Kulturkampf, katholisch

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Dass drei Viertel der katholischen US-Bischöfe sich auf den Weg zu einer Kommunionverweigerung für Präsident Joe Biden machen, hat auch eine weltkirchliche Dimension. Und macht fassungslos.

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Dass drei Viertel der katholischen US-Bischöfe sich auf den Weg zu einer Kommunionverweigerung für Präsident Joe Biden machen, hat auch eine weltkirchliche Dimension. Und macht fassungslos.

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Die spinnen die Amis, mögen sich Katholikin und Katholik diesseits des Atlantiks denken, wenn sie den verbissenen Kulturkampf beobachten, dessen sich die US-Bischöfe befleißigen: Gleich drei Viertel der Hirten stimmten für die Ausarbeitung eines Dokuments zur Eucharistie, das kaum kaschiert vor allem die Verweigerung der Kommunion für Politiker zum Thema hat, die in der Abtreibungsfrage nicht die Lebensschutzpositionen der Kirche politisch auch eins zu eins umzusetzen suchen. Insbesondere richtet sich der Vorstoß gegen Präsident Joe Biden und die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi, beide praktizierende Gläubige.

Da steht erst zum zweiten Mal ein Katholik – und Angehöriger der größten Konfession im Land – an der Spitze der USA, und ihm wird von den eigenen Religionsführern sein Katholischsein abgesprochen sowie der Status eines Todsünders zugewiesen. Unfassbar. Natürlich gibt es in der US-Politik eine Menge Themen, wo – gelinde gesagt – ein Spannungsverhältnis zur Verkündigung der Kirche besteht: Todesstrafe (die im Übrigen nach einer jüngsten Umfrage 58 Prozent der US-Katholiken befürworten!), die Migrations- und Flüchtlingspolitik, die Verwerfungen an Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit durchs globale Agieren der USA, Ökologie ... Doch die erzkonservative Agenda der katholischen Bischofsmehrheit kennt nur das Lebensschutzthema, hinter dem dann noch Genderfragen oder der Umgang mit Homosexuellen lauern.

„Nicht die einzigen Angelegenheiten“

Sogar der Vatikan suchte, die US-Bischöfe zu bremsen: Kardinal Luis Ladaria, der Präfekt der Glaubenskongregation, bat die Bischöfe in einem Brief eindringlich, zuerst Einigkeit zu erreichen, bevor sie ein Dokument wie das geplante in Auftrag geben. Ladaria argumentierte gleichfalls, dass Lebensschutzfragen „nicht allein die einzigen schwerwiegenden Angelegenheiten der katholischen Moral- und Soziallehre darstellen, die die volle Rechenschaftspflicht seitens der Katholiken erfordern“. Auch der Nuntius flehte die letzte Woche online versammelten Bischöfe an, die Sache zu verschieben. Vergeblich.

Die von Franziskus ernannten US-Kardinäle waren bei der Minderheit jener, die das Dokument zum jetzigen Zeitpunkt verhindern wollten. Allerdings: Selbst wenn die Bischofskonferenz die Kommunionverweigerung empfehlen sollte, muss sich kein Diözesanbischof daran halten. Kardinal Wilton Gregory von Washington, der für den Präsidenten unmittelbar zuständige Bischof, hat längst angekündigt, Joe Biden keineswegs die Kommunion verweigern zu wollen.

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