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Mehr als Routine

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Im Grunde ist es ein Routinebesuch, den Österreichs Bischöfe nächste Woche dem Papst abstatten (sofern man eine solche doch nur in größeren Abständen stattfindende Begegnung als Routineangelegenheit sehen kann). Alle fünf Jahre ist eine solche Reise „ad limina“ (an die Schwellen der Apostelgräber) kirchenrechtlich vorgesehen, daß heuer wenige Wochen vor dem — vom Herbst auf den Juni vorgezogenen — Reisetermin Differenzen innerhalb der Kirche Österreichs auftreten würden, war sicher nicht geplant, verschafft aber dem Besuch wohl erhöhte Aufmerksamkeit der Medien und der Katholiken dieses Landes.

Im Gepäck der österreichischen Oberhirten wird sich dank der Katholischen Aktion Österreichs (KAÖ) und insbesondere ihres geistlichen Assistenten Heinrich Schnuderl ein Schriftstück befinden, mit dessen Zustandekommen man gar nicht mehr gerechnet hatte: ein „Fünfjahresbericht 1982-1987 über den Stand der gesellschaftlichen Wirksamkeit der katholischen Kirche in Österreich“.

War für die Ad-limina-Besuche 1977 und 1982 - einer Empfehlung des österreichischen Synodalen Vorganges von 1974 folgend - der jeweilige Fünfjahresbericht im Auftrag der österreichischen Bischof skonferenz unter Federführung des österreichischen Pasto- ralinstituts entstanden, so trägt für den Bericht 1987 das Präsidium der Katholischen Aktion Österreichs die alleinige Verantwortung. Die einzelnen Beiträge sind namentlich gezeichnet, um klarzustellen, daß mitunter die subjektive Sicht des Verfassers durchschlägt, daß einfach keine Zeit war, bestimmte Themen ausführlich zu diskutieren.

Denn der Startschuß zu diesem Bericht fiel erst bei der KA-Kon- ferenz Mitte Februar in Salzburg,

als die Delegierten—noch vor dem „Fall Krenn“ — Sorge über die belasteten Beziehungen zwischen der Kirche in Österreich und den vatikanischen Zentralstellen gerade in der Frage von Bischofsernennungen zum Ausdruck brachten und auch die Gefahr einer einseitigen Information nach Rom über inner kirchliche Vorgänge in Österreich sahen.

Daß diese Gefahr besteht, zeigten in jüngster Zeit nicht nur die -

von den österreichischen Bischöfen einhellig zurückgewiesenen - Äußerungen des österreichischen Kurienkardinals Alfons Stickler, sondern schon vor genau einem Jahr - am 6. Juni 1986 - ein Artikel von Tommaso Ricci in der italienischen Zeitschrift „Trenta gior- ni“, in dem der Kirche Österreichs konkret folgende Vorwürfe gemacht werden:

• Niedergang des kirchlichen Lebens,

• „demoskopische Moral“,

• schwerfällige Bürokratie,

• antirömische Haltung,

1 Annäherung an die Sozialistische Partei.

Nicht nur der den Fünfjahresbericht abschließende Beitrag des Linzer Theologen Wilhelm Zauner, der sich ausführlich mit Ricci auseinandersetzt, sondern der gesamte Bericht revidiert oder relativiert zumindest Riccis abwertende Sicht eines „Donaukatholizismus“, der sich auf einem gefährlichen Weg befinde.

Es gibt Beobachter, die Parallelen zwischen dem „Fall Waldheim“ und der „Causa Krenn“ sehen: Beide Male hätten Gruppen im Inland versucht, durch die gezielte Weitergabe einseitiger Informationen an das Ausland ihre Interessen im Inland durchzuset zen, in beiden Fällen seien die Folgen für das Ganze - den Staat beziehungsweise die Kirche — unterschätzt worden. Wieweit dies stimmt, sei dahingestellt.

Greift man nur einige Punkte aus dem sehr sachlich gehaltenen KA-Bericht heraus, ist bereits er- kenftbar, daß man Österreichs Kirche mit bestimmten, leider weit verbreiteten, (Vor)Urteilen nicht gerecht wird. Der Bericht ruft zum Beispiel Katholikentag und Papstbesuch von 1983 in Erinnerung - wo war da auch nur die Spur einer „antirömischen Haltung“?

Was bleibt vom ^Vorwurf, die Kirche stehe der Abtreibung zu lax gegenüber, wenn man im KA- Bericht die Liste nur der wichtigsten kirchlichen Stellungnahmen zwischen 1983 und 1987 zu diesem Thema liest? Ist es verwerfliche Sozialismusnähe, wenn die Kirche in der Frage der Feiertagsheiligung (8. Dezember) eher auf Arbeiterkammer- als auf Handelskammer-Kurs segelt?

Es gibt große Probleme (Kirchenaustritte, geänderte Werthaltungen, Priestermangel, Kįrchen- beitrag, Denkmalschutz), darüber will der Bericht gar nicht schönfärberisch hinwegtäuschen, aber es gibt auch viel Positives aus denletzten Jahren zu melden. Sind nrcht zum Beispiel Bischof Reinhold Stechers Vorgehen in Rinn und Erzbischof Hans-Hermann Groers Treffen mit dem Wiener Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg Marksteine für den christlich-jüdischen Dialog? Bestätigten nicht die jüngsten Pfarr- gemeinderatswahlen das deutlich gewachsene Engagement der Laien? Leistet nicht die Caritas (Polenhilfe) Ungeheures?

Österreichs Kirche kennt nicht nur Licht oder nur Schatten. Vor allem kennt sie das auch auf diese Romreise anwendbare Katholikentagsthema: Hoffnung.

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