7035225-1989_46_07.jpg
Digital In Arbeit

Das Kriegsbeil begraben!

Werbung
Werbung
Werbung

In den letzten Jahrzehnten habe ich öfters in England und Irland über die katholische Kirche in Österreich geschrieben. Dazu führte ich Gespräche mit den Kardinälen Theodor Innitzer und Franz König, mit dem Alt-Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger, mit den früheren Bundeskanzlern Josef Klaus und Bruno Kreisky und auch mit Journalisten des Landes. Ich konnte großzügig über die Kirche in Österreich schreiben und sagen, was für ein wunderbares Beispiel diese Kirche für den Rest der Welt sei. 1986 habe ich in einem Artikel darüber spekuliert, wie Österreichs Zukunft aussehen werde, wenn alle drei K- Kreisky, Kirchschlägerund König - in Pension gegangen sind. Wird Österreich auch in Pension gehen? Es scheint mir so, und es tut mir sehr leid, daß meine Befürchtungen vielleicht gerechtfertigt sind.

Zuerst habe ich in den österreichischen Zeitungen viel über die Ernennung neuer Bischöfe gelesen. Mir kam vor, daß viele Leute enttäuscht waren. Ich kenne mich da nicht so gut aus; daß ich davon schreiben könnte, auf jeden Fall ist darüber schon genug geschrieben worden. Doch vielleicht könnte ich ein wenig Hoffnung geben. Es ist nicht immer so schlecht, wie es am Anfang ausschaut.

Ein Beispiel aus Irland: Es ist noch nicht lange her, daß Kevin McNamara zum Erzbischof von Dublin ernannt wurde. Ich glaube, es gab keine Zeitung und keinen Fernseh- oder Radiokommentar, der sich nicht gegen diese Ernennung richtete. Er sei äußerst konservativ, er sei vom Lande, nicht aus der Stadt, er sei nur Professor... Erzbischof McNamara starb zwei Jahre später an Krebs, und die selben Medien haben ihn hoch gelobt - und das war nicht nur „Friedhöflichkeit“.

Es kommt mir vor, daß das pastorale Leben in Österreichs Pfarren jetzt genau so gut wie je seit dem Konzil ist. Was mich aber enttäuscht, ist, daß sich nicht nur die Medien kritisch einstellen - das ist ja nicht schlecht -, aber daß auch Bischöfe Öl ins Feuer gießen.

Zum Beispiel wurde vorgeschlagen, daß Journalisten eine Art „Missio canonica“ besitzen sollten. Das muß ohne weiteres Denken vorgeschlagen worden sein. Es ist nicht schlecht, Journalisten - die es lieben, zu kritisieren - zu sagen, daß sie Verantwortung üben sollen. Aber, Achtung! Zu geschwind darf man so etwas nicht sagen, denn Journalisten glauben, daß die Kritik ein Geschenk Gottes nur an sie ist. Wenn man Journalisten kritisiert, glauben sie, die Freiheit der Presse wird beschränkt!

Es ist ganz gut, Journalisten zum Nachdenken zu bringen, besonders über die Wahrheit. Ich glaube, Weihbischof Kurt Krenn sagte: „Nichts gegen die Freiheit, aber alles für die Wahrheit.“ Was ist aber die Wahrheit? Zwei Leute können dasselbe auf verschiedene Weise sehen - wer von ihnen hat die

Wahrheit?

In den frühen fünfziger .Jahren hat der „Catholic Herald“ in England sehr viel über die Messe in der Sprache des Landes geschrieben. Wir haben uns dafür eingesetzt. Wir wurden nicht nur als Häretiker bezeichnet, sondern es wurde auch der Verkauf der Zeitung in manchen Kirchen und sogar in einer ganzen Diözese verboten.

Zu dieser Zeit erhielt ich einen Brief eines Bischofs, der uns Häresie vorwarf. Derselbe Bischof schrieb in den späten siebziger Jahren einen ähnlichen Brief: Wir hätten nicht in einem Leitartikel schreiben sollen, daß in einigen Kirchen doch eine lateinische Tri-dentinische Messe für die älteren Leute erlaubt werden sollte. Zehn Jahre später ist es in Teilen Englands dazu gekommen.

Der liebe Herr Bischof war nicht so wankelmütig, wie es scheinen mag. Er - wie der Weihbischof von Wien - sagte nur, man müsse der jeweiligen Lehre der Kirche folgen, ob die Messe auf Latein oder in der Sprache des Landes sein soll.

Hoffentlich erwecke ich nicht den Eindruck, daß ich keine Sympathie für jene Bischöfe habe, die wollen, daß Journalisten die Wahrheit schreiben und Verantwortung üben.

Ich denke, es wäre besser gewesen, hätte Bischof Krenn zuerst bedacht, was seine Worte praktisch und theoretisch eigentlich meinten. Es wäre vielleicht passend, wenn Bischof Krenn zugibt, daß er einen Fehler gemacht hat. Wir alle lieben den Menschen, der einen Fehler eingestehen kann.

Zum Schluß darf ich vielleicht darum bitten, daß die Bischöfe und auch die sehr guten Laien Österreichs das Kriegsbeil begraben und sich weniger mit ihren kirchlichen Affären befassen, sondern sich mehr der Welt des Materialismus zuwenden, in einer Zeit, in der Massenkommunikation so wichtig geworden ist.

Den einfachen Katholiken gibt es schon nicht mehr. Die Medien informieren uns alle. Aber man muß wissen, daß nur manche verstehen, worum es geht, während andere nur verwirrt werden, weil sie den Eindruck bekommen, daß sich die Katholiken immer raufen.

Es kommt mir vor, als ob die Kirche in Österreich das große Ziel vergessen hat - das Königreich Gottes.

Der Autor ist Direktor der Londoner Wochenzeitung „Catholic Herald“.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung