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Christen als Alternative
Die Probleme der heutigen Kirche sind unübersehbar. Sind sie eine Folge des Konzils? Oder hat erst das Konzil die Möglichkeiten geschaffen, solche Probleme zu bewältigen?
Die Probleme der heutigen Kirche sind unübersehbar. Sind sie eine Folge des Konzils? Oder hat erst das Konzil die Möglichkeiten geschaffen, solche Probleme zu bewältigen?
Heute, 20 Jahre nach Abschluß des Zweiten Vatikanischen Konzils, gibt es viele Enttäuschte: Die einen sind enttäuscht, weil sie sich nach dem Konzil noch mehr Neuerungen erhofft haben, die anderen, weil sie dem Konzil die Schuld an manchen seither eingetretenen negativen Entwicklungen geben.
Österreichs Bischöfe, die vorige Woche in Wien zu ihrer Herbsttagung zusammentrafen, sind sich dieser Situation bewußt. Wie Weihbischof Helmut Krätzl als Pressesprecher der Bischofskonferenz feststellte, mache den Bischöfen vieles Sorgen: die schleichende Säkularisierung, die Ent-christlichung der Gesellschaft, die schwindende Zahl der Kirchenbesucher, der Priestermangel, die Kirchenaustritte, das Auseinanderklaffen von Glaube und Leben.
Wie Krätzl betonte, seien Österreichs Bischöfe aber überzeugt, daß das Konzil nicht an diesen Entwicklungen schuld sei, sondern überhaupt erst Möglichkeiten biete, solchen Entwicklungen nicht hilflos gegenüberzustehen.
Die Beschäftigung der Bischöfe mit dem Thema Konzü ging in zwei Richtungen. Einerseits gab es an die Gläubigen eine offizielle „Erklärung der österreichischen Bischöfe 20 Jahre nach Abschluß des II. Vatikanischen Konzils“, anderseits ging es darum, Österreichs Vertreter bei der außerordentlichen Bischofssynode in Rom, den Salzburger Erzbischof Karl Berg, zu beraten.
In der „Erklärung“ werden vor allem die positiven Konzilsfrüchte betont, und zwar auf fünf Gebieten:
# Kirchenbild: Kirche wird stärker als bisher als „pilgerndes Volk Gottes“ gedeutet; der verstärkte Einsatz von Laien zeige, daß sie und die Priester gemeinsam Verantwortung für die Kirche tragen.
# Ökumene: Früher wurde das Trennende, heute wird das Gemeinsame in den Vordergrund gestellt. Auf diesem Gebiet ist aber noch viel Geduld und theologische Reflexion nötig.
# Theologie und Verkündigung: Das neue Bibelverständnis hat neue Ansätze ermöglicht, vielleicht komme manchmal die theologische Aussage zu kurz. Es stehe aus, sich mit der ganzen Bibel auseinanderzusetzen. „Evangelisch leben, also im Sinne der Frohbotschaft leben, ist heute die alternative Lebensweise“, meint Bischof Krätzl.
• Liturgie: Sie hat sich in Sprache, Riten, Stellung des Altars am deutlichsten geändert und ist zur Sache aller, nicht nur des Priesters geworden. Nun sollte noch mehr Augenmerk auf eine innere Erneuerung gelegt werden. Liturgie sei auch eine Sache des Gefühls, der Schönheit und der Künste.
• Kirche in der Welt: Kirche darf nicht in der Sakristei oder in kleinen Kreisen bleiben. Es geht um Mitsorge für Mission, Entwicklungshilfe, Umwelt, Arbeit, Einsatz für Randgruppen und Gescheiterte, Frieden.
Zum letzten Punkt wurde Erzbischof Berg beauftragt, in Rom für eine gemeinsame Deklaration der christlichen Kirchen in Sachen des Friedens einzutreten (vgl. „Friedenskonzil“, FURCHE 42/85, S. 1).
Welche Wünsche und Anregungen Berg sonst noch mit auf den Weg gegeben wurden, war nicht herauszubekommen.
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