Das Bischofs-Szenario in Eisenstadt

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Zwölf Jahre ist es her, dass mit dem „Dialog für Österreich“ zum letzten Mal ein landesweiter Versuch unternommen wurde, die Parteiungen in der katholischen Kirche miteinander ins Gespräch und auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Die Voten zur Kirchenreform, denen 1998 auch die Konservativen mehrheitlich zustimmten, waren maßvoll, aber für die Zentrale immer noch viel zu aufmüpfig. Dass der „Dialog“ alsbald als „tot“ erklärt wurde, entsprang nicht bloß einer Sottise des damaligen St. Pöltner Bischofs Kurt Krenn, sondern entpuppte sich als bittere Realität.

„Unbotmäßige“ Vorreiterschaft

Ausgerechnet Eisenstadt, die kleinste Territorialdiözese, setzte nach 1998 mit einem „Dialog für Burgenland“ zumindest auf regionaler Ebene fort, was im Gesamten unterbunden wurde. Das lag wesentlich an der Person des Hirten Paul Iby, der kein intellektueller Vordenker, aber ein geachteter Seelsorger ist: ein „Volksbischof“ also. Auch der „Dialog für Burgenland“ ergab, dass die katholische Kirche einer geistlichen Erneuerung ebenso bedarf wie einer Infragestellung ihrer strukturellen Verfasstheit – von der Frage der Zulassung zum Priesteramt bis zu den Entscheidungsmechanismen.

Wie das Amen im Gebet folgte dem 2004 abgeschlossenen „Dialog für Burgenland“ die römische Missbilligung – auch Bischof Iby belastete dies zunehmend. Dennoch ließ er vor wenigen Wochen noch einmal aufhorchen, als er einmal mehr Reformen bei der Zulassung zum Priesteramt einmahnte und darauf hinwies, wie schwer es geworden ist, in den Gemeinden die Feier der Eucharistie sowie die weitere Sakramentenspendung zu gewährleisten.

Diese – letzte – „Unbotmäßigkeit“ ist Iby nicht gut bekommen: Er wäre gern bis zum Diözesanjubiläum am 11. November im Amt geblieben, doch bevor der Vatikan in die Sommerferien geht, nominierte er aber Ägidius Zsfkovits als Nachfolger. Bitter auch, dass der Ernannte in der Diözese – gelinde gesagt – nur wenig Unterstützung hat. Vor wenigen Wochen hatten sich in einem ORF-TV-Magazin Diözesanvertreter vom Generalvikar und der Präsidentin der Katholischen Aktion abwärts gegen ihn ausgesprochen.

Nun muss man ja nicht ein Fundamentalpessimist sein und kann hoffen, dass der neue Eisenstädter Bischof dem Ruf, der ihm vorauseilt, nicht allzu sehr gerecht wird. Dennoch: Man hat es einfach satt, die aktuelle Kirchenlage nur auf der Basis „Es kann nur noch besser werden“ zu beurteilen.

Nur die Spitze der Intransparenz

Auch diese Bischofsbestellung zeigt, dass der Modus der Entscheidungsfindung in der katholischen Kirche äußerst reformbedürftig ist. Mag ja sein, dass die Tatsache, dass Bischof Iby von der Entscheidung aus der Zeitung erfuhr, einer Indiskretion aus dem Umfeld der Bundesregierung zu verdanken ist. Aber das ist nur die Spitze der Intransparenz von Entscheidungs- und Personalfindungsvorgängen in der katholischen Kirche. Wenn Kardinal Christoph Schönborn meint, hier sei „die bewährte Vorgangsweise bei der Vorbereitung einer Bischofsernennung eingehalten worden“, so ist Widerspruch angesagt. Auch wenn das Verfahren „eingehalten“ wurde: „bewährt“ ist es keinesfalls – und zeitgemäß schon gar nicht.

Der Pastoraltheologe Paul Zulehner hat gegen all dies mittels einer Art Todesanzeige auf Seite 1 der Tageszeitung Die Presse protestiert. Man kann nun trefflich darüber streiten, ob diese Aktion besonders geschmackvoll war oder nicht. Aber in der Sache hat Zulehner natürlich recht, die Vorgänge in Eisenstadt in die Nähe eines Sterbe-Szenarios zu rücken: Mangels Perspektive werden wohl nur wenige weiter auf Protest setzen. Zu befürchten ist vielmehr, dass Friedhofsruhe einkehrt, weil sich die wachen Geister in der Kirche nachhaltig verabschiedet haben.

Und das ist viel bedrückender, als es innerkirchlicher Aufruhr und lautstarker Widerspruch je sein können.

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