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Seltsame Art der Kritik

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Nicht die Tatsache, daß diese oder jene Person zum Bischof ernannt wurde, stand am Ursprung ,des derzeitigen Unmuts — als kränkend empfanden viele die Art und Weise des Vorgehens: unkollegial, vorkonziliar und vermeidbar. Nicht die Kritik an wirklichen oder vermeintlichen Ubel-ständen in unserer Kirche wirkte als solche verstörend - es waren die Methoden der Kritiker, ihr mitunter inquisitorischer Beigeschmack und konfliktsuchender Unterton, die auch die österreichischen Bischöfe verletzten.Die Richtigkeit des Kurses der Österreichischen Bischofskonferenz ist seit Aussagen von Kurienkardinal Alfons Stickler Gesprächsthema. Dazu konträre Stimmen von Laien.

Nicht die Tatsache, daß diese oder jene Person zum Bischof ernannt wurde, stand am Ursprung ,des derzeitigen Unmuts — als kränkend empfanden viele die Art und Weise des Vorgehens: unkollegial, vorkonziliar und vermeidbar. Nicht die Kritik an wirklichen oder vermeintlichen Ubel-ständen in unserer Kirche wirkte als solche verstörend - es waren die Methoden der Kritiker, ihr mitunter inquisitorischer Beigeschmack und konfliktsuchender Unterton, die auch die österreichischen Bischöfe verletzten.

Um welche Vorwürfe geht es? Um solche, „die schließlich seit

Jahren jeder kennt“ , meint Kardinal Alfons Stickler. Der Papst habe „ein Zeichen dafür gesetzt, daß gewisse Tendenzen, die nicht seinen Vorstellungen entsprechen, wieder ausgeglichen werden“ . Der designierte Weihbischof Kurt Krenn stellt hingegen fest, der Papst habe ihm gegenüber nur „mit Hochachtung“ über Österreich gesprochen. Und der Vorsitzende der österreichischen Bischofskonferenz bekräftigt, was auch Kardinal Franz König jüngst wiederholte: niemals habe Johannes Paul II. „Wünsche nach einer Korrektur unserer pastora-len Linie geäußert“ .

Was ist nun richtig? Die Widersprüche sind groß und verwirrend. Wer freilich in dem begreiflichen Unmut zahlloser (und gerade der aktivsten) Priester und Laien, an deren Romtreue kein Zweifel besteht, nur die,Jlebelli-on einer lautstarken Minderheit“ sieht, wer zugleich einen jahrelangen Sympathiemangel seitens der Hierarchie seiner Heimat beklagt: dessen Kritik gerät in ein etwas seltsames Licht.

Seit Jahren attackiert eine kleine Gruppe von konservativen Katholiken das Lebenswerk Kardinal Königs. Direkt oder indirekt wird er verantwortlich dafür gemacht, daß sich in der Kirche ein Pluralismus, ja „Meinungsbrei“ ausbreite, der die Autorität des Lehramtes schwäche, „Äquidi-stanz“ zu den Parteien erzeuge, der auf unbequeme Grundsatzaussagen verzichte, eine unzulässige „Demokratisierung“ ermögliche - das alles mit der Folge einer „Verdiesseitigung“ , ja Verkürzung des Glaubens. In detaillierter und überzeugender Form hat Heinrich Schneider diese Vorwürfe entkräftet (Antwort auf Andreas Khol, in: österreichisches Jahrbuch für Politik 1984).

Merkwürdig ist dabei zweierlei: zum einen, daß Andreas Khol bereits in seinem Artikel (im gleichen Jahrbuch ‘84) ein „Langzeitprogramm“ des Papstes bezüglich einer Kurskorrektur der österreichischen Pastoral zu entdecken vermeint, einen „neuen Auftrag“ an unsere Hierarchie, „der in seiner Tragweite offensichtlich noch nicht ganz erkannt wurde“ . Khol wörtlich (1984!): „Die Bischofsernennungen in Österreich, die Wirkung der Bischöfe auf den Klerus, all dies sind wichtige Instrumente, die aber Zeit benötigen“ .

Merkwürdig ist zweitens, daß viele der Vorhaltungen, die Khol präsentiert, heute auch bei einigen stellen im Vatikan laut werden, die weitaus gründlichere Darstellung Heinrich Schneiders aber in Rom offenbar wenig Be-

achtimg findet. Daß dies alles andere als ein Gelehrtendisput ohne Bedeutung für unsere Wirklichkeit ist, wird bei der sträflich irreführenden Darlegung des Begriffes „Volk Gottes“ durch Andreas Khol klar. Wenn die entsprechenden Ansichten auch im Vatikan Fuß fassen sollten, dann wären die Sorgen über eine Abkehr von Geist und Aussagen des Konzils durchaus verständlich!

Im übrigen heißt Erneuerung zunächst Selbsterneuerung, nicht Selbstgerechtigkeit. Das gilt für alle. Welch verengende Verkürzung, wenn man in der Frage der Empfängnisregelung und der Pastoral an den wiederverheirateten Geschiedenen unüberbrückbare Gegensätze zwischen der österreichischen Bischofskonferenz und dem päpstlichen Lehramt behauptet! Solche Konstruktionen sind für jeden gekünstelt, der die Entwicklung, auch in anderen eu-

ropäischen Bischofskonferenzen, nicht im Geiste toten Buchstabenglaubens verfolgt.

Gerade das ständige Herauspikken dieser zwei Punkte, als sei damit das Wesentliche über die Kirchensituation in Österreich ausgesagt, ist ärgerlich. Niemand wird leugnen, daß manche — europaweite - Tendenzen („Immanentismus“ , „Säkularismus“ , zu geringer Priesternachwuch^et cetera) Anlaß zu tiefer Sorge sind. Doch es ist verfälschend und ungerecht, die großen pastoralen Aufbrüche in Österreich nach dem Konzil und das Versöhnungswerk der Kirche in unserem Land zu verschweigen.

Wer das tut, hat anderes im Sinn als jene Erneuerung, zu der wir, allerdings, stets bereit sein sollten.

Der Autor ist Präsident der Katholischen Aktion Österreichs und Chef der Auslandsredaktion im ORF-Fernsehen.

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