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Einer Wahrheit verpflichtet

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Gesprächspartner für Professoren und Studenten, Herausforderer für die Wissenschaftler möchte Weihbischof Krenn in seinem neuen Tätigkeitsbereich sein.

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Gesprächspartner für Professoren und Studenten, Herausforderer für die Wissenschaftler möchte Weihbischof Krenn in seinem neuen Tätigkeitsbereich sein.

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FURCHE: Welche Schwerpunkte werden Sie als Weihbischof der Erzdiözese Wien in den Bereichen Kultur, Wissenschaft undKunst setzen? Auf welche Erfahrungen ous Ihrer bisherigen Tätigkeit können Sie dabei aufbauen?

KURT KRENN: Die Bestellung für diese bestimmte Aufgabe ist bisher erst einmal erfolgt: Für die Stadt Rom wurde vor wenigen Jahren ein Weihbischof mit diesen Aufgaben bestellt. Ich könnte mir vorstellen, daß diese Bestellung Anerkennung für Wien bedeutet, daß die kulturelle Größe imd Tradition dieser Stadt einen solchen Auftrag rechtfertigt.

Absichtserklärungen sind voreilig. Ich kann nur Grundsätze für meine neue Tätigkeit angeben. Im strengen Sinn bin ich kein Kunst-, Musik- oder Literaturexperte wie manche andere. Ich habe zu diesen Bereichen geistigen Schaffens durch die Philosophie ein vor allem denkerisches Grundverhältnis. Nicht zuletzt ist es die Ästhetik, mit der sich auch die Philosophie beschäftigt.

Besonders nahe liegt mir die Wissenschaft in ihren grundsätzlichen Fragestellungen. Ich habe mich auch immer wieder mit der Wissenschaftstheorie auseinandergesetzt.

FURCHE: Welche Vorstellungen haben Sie für die Betreuung des Bereiches der Wissenschaften? Haben Sie Kontakte zur Wiener Universität?

KRENN: Meine Kontakte kommen aus einer eher persönlichen Perspektive. Ich kenne einige Kollegen an der Theologischen Fakultät, auch Professoren ande-

rer Fakultäten in Wien. Die Kontakte sind noch nicht allzu zahlreich. Es gibt eine Reihe recht guter menschlicher Kontakte. Ich selbst habe in Linz, Rom, Tübingen und München studiert und in Linz, St. Pölten, Regensburg, Eichstätt und Parma gelehrt.

Meine Brüder haben in Wijen studiert und hatten zu Prälat Karl Strobl ein sehr gutes Verhältnis. Sie haben in der Ebendorferstra-ße gewohnt.

FURCHE: Im Augenblick scheint ja die Katholische Hoch-schulgefieinde eher in einem Tief zu sein, ohne geeigneten Seelsorger. Wird sich das jetzt ändern?

KRENN: Der guten und konstruktiven Wünsche sind viele, die ich natürlich mittrage. Was sich da machen läßt, kann ich noch nicht konkret sagen. Aber ich werde mir alles sehr genau ansehen und sobald wie möglich etwas tun.

FURCHE: Derzeit fehlt in Wien bekanntlich der hauptamtliche Hochschulseelsorger.

KRENN: Uber diese Fragen in Wien bin ich noch nicht genauer informiert. Ich werde intensive Gespräche führen, zunächst einmal mit den Verantwortlichen, natürlich auch mit den Studenten. Man muß auch ermutigen. Schwierigkeiten ergeben sich oft dadurch, daß kein Zusammenhalt da ist und viel Gutes unter dem Problem der Isolation leidet. Mir wird es weniger darum gehen, überall mitzureden. Man muß vor allem die Menschen für Gott gewinnen. Wir brauchen Menschen, die auch ein gutes Verhältnis zur

Kirche haben, überzeugende Christen sind.

Ich glaube, daß es sehr wichtig ist, Herausforderungen und Ziele zu fördern, nicht nur zu reagieren. Wir müssen von selten der Kirche sagen: Wir brauchen dich. Gespräche und Dialoge werden leider zu bloßen Kompromissen und bringen nichts, wenn es nicht eine gemeinsame Wahrheit gibt, der man gehorsam ist. Wahrheit ist unteilbar.

Wir können nicht alles „machbar machen". Vielen Menschen werden die Grenzen der Machbarkeit heute deutlich. Das Prinzip der unbegrenzten Machbarkeit ist zu überprüfen, auch in den Bereichen des geistigen und kulturellen Tuns. Versöhnung ist notwendig, aber wir müssen wissen, in welcher Nähe wir zur Wahrheit stehen.

FURCHE: Aber die Wahrheit wird ja immer von Personen vertreten, deren Subjektivität auch in die von ihnen vertretene Wahrheit einfließt.

KRENN: Dem stimme ich zu, aber die Wahrheit ist noch etwas anderes als das bloße Interesse des anderen. Das Interesse spielt natürlich mit und muß geachtet werden. In vielen Bereichen halten wir jedoch alles für verhandelbar, alles für machbar. Hier kommen wir nicht weiter. Ein Dialog, der nur Austausch von Interessen wäre, ist ohne Leben. Wir aber leben von einem Ursprung heraus, aus einer Wahrheit, die nicht verfügbar ist, die wir jedoch kennen, ei ahnen und suchen sollen. So muß man auch den Glauben immer wieder einbringen.

