papstes ansieht, daß ausgerechnet Salzburger Domkapitularen wenige Monate nach einem gastfreundlichen Empfang eine Audienz verweigert wird?

Der österreichische Kurienkardinal Alfons Stickler hat in einem Gespräch mit dem ORF-Landesstudio Vorarlberg bestätigt, was viele vermuteten: Gleichzeitig mit dem Salzburger Erzbischof werde der Papst den neuen Bischof von Feldkirch bekanntgeben.

Das liegt schon deshalb nahe, weil mit der Besitzergreifung des neuen Salzburger Erzbischofs (nach dessen Bischofsweihe in einigen Wochen) der Vorsitz seines Vorgängers Karl Berg in der österreichischen Bischofskonferenz erlischt. Wenn Rom die Bischof skonferenz „auf Linie“ bringen will, ist das mit zumindest zwei neuen Diözesanbischöfen (denen irgendwann auch ein neuer Oberhirte von Eisenstadt folgen wird), die den neuen Vorsitzenden mitwählen können, viel aussichtsreicher.

Im Sturm um Salzburg glaubt man vermutlich auch ein Lüftchen im Ländle eher verkraften zu können. Ein solches würde ganz sicher eine allfällige Ernennung des „Opus Dei“-Regional-vikars Klaus Küng auslösen. Manche hoffen noch, daß der Papst — um die Salzburg-Entscheidung zu neutralisieren — für Feldkirch einen Kompromißkandidaten ernennt.

Beschwörend haben Österreichs Bischöfe zu Silvester vor einer Spaltung gewarnt, hat etwa Karl Berg direkt die beiden auseinanderdriftenden Lager angesprochen: Kirche sei sowohl Treue zum Papst als auch Gemeinschaft, aber sie sei „mehr als das“. Aber die Brücke wird schmäler, die Polarisierung stärker. Wer nicht im Sinn der einen Seite „Flagge zeigt“, sondern auch an der anderen Seite gute Haare läßt, ist schon suspekt.

Politisch könnte man den gegenwärtigen Pendelschlag in der Kirche wie eine Machtübernahme der bisherigen Opposition deuten, als Richtungswechsel, der von Zeit zu Zeit nötig und gut ist. In der Kirche werden freilich die Weichen längerfristig gestellt, und bei allem Vertrauensvorschuß, der natürlich auch dem neuen Salzburger Oberhirten entgegenzubringen ist, läßt sich nicht absehen, wieviel Porzellan vor allem bei „Fernstehenden“ mit einem solchen Kurs zerschlagen wird.

Was überzeugte Katholiken betrifft, so hat vermutlich Caritas-Präsident Leopold Ungar recht, wenn er meint, man solle personelle Entscheidungen in der Kirche nicht überbewerten. „Was habt ihr den geringsten meiner Brüder getan?“ wird Gott beim Jüngsten Gericht fragen (auch die Bischöfe) und nicht: „Wie seid ihr mit diesem oder jenem Bischof oder Papst ausgekommen?“

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