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Petrus stärkte seine Brüder

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Keine „Kopfwäsche", sondern viel Lob und Ermunterung für die Kirche in Österreich - das erlebten Österreichs katholische Bischöfe vorige Woche bei ihrem ,.Ad-limina"-Besuch (siehe auch „Zeitgespräch") in Rom.

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Keine „Kopfwäsche", sondern viel Lob und Ermunterung für die Kirche in Österreich - das erlebten Österreichs katholische Bischöfe vorige Woche bei ihrem ,.Ad-limina"-Besuch (siehe auch „Zeitgespräch") in Rom.

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Wenn nicht alle Zeichen trügen, war der Ad-limina-Besuch der österreichischen Bischöfe 1992 mehr als ein alle fünf Jahre fälliger „Rapport" mit „Kopfwäsche" und/oder Befehlsausgabe beim Papst. Die Atmosphäre war sichtlich besser als vor fünf Jahren -»damals hatte Johannes Paul II. eine „Fortschreibung" der „Maria-Troster Erklärung" zu Fragen der Empfängnisverhütung verlangt.

Wie der Pressesprecher der Österreichischen Bischofskonferenz, der Grazer Bischof Johann Weber, betonte, war von einem „An-die-Kandare-Nehmen" der Kirche Österreichs überhaupt nicht die Rede, der Papst trat als Hörender, seine Brüder Stärkender (wie es Petrus in der Bibel aufgetragen ist) und Lobender auf. Als besonders positives Signal wurde gewertet, daß Johannes Paul II. nach Einzelgesprächen mit den Ordinarien (wobei Koadjutor Christian Wemer den erkrankten Militärbischof Alfred Ko-stelecky vertrat) außer Protokoll Kardinal Hans Hermann Groer (der dann leider auch erkrankte) und alle Wiener Weihbischöfe - Helmut Krätzl, Florian Kuntner und Christoph Schönborn - zum Abendessen einlud.

Viel Lob und einige Mahnungen enthielt -die mit Spannung erwartete Ansprache des Papstes an Österreichs Bischöfe (bei „Kathpress", 1010 Wien, Singerstraße 7, Tel. 5125283, erhältlich). Der Papst gedachte darin zuerst dankbar seines Besuches von 1988 und des „Werkes von Kardinal Franz König" und lobte die Hilfe Österreichs „für Flüchtlinge, Verfolgte, Einwanderer und Notleidende aus allen Teilen der Welt".

Dann griff der Papst eines seiner Hauptanliegen, die Zukunft Europas, auf: „Wenn es in Europa zu einer neuen Begegnung mit dem Evangelium Jesu Christi kommen soll, ist zuallererst ein geistiger Aufbruch, eine neue Entschiedenheit und Freudigkeit des Glaubens unter Christen nötig. Dazu gehöre „ein mutiger Dialog mit den verschiedenen Strömungen des modernen Geisteslebens". Der Papst betonte die Wichtigkeit der Gemeinschaft der Bischöfe untereinander und mit dem Papst, mahnte, „auf die Einheit der Glaubens- und Sittenlehre, wie sie das Lehramt verbindlich vorlegt", zu achten.

Besonders ging Johannes Paul dann auf das Theologiestudium, die Priesterausbildung und den Religionsunterricht ein. Daß er für eine Theologie im „Dialog mit den anderen Fakultäten", also Theologie-Fakultäten an staatlichen Universitäten, eintritt, war nicht zu überhören, aber auch nicht sein Wunsch, es sollten „in der Regel die künftigen Priester auch von Priestern ausgebildet werden".

Daß „Lebenshilfe" und „Wahrheit" keine Gegensätze darstellen müssen, umriß Johannes Paul II. so: Wenn die „reine und unverkürzte Lehre des Glaubens" die unverzichtbare Mitte des Religionsunterrichtes sei, so könne er ,jene wahre Lebenshilfe für die jungen Menschen sein, die aus der Gnade und Wahrheit des Erlösers entspringt". Vom neuen Weltkatechismus erhofft sich der Papst, daß er „die Magna Charta der Katechese in aller Welt werden möge". Hier erwähnte er, daß Bischof Schönborn an diesem Werk „entscheidend mitgewirkt" habe, wie er kurz darauf die Federführung von Bischof Maximilian Aichern beim Sozialhirtenbrief hervorhob. Lob ernteten auch das Laienapostolat in Österreich, namentlich die Katholische Aktion, und ökumenische Bestrebungen wie die „Gemischte Katholisch-Evangelische Kommission" und die Stiftung „Pro Oriente".

Im Gespräch mit der FURCHE zeigte sich Weihbischof Florian Kuntner über folgenden Papst-Satz hocherfreut: „Mit Genugtuung habe ich erfahren, daß verschiedene kirchliche Organisationen in Eurem Land meine Besorgnis über den Golfkrieg und die kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa sowie über eine menschenwürdige Behandlung der Ausländer in bewundernswerter Weise mitgetragen haben."

Wichtig war aber nicht nur die Begegnung mit dem Papst, sondern auch, wie die Bischöfe als Gruppe zusammenwuchsen, wie sie in den Vatikan-Behörden nicht mit Vorwürfen, sondern mit Fragen, wie die Situation sei und wie Rom helfen könne, empfangen wurden und wie sie überall die hohe Wertschätzung, die Österreichs Kirche in Rom erfährt, erlebten. Ein Vatikan-Insider dazu: „Der Besuch war ein wichtiges Kommunikationsereignis für die Bischöfe untereinander, ein Ereignis der Brüderlichkeit, eine gemeinsame Pilgerfahrt. Er war nicht von den in Österreich üblichen Auseinandersetzungen, sondern von .Zusammensetzungen', vom oftmaligen Zusammensitzen, geprägt."

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