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Den Riß jetzt kitten!

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Der „Riß“ in Österreichs Kirche seit der Ernennung von Kurt Krenn zum Weihbischof in der Erzdiözese Wien war zwangsläufig Hauptthema bei der Pressekonferenz im Anschluß an die Frühjahrssession der österreichischen Bischofskonferenz vorige Woche in Wien. Salzburgs Erzbischof Karl Berg, Vorsitzender der Bischofskonferenz, hofft, „daß dieser Riß durch gegenseitiges Verständnis und Verzeihen gekittet wird“.

Dabei verhehlen die Bischöfe nicht, daß die „gegenwärtigen Spannungen und die häufige Mißachtung jener Regeln zur Konfliktbewältigung, die das Neue Testament vorgibt“, sie „mit großer Sorge“ erfüllen. Und explizit verwahren sie sich gegen die „pauschalen Vorwürfe“ von Kurienkardinal Alfons Stickler. Eine Entfremdung zu Rom werde sich aber sicher nicht abspielen, betonte der Grazer Diözesanbischof Johann Weber. Offene Fragen werden spätestens im Herbst beim heuer fälligen Ad-limina- Besuch der österreichischen Bischöfe in Rom besprochen.

Wichtig erscheint das klare Bekenntnis der Bischofskonferenz, an der - wie nach Ernennungen stets üblich - auch bereits der mit

„Brüderlichkeit“ begrüßte Kurt Krenn teilnahm, zum 2. Vatikanischen Konzil und dazu, „offen für faire Kritik“ zu sein. Weber wörtlich: „Gehorsam ohne Dialog können sich Menschen nicht mehr denken. Und das ist ein Fortschritt.“

Tatsächlich ging es ja auch den allermeisten Kritikern der Krenn-Ernennung nicht um „Rebellion“ oder „Ungehorsam“, also ein totales Nicht-Akzeptieren der römischen Entscheidung, sondern um eine freimütige Äußerung dazu. Und das Recht dazu haben sich einst (man denke nur an die Liturgiereform) auch viele jener nicht nehmen lassen, die Krenns Ernennung begrüßen.

Proteste in Form von Störungen bei der Bischofsweihe am 26. April (FURCHE 15/1987) wären jedenfalls ein „bedenklicher Kulturverfall“, stellte Bischof Weber in dankenswerter Weise klar.

Daß die Diskussionen um die Art von Bischofsernennungen und über den Kurs der österreichischen Kirche weitergehen müssen, ist klar. Klar ist aber auch, daß nur Besinnung auf das Wesentliche jenen Geist vermittelt, in dem solche Konflikte in Liebe und Brüderlichkeit ausgetragen werden können. Die ersten

Christen - so unzulänglich sie uns auch in der mit allen Mängeln solcher Produkte behafteten TV-Se- rie „Anno Domini“ jüngst vor Augen geführt wurden — könnten, was Opferbereitschaft und Gemeinschaftssinn betrifft, hier sicher ein Vorbild sein.

Leider gingen auch wesentliche Sachfragen, mit denen sich die Bischofskonferenz befaßte, neben dem aktuellen Konflikt unter:

• die Jugendseelsorge, der ein Studientag gewidmet war,

• die nächste Bischofssynode zum Thema „Laienapostolat“,

• die Wiedereröffnung des Hospizes in Jerusalem,

• der Kirchenbeitrag, bei dem Wünsche an den Staat kein Echo fanden,

• der Denkmalschutz, der der Kirche unzumutbare Opfer für das Kulturland Österreich abverlangt,

• die Entwicklungshilfe, ein für Österreich peinliches Kapitel,

• der geplante Papstbesuch 1988. Man kann nur hoffen und darum beten, daß in Österreichs Kirche in Zukunft die Kräfte weniger für ein Gegeneinander in Personalfragen als für ein Miteinander in Sachfragen eingesetzt werden.

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