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Priester nicht entmutigen!

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Mehr Miteinander von Priestern und Laien und mehr Stütze für die Lebensform der Priester - das wünscht sich der Grazer Diözesanbi-schof Johann Weber nach der Rückkehr aus Rom.

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Mehr Miteinander von Priestern und Laien und mehr Stütze für die Lebensform der Priester - das wünscht sich der Grazer Diözesanbi-schof Johann Weber nach der Rückkehr aus Rom.

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FURCHE: Die Medienberichte zur Bischofssynode vermittelten, da es bei den "Reizthemen" keine Veränderung des kirchlichen Standpunktes gab, den Eindruck, es sei in Rom wenig herausgekommen. Sehen Sie das auch so, oder haben Sie ganz andere Erfahrungen gemacht?

DIÖZESANBISCHOF JOHANN WEBER: Meine Erfahrungen sind grundsätzlich anderer Natur. Es ist sicher so, daß im Glauben vieles medial einfach nicht darstellbar ist. Man erlebt ja auch, wie schwer es ist, Seelsorge oder echte Glaubens-vorgänge in Filmen darzustellen. Mein Eindruck ist ein dreifacher:

1. Man kann die Größe eines solchen Prozesses nicht hoch genug ansetzen. Es waren Schicksale, Tragödien, Größe und Abgründe der ganzen Welt beisammen. Sie waren beisammen durch Männer, die den Namen Hirten verdienen - das ist keine Kirchenfürstenversammlung - und sie waren beisammen nicht als sich gegenseitig belauernde Parteien, wie es vielleicht in politi-schen Versammlungen sein könnte.

2. Was man auch nicht hoch genug ansetzen kann: Es war ein Atemholen, um neu zu bedenken, was denn eigentlich der Priester sei. Nicht allein: Was tun wir und was sollten wir noch mehr tun? Sondern auch: Was sind wir? Das Tun folgt aus dem Sein. Diese alte lateinische Weisheit ist wichtig. Hier war ein starkes Atemholen: Was ist denn an dem Priester dran?

3. Priester kann man nicht für sich allein sein - nicht bloß aus dem Priestermangel, der ja auf der Welt sehr unterschiedlich ist. Man soll zu Kenntnis nehmen, daß er in Österreich noch weit ärger werden wird. Andere Länder ringen nicht so sehr mit diesem Problem, aber unabhängig von großen oder kleinen Zahlen ist der Priester untrennbar mit dem ganzen Volk Gottes verbunden, und dieses Volk Gottes hat seine Würde. Die Taufe kann durch nichts überboten werden.

Das heißt, wir brauchen den deutlichen Priester, damit das ganze Volk Gottes ein deutlich von Gott gerufenes Volk sein kann. Und wir brauchen die "Laien" - wir haben leider kein anderes Wort -, damit Priester- und Ordensberufe gedeihen können. Für mich heißt das als konkreter Vorsatz: Ich möchte mit aller Intensität eine neue Solidarität betreiben, die nicht Priester gegen Laien, Männer gegen Frauen ausspielt, sondern miteinander sind wir berufen und haben eine Mission für dieses Österreich: Salz der Erde zu sein.

FURCHE: Ist nicht durch die Synode herausgekommen, daß der Priester eine Art "Gesamtkunstwerk" sein muß?

WEBER: Diese Anforderung des Priesters als "Gesamtkunstwerk" hat nicht bloß die Synode ausgedrückt, das drücken unsere Leute auch aus. Man erwartet vom Priester alles, in jeder Richtung soll er großartig sein. Auf der einen Seite ist es gut, daß man nicht nur einen Kumpel haben möchte, nicht nur einen Jobnehmer. Dahinter steht schon die Ahnung, daß hier ein Mensch diesen Beruf nicht bloß ergriffen hat, sondern berufen ist.

In einer ersten Phase der Synode war es manchmal wirklich ein bißchen blumig, und man kann natürlich Forderungen ununterbrochen aneinander addieren, aber das war nur eine Art Warmlaufphase. Es hat sich dann sehr schnell die ganze Realität widergespiegelt, wie na-türlich unsere Kräfte oft nicht reichen. Allerdings hat die Synode schon manchen Bestrebungen eine Absage erteilt, die es auch bei uns in Europa gibt: Es ist nicht so wichtig, daß er intellektuell gebildet ist, Hauptsache, er ist fromm, das genügt. Hier hat man schon gesagt, daß die Ausbildung große Sorgfalt erfordert.

