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Ein Bischof ist mit Recht verärgert

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Die Gleichzeitigkeit der Ernennungen von Kurt Krenn zum Diözesanbischof von St. Pölten und von P. Christoph Schönborn OP zum Weihbischof in Wien ist ein Beispiel ausgeklügelter vatikanischer Personalpolitik.

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Die Gleichzeitigkeit der Ernennungen von Kurt Krenn zum Diözesanbischof von St. Pölten und von P. Christoph Schönborn OP zum Weihbischof in Wien ist ein Beispiel ausgeklügelter vatikanischer Personalpolitik.

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Katholische Insider, die noch vor kurzem mit anderen Personalentscheidungen in Wien und St. Pölten rechneten (FURCHE 26/1991) haben sich nichts vorzuwerfen, denn auch der bisherige Bischof von St. Pölten, Franz Zak, unterlag im Zusammenhang mit der Ernennung seines Nachfolgers mehreren Irrtümern. Daß er die Nachricht aus dem Radio erfahren mußte, nannte Zak selbst „empörend" und „persönlich beleidigend", was auch Bischof Krenn „gut verstehen" konnte. Krenns Hinweis auf ein „Mißgeschick" - der Nuntius habe erst nach der Zustimmung des Ministerrates Zak verständigen können, aber da sei eben schon zuvor jemand gegenüber den Medien „indiskret" gewesen - erklärt bestenfalls einen Teil von Zaks verständlicher und berechtigter Verärgerung.

Er erklärt nicht, warum zugleich die gar nicht dem Ministerrat vorgelegte Ernennung des Dominikaners Christoph Schönborn bekannt wurde. War gar nicht - oder jedenfalls nicht nur - der Ministerrat Quelle der „Indiskretion"? Er erklärt nicht, warum Krenns Name laut Zak in Gesprächen mit dem Nuntius „eigentlich nie ins Kalkül gezogen", wurde und, wenn Zak die Rede auf diesbezügliche Gerüchte brachte, ihm versichert wurde, „daß diese Gerüchte nicht stimmen". Er erklärt nicht, warum Zak noch wenige Tage vorher bestätigt wurde, sein Nachfolger werde im September ernannt, sollte nicht „etwas Unerwartetes" eintreten.

Wieder einmal erhalten Gerüchte Nahrung, es gebe seit Jahren eine Liste von sieben Leuten, die zu Bischöfen in Österreich ausersehen seien, und Nuntius Donato Squicciarini habe bei seinem Amtsantritt durchblicken lassen, die nächsten Emennungen seien schon ohne sein Zutun so gut wie gelaufen. Sollte es mit der „Siebenerliste" wirklich seine Richtigkeit haben und sollten die angeblich darauf befindlichen Namen stimmen (Hans Hermann Groer, Alfred Kostelecky, Kurt Krenn, Klaus Küng, Georg Eder, Christoph Schönborn, Andreas Laun), ist davon nur mehr ein Kandidat ohne Bischofssitz und daher als erster Anwärter auf einen solchen zu werten.

Rom plaziert Vertrauensleute

Die jüngsten Emennungen lassen vermuten, daß die bisherige Linie fortgesetzt wird: Das heißt, Rom plaziert seine Vertrauensleute nach eigenen strategischen Überlegungen, denen die Wünsche der jeweiligen Ortskirche und der bisherigen Amtsträger untergeordnet werden. Da der Informationsprozeß vor Ort vertraulich, also geheim, durchgeführt wird, kann freilich auch niemand beweisen, daß sich der Papst über die Vorschläge der Ortskirche, und womöglich auch seines Nuntius, hinweggesetzt und von seinem Recht der freien Ernennung (das fraglos besteht, aber nicht immer bestanden hat) Gebrauch gemacht hat.

Österreichs Episkopat trägt die Handschrift dieses Papstes. Nur noch zwei österreichische Diözesanbischöfe, Stefan Läszlö in Eisenstadt und Johann Weber in Graz, wurden nicht von Johannes Paul II. ernannt. Man kann nur hoffen, daß dem gegenwärtigen Oberhirten des Burgenlandes die Erfahrungen seiner langjährigen Amtsbrüder Bruno Wechner und Franz Zak erspart bleiben.

Zeichnet sich auf der kirchlichen Landkarte in weiteren Gebieten eine innere Polarisierung ab? Wenn man sagt, daß Bischöfe heute kaum mehr als „konservativ" und „progressiv" unterscheidbar sind, ist das sicher richtig. Eber sind „Hardliner*' und Männer des Dialogs auseinanderzuhalten, und insofern war die gleichzeitige Ernennung von Krenn und Schönborn ein ausgewogener Vorgang.

Natürlich stehen beide von einem bestimmten Blickwinkel aus betrachtet in der „konservativen" Ecke, aber die meisten, die beide kennen, versichern: „Zwischen den beiden liegen Welten."

Was Krenn entgegenkommt

Bischof Krenn wird es in St. Pölten sicher schwer haben, seine Kritiker, wie er es vorhat, „zu gewinnen", aber man soll nicht von vornherein ausschließen, daß er versucht, ein Bischof für alle zu sein. Entgegen kommt ihm der Umstand, daß Bischof Zak bewußt seine langjährigen Mitarbeiter bis jetzt im Amt belassen hat, damit sein Nachfolger ein neues Leitungsteam aufbauen und ohne Verwundungen den bisherigen Führungsstab in Pension schicken kann. Sicher wird sich Krenn aufmerksam der ihm allein unterstellten Philosophisch-Theologischen Hochschule, die er von drei Semestern Lehrtätigkeit kennt, und dem Medien-Großunternehmen „Niederösterreichisches Pressehaus" (zu 80 Prozent im Besitz der Diözese St. Pölten) widmen.

Beim Thema Ministrantinnen wies Krenn auf die römischen Richtlinien hin, ließ aber seine Entscheidung offen. Sein Wort, er wolle nicht, daß Kinder zu „Opfern" in solchen Konflikten werden, kann man als Andeutung verstehen, daß er sich Mädchen bis zur Pubertät im Altardienst vorstellen kann. Aber bringt es nicht katholische Feministinnen erst recht auf die Palme, wenn nur Kindlichkeit, aber nicht Fraulichkeit am Altar akzeptiert wird?

In Wien wird dem renommierten Theologen Christoph Schönbom, dessen Ernennung wesentlich positivere Reaktionen auslöste, seine Fähigkeit zum Dialog das schwere Krenn-Erbe (Hochschulgemeinde) erleichtem. 'Daß er in einigen Jahren die Nachfolge von Erzbischof Kardinal Hans Hermann Groer antreten kann, gilt zwar jetzt als wahrscheinlich, aber noch nicht als sicher. Und ob für Kurt Krenn St. Pölten Endstation bleiben oder ihn sein Weg noch nach Rom oder anderswohin führen wird, bleibt ebenfalls offen.

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