In Rom wie in der Ebene

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Man kann das logische Prinzip der notwendigen und hinreichenden Bedingung durchaus auf die heimische Kirchenlage übertragen. Dass sich der katholische Kosmos im Land nicht in einer robusten Verfassung befindet, mag kaum jemand bestreiten. Umso wichtiger, dass die Rahmenbedingungen für eine gedeihlichere Entwicklung stimmen. Dass also die notwendigen Bedingungen erfüllt sind. Die Auswahl des richtigen Leitungspersonals fällt unter diese Kategorie. Wenn seit Monaten drei Bischofsstühle vakant sind, spricht das nicht dafür, dass das katholische Haus gut bestellt ist.

Der Vatikan gab zu Ende des Benedikt’schen Pontifikats das Bild eines völlig unzeitgemäßen Hofstaates ab. Das war offensichtlich auch Motiv, den nächsten Papst aus dem kurienfernen Südamerika zu holen. Die in der Symbolpolitik bislang grandiose Amtsführung von Papst Franziskus benötigt ihr Pendant in den Mühen der Ebene. Man wartet gespannt, wie es dem Neuen auf dem Stuhl Petri dabei geht.

Die Frage der Bischofsernennungen ist dabei ein wichtiger Indikator - in zweifacher Hinsicht. Zum einen geht es - pragmatisch - darum, dass "richtige“ und akzeptierte Persönlichkeiten an die Spitze der Ortskirchen kommen.

Unzeitgemäßes Headhunting in der katholischen Kirche

Zum anderen muss man weiter wie ein Mantra wiederholen, dass das Gros der Personalfindungsvorgänge in der katholischen Kirche weder zeitgemäß noch effektiv ist. Und schon gar nicht das Bild des pilgernden Volkes Gottes auf dem Weg ernst nimmt. Denn dieses Volk Gottes hat in den Entscheidungen, etwa über seine Leitung, nichts mitzureden - und wenn doch, dann erfährt es zumindest nichts davon.

Dass die Bischofsbestellungen in Österreich so lange auf sich warten lassen, ist aber nicht nur Rom geschuldet. Denn wie der heimische Katholizismus seit den 1980er Jahren schmerzlich erfahren hat, sind römische Entscheidungen allzuoft Ausdruck des Agierens von Parteiungen vor Ort. Doch auch hier gilt, dass diese Vorgänge meist im Dunkeln und bar jeder Transparenz ablaufen. Je länger sich die Bischofsernennungen hinziehen, desto größter wird der Raum für Mutmaßungen in diese Richtung.

Das Aufatmen im Ländle war bis Wien spürbar, als letzte Woche die Ernennung des "logischen“ Nachfolgers auf dem Feldkircher Bischofsstuhl offiziell wurde: Dass Benno Elbs, dessen Leitungskompetenz und Integrationskraft für die Vorarlberger Katholiken seit langem außer Streit stand, eineinhalb Jahre auf seine Bestellung wartete, gibt dennoch zu denken.

Szenario eines neuen Kirchenschwungs

Darf ein populärer Priester nicht Bischof werden? Man wird die konkreten Vorgänge wohl bald vergessen - und hoffen, dass es dem neuen Bischof gelingt, die Freude über seine Ernennung auch in einen neuen Kirchenschwung umzumünzen.

Analoges wünscht man für die weiter ausstehenden Entscheidungen über die Bischofssitze in Graz und Salzburg, die ja kirchenpolitisch viel brisanter als jene in Feldkirch sind. Aber es geht auch hier darum, die personellen Weichen in Richtung einer konstruktiven Kirchenentwicklung zu stellen. Das ist mit der "notwendigen“ Bedingung gemeint: Wenn Rom polarisierende Persönlichkeiten auf österreichische Bischofsstühle setzt, dann sind die dringend benötigten Kräfte einmal mehr mit innerkirchlichen Auseinandersetzungen gebunden oder - was wahrscheinlicher ist: die (innere) Emigration der quer und kreativ denkenden Gläubigen wird ein unverantwortlich hohes Ausmaß erreichen.

Doch auch mit einem adäquaten Leitungspersonal ist noch längst nichts gewonnen. Die hinreichende Bedingung für eine positive Entwicklung in der katholischen Kirche ist nämlich, dass die angesprochenen quer und kreativ Denkenden, die spirituell Innovativen und die Weltoffenen sich wieder mit dieser Kirche auf den Weg machen. Zum Pfingstfest 2013 hofft man, dass der Geist in diese Richtung weht.

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