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US-Bischöfe eingebremst

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Das vor dem Scheitern stehende Projekt „Frauen-Hirtenbrief" der US-Bischöfe widerspiegelt die vatikanische Kirchenpolitik der letzten Jahre. FURCHE-Redak-teur Heiner Boberski geht in seinem am 11. November erscheinenden Buch über Bischofsernennungen darauf ein.

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Das vor dem Scheitern stehende Projekt „Frauen-Hirtenbrief" der US-Bischöfe widerspiegelt die vatikanische Kirchenpolitik der letzten Jahre. FURCHE-Redak-teur Heiner Boberski geht in seinem am 11. November erscheinenden Buch über Bischofsernennungen darauf ein.

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Mit 33 Metropolen, weiteren 153 Bischofssitzen, einem Exarchat und dem Militärordinariat hat die katholische Kirche der USA einen relativ bedeutenden Anteil am Weltepiskopat. Die Stellungnahmen der Bischofskonferenz fallen aber nicht nur durch die Zahl der Bischöfe, sondern auch hinsichtlich der Qualität des Inhalts ins Gewicht. Die US-Bischöfe sind mit deutlichen Papieren zu brisanten Themen wie Atomrüstung, Wirtschaft, Umwelt, Euthanasie an die Öffentlichkeit getreten. Sie haben das Kolumbus-Jahr zum Anlaß genommen, sich mit den Indianern des Landes zu solidarisieren und zur aktiven Unterstützung von deren Anliegen zu verpflichten.

Und sie haben auch ihre Kritik am Vatikan mitunter nicht verhehlt. So stieß der Entwurf für ein vatikanisches Dokument über die Kompetenzen von Bischofskonferenzen vor allem bei den amerikanischen Bischöfen (die man offenkundig auch damit treffen wollte) auf Widerspruch. Der frühere Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Erzbischof John May, widersprach der römischen Meinung, daß Bischofskonferenzen keine Lehrautorität zukomme. Sie, könnten natürlich „keine Dogmen verkünden", aber sie hätten ein „doktrinäres Mandat" und seien ein Organ „wahrhafter Kollegialität".

Und im Frühjahr 1990 kritisierte ein Komitee der US-Bischofskonferenz den Weltkatechismus-Entwurf: Es werde darin nicht zwischen Dogmen und populären Glaubensüberzeugungen unterschieden, den Laien werde eine passive Rolle in der Kirche zugeschrieben, die Kompetenz der Bischofskonferenzen vernachlässigt und die Entwicklung der neuen Theologie nicht berücksichtigt.

Des öfteren mußten die amerikanischen Bischöfe bereits ihre Positionen im Vatikan rechtfertigen, auch jene zur Stellung der nationalen Bischofskonferenzen...

Vor allem erregte auch der geplante Hirtenbrief der US-Bischöfe zum Thema „Frau und Kirche" das Interesse Roms. Schließlich hatte der Papst bei seinem USA-Besuch 1987 seinen Standpunkt deutlich gemacht, daß Frauen nicht zum Priestertum berufen seien. Und als 1988 in der Episkopalkirche der USA die Bischofsweihe einer Frau bevorstand, sprach sich der Vorsitzende der Ökumenekommission der US-Bischofskonferenz, der zum konservativen Flügel gezählte Erzbischof Francis Stafford (Denver), dagegen aus, denn dieser Schritt würde ein „Hindernis im Prozeß der Versöhnung" bedeuten.

Die US-Bischöfe wurden im Mai

1991 in Rom zur „Behutsamkeit" gemahnt, die Kurie zeigte sich besonders wegen der möglichen Auswirkungen eines solchen Hirtenbriefs auf andere Ortskirchen besorgt. Trotz ernster Einwände von Kardinal Joseph Ratzinger gegen den zweiten Entwurf dieses Hirtenbriefs arbeite man an einem dritten Entwurf weiter, schrieb im Sommer 1991 die als konservativ geltende US-Wochenzeitung „National Catholic Register" unter Zitierung des Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz, Erzbischof Daniel Pilarczyk (Cincinnati).

Wie weit die Zerwürfnisse in der US-B ischofskonferenz gediehen sind, zeigte sich bei der Vollversammlung

1992 in der Notre Dame University in South Bend, Indiana. Dort wurde erstmals in öffentlicher Sitzung über den dritten Entwurf zum Hirtenbrief „Frau in der Kirche" debattiert. Danach erklärte der Vorsitzende der Hirtenbrief-Kommission, Bischof Joseph L. Imesch, nur ein Wunder könne das Projekt noch retten. So deutete alles daraufhin, das seit neun Jahren in Arbeit befindliche Dokument werde auch in neuerlich überarbeiteter Form bei der Abstimmung im November 1992 abgelehnt werden.

Kardinal Joseph Bernardin, Erzbischof von Chicago, hält die Forderung nach der Priesterweihe für Frauen für entscheidend für das erwartete Scheitern. Charles Buswell, Altbischof von Pueblo in Colorado, warf der Kirche vor, sie mache sich „des Sexismus schuldig, wenn sie der Hälfte ihres Volkes die Ordination verweigert, weil sie Frauen sind". Andere Bischöfe kritisierten, daß der Entwurf nur die „Sünde des Sexismus" verurteile, aber nicht ausspreche, daß „radikaler Feminismus ebenso eine Sünde" sei, so Bischof Eiden Curtiss von Helena, Montana. Laut einer zeitgleich mit der Tagung veröffentlichten Gallup-Umfrage sind bereits zwei Drittel der US-Katholiken für die Priesterweihe der Frau, 1985 waren es nur 47 Prozent, 1974 sogar nur 29 Prozent der Katholiken gewesen.

Inzwischen liegt bereits der vierte Entwurf des Briefs vor, der zeigt, daß dem Schreiben gegenüber seiner Erstfassung bereits alle Zähne gezogen worden sind. Viele Bischöfe rechnen gar nicht mehr damit, daß ein beschlußfähiger Text zustandekommt.

So wurde die US-Bischofskonferenz durch ständige Mahnungen Roms, aber auch durch das laufende Nachbesetzen der Bischofssitze mit konservativen Kandidaten im Laufe der Jahre total eingebremst.

Gekürzter Vorabdruck aus: DIE DIVISIONÄRE DES PAPSTES. Bischofsernennunen unter Johannes Paul II. Von Heiner Boberski. Otto Müller Verlag, Salzburg 1992, ca. 360 Seiten, öS 298,-.

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