Ein Priesterkandidat bringt heu-te andere Vorbedingungen mit. Er ist ein Kind unserer Zeit. Es hat einmal die "Karriere" gegeben: ein braver Bub sein, Ministrieren, Knabenseminar, Priesterseminar. Heute kommen viele Kandidaten aus völlig anderen Verhältnissen, sehr viele aus Familien, in denen es schwierig zugeht. Es gab die Idee eines "Einführungsjahres". Manhat dann offen gelassen, das nach den örtlichen Verhältnissen zu entscheiden. Da kommt man in die Spannung, die Ausbildung immer mehr zu verlängern. Ich bin hier ein wenig skeptisch, ob eine Addition von Zeit sehr viel bringt. Aber umgekehrt soll man sich nichts schenken in der Ausbildung, die soll schon sehr straff sein, ohne diese jungen Menschen in ein Glashaus zu geben.

FURCHE: Haben Sie ganz kon-kret umsetzbare Ergebnisse heim-gebracht?

WEBER: Ich werde bei der Bi-schofskonferenz einige Vorschläge bringen, ich nenne zwei Punkte:

1. eine wirklich neue Solidarität zwischen Sorge um Priesterberufe und katholischer Jugendarbeit und zwischen Sorge um Priesterberufe und Religionsunterricht. Hier leben wir viel zu sehr nebeneinander.

2. ein stärkeres Miteinander zwischen den Seminarien und den theologischen Lehranstalten beziehungsweise Fakultäten. Eine gute Erziehung muß immer eine integrale Bildung sein.

FURCHE: Noch einmal zu den "Reizthemen" vom Zölibat bis zur Priesterweihe der Frau. Sind diese Fragen Ihrer Meinung nach erledigt oder kommen sie wieder?

WEBER: Ich glaube, daß entgegen vielen Äußerungen die Leute den Zölibat schon verstehen. Sie verstehen ihn, auch wenn sie wütend darauf reagieren. Interessanterweise regen sich viele Leute darüber auf, die ihn nicht einzuhalten brauchen. Es wurde ziemlich viel davon geredet, es war aber zu meinem Erstaunen - ich war 1971 bei der Synode, wo zwei Richtun-gen sehr deutlich gegeneinander gestanden sind - ein selbstverständlicher Konsens, daran festzuhalten. Dazu mögen beigetragen haben: die Berichte vor allem aus Afrika von einem sehr hohen Priesternachwuchs, die leidenschaftlichen Wort-äußerungen aus der Dritten Welt, man solle daran festhalten, einige Wortmeldungen von Unierten, die sich sehr positiv ausgesprochen haben, obwohl sie zum Teil nicht dazu verpflichtet sind.

Es war in dem Sinn kein Streit. Man kann sich auf das Formale zurückziehen und sagen, 1971 ist es entschieden worden und damit Ende. Aus der Natur der Sache wird es immer wieder zur Sprache kommen, und man wird nicht sagen können, es ist vorbei. Aber derzeit -und hier sollte man die Bischofssynode, das sind ja fast alles gewählte Vertreter, ganz ernst nehmen - ist klar: Wir bleiben auf dieser Linie.

Zur Frauenweihe: Für mich war eine große Überraschung, das Thema ist über weiteste Teile der Welt überhaupt nicht präsent. In dem Sinn ist dann auch nicht besonders darüber debattiert worden. Manhat eher ein Staunen aus vielen Teilen der Welt verspürt: Was - darüber macht ihr euch Gedanken?

Ich habe versucht, mit meiner Wortmeldung darauf hinzuweisen, daß der Priester bei uns schojh sehr gefordert wird und seifie Lebensform von den Katholiken zuwenig gestützt wird.

FURCHE: Ist es in Zukunß geradezu unanständig, in der Kirche diese Themen anzuschneiden?

WEBER: Es gibt verschiedene Arten des Sprechens. Es giljit das Sprechen in einer echtenSorge. Dazu gibt es in der Kirchengescoichte Beispiele. Es gibt das Sprechen der redlichen Bemühung - es muß wei-tergedacht werden. Es gibt auch das Sprechen der Kirchenpqjjitik -hier möchte man- etwas einfädeln, erreichen. Und es gibt das Sprechen des Miesmachens. Ich halte es für mit sehr großer Verantwortung beladen, wenn etwa Priester von Laien entmutigt werden - wd es im Klartext heißt: Ihr seid schön dumm, daß ihr das tut. Wir müssen einander in Liebe übertreffen und bestärken. Ich halte es für eine der wirklichen Sünden, Hoffnungen, Mut und Treue bei anderen Menschen zu schwächen und zu untergraben.

FURCHE: Hat sich die derzeitige Form der Synode bewährt?

WEBER: Es hat verschiedene Vorschläge gegeben - von ständiger Synode, also ein permanent tagender Kreis, bis zu seltener Synode. Das soll sich einspielen. Hervorragend finde ich aber den Grundgedanken - die Synode ist ein Kind des Konzils. Von den 237 Teilnehmern waren nur 13 voll und acht teilweise beim Konzil. Das Konzil ist Geschichte. Ich glaube, daß nicht nur methodisch, sondern auch geistig mit den Synoden die Grundlinie des Konzils weitergetragen wird, und ich bejahe das sehr.

Das Gespräch führte Heiner Boberski.

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