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Unter den Arkaden von St. Peter

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Unter den Arkaden von St. Peter ist es in diesen Tagen nicht viel weniger heiß als anderswo in Rom, aber gelegentlich weht der Wind von den großen Brunnen auf dem Petersplatz doch ein wenig Kühle herüber. Freilich, wenn dann wieder ein schwerer Regenguß niedergeht, dann bieten auch die Arkaden von St. Peter wenig Schutz. Das Wetter in Italien ist so verrückt in diesem Sommer wie in ganz Europa, ja in der ganzen Welt. Bald aber werden auch die Römer Urlaub machen und an die See oder ins Gebirge fahren. Auch der Papst wird dann nach Castel Gandolfo fahren, um sich ein wenig in der frischen Luft der Albanerberge zu erholen und ein bißchen von seiner Arbeit auszuspannen. Über seiner Wohnung, in der fast jeden Abend bis spät in die Nacht hinein noch das Licht brennt, wird eine Art Dachterrasse gebaut, um dem Papst die Möglichkeit zu geben, ein wenig frische Luft zu atmen. Der Gang in die Vatikanischen Gärten kostet ihn zuviel Zeit, und mit der Zeit geizt der Papst. Er arbeitet zuviel, sagen die Römer. Er arbeitet zuviel, sagen auch die Ärzte und die Kardinäle. Kardinaldekan Tisserant hat nicht umsonst in der GlücJciounschadresse der Kardinäle zum Namenstag des Papstes den Heiligen Vater gebeten, er möge mehr auf seine Gesundheit achten.

Die Fahrt nach Castel Gandolfo soll der Erholung dienen. Aber man spricht in Rom auch von anderen Fahrten des Papstes, die gewiß keine Erholungsreisen sein würden.

Die Reise des Papstes nach New York sei, so heißt es, im Prinzip eine beschlossene Sache. Es gehe nur noch um protokollarische Einzelheiten und um die Frage des Termines. Soll der Papst nur die Vereinten Nationen in New York besuchen und damit sozusagen im exterritorialen Bereich bleiben? Würden die amerikanischen Bischöfe und die amerikanischen Katholiken, deren Opferfreudigkeit die Kirche so viel zu verdanken hat, damit einverstanden sein? Sollte er, wenn er schon in Amerika ist, die Vereinigten Staaten nicht auch selbst besuchen. Johnson, so sagt man, hätte ihn eingeladen. Würde damit aber nicht der ganze kommunistische Osten einen Vorwand haben, um von einer politischen und finanziellen Abhängigkeit des Papstes zu sprechen? Und wann soll der Papst nach New York fahren? Im Herbst, wenn die Vollversammlung wieder tagt und die Feierlichkeiten zum zwanzigjährigen Bestehen der UNO noch nachwirken? Kann aber der Papst Rom während der vierten und entscheidenden Konzilssession auf längere Zeit verlassen? Es wird also kaum noch in diesem Jahr sein, sondern vielleicht eher im nächsten Frühjahr nach Konzilsende, daß Paul VI. in eigener Person der UNO-Vollversammlung jene Konzilsbeschlüsse vorlegen und interpretieren kann, die für die Weltgemeinschaft von Interesse sind.

Im nächsten Jahr soll es aber auch unter Umständen eine Papstreise nach Polen geben. Natürlich wird

offiziell nicht darüber gesprochen, aber daß der Papst gerne nach Polen fahren würde, das ist unter den Arkaden von St. Peter schon lang kein Geheimnis mehr. Vor kurzem war ein Abgesandter der „Pax“, jener regimetreuen kaholi-schen Organisation Polens, in Rom, angeblich, um über diese Polenreise des Papstes zu verhandeln. Er hat sich vergeblich bemüht, im Vatikan empfangen zu werden. Niemand hat dort ein Interesse, ausgerechnet die „Pax“ aufzuwerten. In Rom rechnet man aber, daß bald ein neuer und qualifizierter Emissär aus Polen in Rom auftauchen wird, man denkt an den Abgeordneten Zawieski, der als Katholik Mitglied des polnischen Staatsrates ist. Eine Polenreise des Papstes wird nicht nur von den Polen, sondern auch von den anderen Ländern des kommunistischen Ostblocks als eine ganz große Angelegenheit betrachtet. Im Ostblock selber würde eine Reise des Papstes nach Polen für dieses Land einen gewaltigen Prestigegewinn bedeuten. Auch aus anderen Ländern hört man die Meinung, daß es gut wäre, den Faktoren Religion, Kirche, Vatikan ähnliche Beachtung zu schenken wie in Polen.