FURCHE: Nähern wir uns nicht im Dialog, im Austausch immer stärker an die Wahrheit an?

KRENN: Das Annähern bleibt ein Annähern und ist nicht selbst schon die ganze Wahrheit. Nur so bleibt die Frage nach der Wahrheit, nach Gott, nach dem Glauben auch in der Kultur,des Geistes in der richtigen Perspektive.

FURCHE: Sie wollen mehr vom christlichen Menschenbild in die Wissenschaft, in die Kunst, in die Kultur einbringen. Bedeutet das verstärkte Kontakte mit jenen Wissenschaften, wo derzeit das christliche Menschenbild am stärksten gefährdet scheint?

KRENN: Für das Wissen sind die Forscher und Lehrenden zuständig, aber ethische Maßstäbe sollen die menschenwürdigen Grenzen festlegen und die Forschungsrichtung mitbestimmen. Oft fragt man nicht, ob man „darf", sondern nur, was man „kann". Hier müssen wir die Zei-

chen der Zeit erkennen; in den letzten zwanzig Jahren ist ein Vertrauensbruch gegenüber aller Machbarkeit entstanden.

Eine Besinnung auf die Ethik findet statt. Diese Ethik bedarf einer Begründung in der Würde der von Gott geschaffenen menschlichen Person. Wenn wir aussprechen, daß das christliche Menschenbild eine Würde der Person vertritt, die von nichts überboten werden kann, bringt dies auch in der Wissenschaft, in der Kunst eine neue Ordnung.

FURCHE: Werden Sie also an der Universität etwa mit Biologen persönlichen Kontakt suchen?

KRENN: Es geht nicht allein um das persönliche Gespräch, das allerdings das wichtigste ist, es werden auch gemeinsame Veranstaltungen, irgendwie ein gemeinsames Programm notwendig sein. Etwas gemeinsam zu organisieren, wäre freilich noch zu wenig. Wir müssen versuchen, das zu Ende zu denken, was die Wissenschaft noch nicht zu Ende denkt. Wir werden immer wieder selbst Aufgaben stellen, Anstöße geben müssen. Geistig schaffende Menschen haben nichts lieber als Aufgaben, als mit Vertrauen herausgefordert zu werden. Wir müssen den Menschen in der Wissenschaft sagen, daß wir sie brauchen.

FURCHE: Gemeinsame Veranstaltungen und Überlegungen können aber nur auf freiwilliger Basis stattfinden.

KRENN: Selbstverständlich. Dazu hat die Vernunft ihre eigene Autorität, die gemeinsam zu entdecken und in Ubereinstimmung mit dem Glauben zu bewahren ist.

FURCHE: Welche Erfahrungen haben Sie mit fakultätsübergrei-fenden Initiativen?

KRENN: Nur als Beispiel: In Linz habe ich Anfang der siebziger Jahre’an der Kepler-Universi-tät Vorlesungen zur Umweltethik gehalten. In Regensburg werden Veranstaltungen dieser Art regelmäßig als „Foren" abgehalten.

FURCHE: In der Osterreichischen Bischofskonferenz war bisher für den Bereich Kunst und Kultur Bischof Kapellari zuständig. Wird sich das ändern?

KRENN: Sicher nicht. Ich bin für die Erzdiözese Wien zuständig.

FURCHE: Für die Kunst werden Sie jetzt mit den zuständigen Personen Kontakt aufnehmen? Werden Gespräche stattfinden mit Künstlern, mit Seelsorgern, die sich schon bisher mit diesen Bereichen beschäftigt haben?

KRENN: Ich glaube, daß immer schon sehr viel Positives geschehen ist. Eine meiner Hauptauf ga-

ben ist es, daß man dies auch erkennt, daß vieles Gute und Große längst geschieht. Ich lasse mich gerne von jenen belehren, die es besser machen, und helfe dort, wo ich etwas beitragen kann. Ich möchte nicht das Gute, das besteht, stören oder gefährden. Aber es ist wichtig, oft isolierte Positionen zusammenzuführen. Auch das ist Seelsorge, daß man das Gute sieht, es nennt und sich auch bedankt.

FURCHE: Nicht nur die Kirche hat den Künstlern etwas zu sagen, sondern auch die bildende Kunst und die Literatur haben der Kirche etwas zu sagen.

KRENN: Ja, natürlich. Ideal wäre ein v^rklich gegenseitiger Austausch, in dem die Kirche viel zum Heil und zum geistigen Glück des Menschen beitragen kann.

FURCHE: Sie möchten sich also verstärkt in dieses Gespräch Kunst und Kirche einbringen und nicht nur hören, sondern auch auffordern?

KRENN: Und dort auch wirklich das Gute sehen. Wir haben in der Metaphysik gelernt, daß die gottgeschaffene Wirklichkeit wahr, gut und schön ist.

FURCHE: Haben Sie die Ent-uncklung um den Verlag Herold mitverfolgt, oder werden Sie sich in Hinkunft damit beschäftigen?

KRENN: Ich weiß darüber nur das, was ich in den Zeitungen gelesen imd im Rundfunk gehört habe.

Mit dem künftigen Wiener Weihbischof sprach Leonore Rambosek.

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