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Dank an den Präsidenten

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Einen „tiefempfundenen Dank“ sprachen Österreichs Bischöfe anläßlich ihrer Frühjahrstagung dem scheidenden Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger aus. Wörtlich heißt es in der veröffentlichten Erklärung: „Neben der menschlichen Art, mit der er für alle Staatsbürger sein Amt versehen hat, wissen ihm die Katholiken Österreichs vor allem dafür Dank, daß er aus seiner christlichen Uberzeugung kein Hehl gemacht hat.“

Obwohl es den Bischöfen demnach nicht gleichgültig zu sein scheint, ob ein überzeugter Christ an der Spitze des Staates steht oder nicht, wollen sie wie bisher in der Zweiten Republik keine Wahlempfehlung für die bevorstehende Präsidentenwahl abgeben. Dieser Verzicht sei, so der steiri-sche Diözesanbischof Johann Weber, „eines der großen Güter nach einer sehr schmerzvollen Geschichte“. Die Wähler seien mündig genug, eine solche Gewissensentscheidung ohne Empfehlung der Bischöfe zu treffen.

Erster Schwerpunkt dieser Frühjahrstagung war ein Studiennachmittag zum Thema Religionsbücher. Schulbischof Helmut Krätzl, Pressesprecher der Bischofskonferenz, gab unumwunden zu, daß heute bereits vielfach Kinder kaum religiöse, noch seltener christliche Erfahrungen aus der Familie in die Schule mitbringen. Man sei sich aber einig, daß es in dieser Situation nicht so sehr auf das Lehrbuch als vielmehr auf die Lehrer ankomme.

In der Vorbereitung der nächsten ordentlichen Bischofssynode in Rom, „Berufung und Sendung der Laien in Kirche und Welt“, ist man einen Schritt weitergekommen. Eine österreichische Stellungnahme zum Diskussionspapier „Lineamenta“ ist unterwegs nach Rom, wo ein neues Dokument („Instrumentum laboris“) ausgearbeitet und wieder in die Diözesen geschickt wird. Für die Bischofssynode wurde der Linzer Diözesanbischof Maximilian Aichern als Vertreter der österreichischen Bischofskonferenz nominiert.

Der Sorge um die Familie als „Fundament der Gesellschaft“ galt eine ausführliche Erklärung der Bischöfe. Die vollständige Familie als das anzustrebende Ziel sei heute in Frage gestellt, meinte Helmut Krätzl, unter Vorgabe einer falschen Liberalität setze man Ehe auf Dauer und andere Lebensgemeinschaften gleich.

Gegen diese Tendenzen, die auch der Entwurf des neuen Jugendwohlfahrtsgesetzes erkennen läßt, erhebt die Kirche die Forderung, sich um bessere materielle und ideelle Rahmenbedingungen zu bemühen, damit Ehe und Familie gelingen können. In der Erklärung der Bischöfe wird ein ausgewogenes System von Steuererleichterungen und Beihilfen, ein familiengerechtes Einkommen verlangt und daneben Kritik an der derzeitigen Handhabung des Karenzgeldes und der Behandlung kinderreicher Familien geübt.

Sorgen machen sich die Bischöfe auch um den Sonntag, der laut Johann Weber einer „Verwirt-schaftlichung des Lebens“ - wie es in der Enzyklika „Laborem exercens“ heißt — zum Opfer zu fallen droht.

Es handle sich beim Sonntag nicht nur um einen Feiertag der Christen, sondern um ein Grundelement unserer Kultur. Dieser Tag könne nicht durch eine „gleitende Woche“ mit beliebig zu verlagernder Arbeits- und Freizeit ersetzt werden. Aus diesem Grund appellieren die Bischöfe an die Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport, die Bedeutung des Sonntags für den Menschen, die Familie und die Humanität zu beachten.

Unbeantwortet mußte von den Bischöfen die Frage nach dem nächsten Wiener Erzbischof bleiben. Man müsse darauf gefaßt sein, so Krätzl, daß die Sedisva-kanz wie in München über ein Jahr dauere, hoffe aber, daß es in Wien doch schneller gehe.

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