Aber vor all diesen Reisen oder Reiseplänen liegt noch die vierte, abschließende Konzilssession. Sie wird nicht nur über den Ausgang des Konzils entscheiden, sie wird das Antlitz der Kirche für viele Jahrhunderte prägen. Auch darüber macht man sich seine Gedanken unter den Arkaden von St. Peter.

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Von den 14 in Österreich vorgesehenen Pädagogischen Akademien werden fünf, und zwar in Krems, Linz, Graz, Zams (Tirol) und Wien, von der Kirche gegründete Privatanstalten sein.

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Der Vatikan hat nunmehr offiziell die Reise einer Abordnung des römischen Einheitssekretariates nach Osteuropa bekanntgegeben. Bischof Willebrands und Pater Dupre besuchten die Sowjetunion, Bulgarien und Jugoslawien. In Moskau statteten sie dem orthodoxen Patriarchat einen Besuch ab, begaben sich weiter nach Kiew, Pskow und Leningrad und besuchten schließlich die Georgische Kirche und die Armenisohe Kirche von Etschmidzin.

Wenn die Kirche nicht mehr eine Kirche des Gespräches sei, verlasse sie die von Christus vorgezeichnete Linie, erklärte der Konzilstheologe P. Mario von Galli in Bamberg. Als Hindernis des Gespräches des Papstes mit der Kirche bezeichnete Galli den päpstlichen Hof, der nicht von Christus sei und weg müsse.

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Die neue rumänische Verfassung sichert allen Bürgern freie Religionsausübung zu. Es heißt allerdings, daß die Art der Organisation und Betätigung der religiösen Kulte gesetzlich geregelt wird. Religionsgemeinschaften können keine anderen Lehranstalten unterhalten als Seminare für die Ausbildung der Geistlichen.

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Drei Viertel der französischen Katholiken befürworten die Liturgiereform, nur neun Prozent der französischen Meßbesucher lehnen die Liturgiereform ab. Dies geht aus einer Untersuchung der französischen Wochenzeitung „La vie Catholique Illustre“ hervor. *

Die Erzbisqhöfe und Bischöfe des brasilianischen Staates Sao Paulo haben beschlossen, daß die Pflicht zum Besuch der heiligen Messe an Sonn- und Feiertagen schon ab Mittag des Vortages erfüllt werden kann.

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An dem seit dem Jahre 1960 von der Katholischen Sozialakademie durchgeführten Politisch-sozialen Fernkurs, der jeweils zwei Jahre dauert, haben bisher 3000 Personen teilgenommen.

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Unter den amerikanischen Katholiken hat sich eine Bewegung der „Traditionalisten“ gebildet, die gegen die vom Konzil eingeleitete innerkirchliche Erneuerung opponiert. Vor allem wird gegen den Gebrauch der Volkssprache in der Liturgie gegen die aktivere Teilnahme der Laien, gegen die ökumenischen Initiativen der Kirche sowie gegen alle Neuerungen polemisiert, die die katholische Kirche nach Ansicht dieser Gruppe „protestantisch“ mache.

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Das Generalkapitel der Gesellschaft Jesu hat sich bis zum 6. Dezember des kommenden Jahres vertagt. Da viele der zu diskutierenden Probleme noch auf der Tagesordnung des Konzils stehen, will man erst das Konzilsende abwarten, bevor innerhalb des Ordens engültige Entscheidungen getroffen werden.

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Der Apostolische Administrator von Prag, Bischof Tomasek, war in den letzten Monaten bemüht, bei den Behörden die Wiederzulassung von etwa 1000 mit „Berufsverbot“ belegten Priestern für die Seelsorge zu erwirken.

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Vier erfahrene Konzilsbeobachter werden den Lutherischen Weltbund auch bei der vierten Sitzungsperiode des Vatikanischen Konzils in Rom vertreten: Doktor Vajta (Straßburg), Bischof Silen (Väste-ras, Schweden), Dr. Quanbeck (St. Paul, Minnesota) und Doktor Skydsgaard (Kopenhagen).

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Die Generalkongregation der Gesellschaft Jesu hat sich bei ihrer eben abgeschlossenen ersten Session besonders dem Phänomen des Atheismus gewidmet.

Die Kolpingfamilien in Österreich wollen noch in diesem Jahr mit dem Bau von fünf Kolping-häusern in Poysdorf, Zistcrsdorf, Floridsdorf, Krems und Kapfen-berg beginnen.

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