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Europäische Priesterräte auf Kooperationskurs

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Nur ein schmales Tal und eine Straße trennen den Hügel mit dem Centre Jean XXIII., dem Priesterseminar, vom imposanten neuen Europazentrum in Luxemburg. Durch Namen und Lage gleichzeitig war damit dieses Seminar richtungsweisend für das Treffen von Leitern nationaler Delegationen europäischer Priesterräte, welches im Jänner 1977 hier stattfand.

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Nur ein schmales Tal und eine Straße trennen den Hügel mit dem Centre Jean XXIII., dem Priesterseminar, vom imposanten neuen Europazentrum in Luxemburg. Durch Namen und Lage gleichzeitig war damit dieses Seminar richtungsweisend für das Treffen von Leitern nationaler Delegationen europäischer Priesterräte, welches im Jänner 1977 hier stattfand.

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Bald acht Jahre sind diese Kontakte nun alt. Sie begannen im Herbst 1969 in Rom, als die Kleruskongregation aus Anlaß der damals tagenden außerordentlichen Bischofssynode die Vorsitzenden der Bischofskonferenz gemeinsam mit Vertretern der Priesterschaft zu einem Colloquium über anstehende Priesterprobleme in die Lateranuniversität einlud. Die enge Verbindung mit den Bischöfen blieb seither ein Kennzeichen aller Anstrengungen um eine Zusammenarbeit auf der Ebene der Priesterräte Europas, wobei Weihbischof J. B. Musty, Namur, Belgien, Vizepräsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen, und Weihbischof Dr. Alois Wagner, Linz, Vertreter Österreichs beim genannten Rat, als besondere Förderer dieser Bemühungen gelten dürfen. Damit ist aber zugleich schon die Parallele zu den Kontaktbemühungen der Europäischen Bischofskonferenzen gezogen, über die in der FURCHE Nr. 7 vom 18. Februar 1977 berichtet wurde. (H. Goertz: Uber Grenzen zur Einheit. Europas Bischofskonferenzen suchen Kontakt miteinander.)

Querverbindungen seitens der Priesterräte bestehen weiters zum Europäischen Forum der nationalen Laienkomitees und zur Konferenz Europäischer Kirchen, über deren jüngstes Treffen in Gailneukirchen, Oberösterreich, Stephanie Prochaska in dieser Zeitung referierte (FURCHE Nr. 11 vom 18. März 1977: Die „Europabrük- ke“ der 108).

Höhepunkt der bisherigen Zusammenarbeit europäischer Priesterräte waren zwei große Delegiertentreffen,

wovon das erste 1971 in Genf, das zweite im Vorjahr in Wien stattfand. Am Wiener Treffen nahmen rund 80 Vertreter aus 16 europäischen Staaten teil, wobei zu vermerken bleibt, daß es gute Kontakte zu weiteren Staaten gibt, die ihr Mitwirken für die Zukunft zugesagt haben. Das Wiener Treffen hatte „Priesterliche Spiritualität heute“ zum Hauptthema und beschäftigte sich darüber hinaus mit der Mitverantwortung der Laien in der Kirche und mit neuen Dienstämtern. Auch wurde ein Überblick über die Arbeit der Priesterräte in den verschiedenen Ländern und unter den dort herrschenden verschiedenen Bedingungen erarbeitet.

Die eingangs erwähnte Luxemburger Konferenz von Delegationsleitern beriet nicht nur über die Auswirkungen und das Wie des Fruchtbarma-

chens des Wiener Treffens, sondern begann auch bereits mit der Vorbereitung der nächsten, für 1980 projektierten, Europakonferenz, deren Tagungsthema durch eine breite Befragung der Priester räte gefunden werden soll.

„Auf vielen Wegen suchen die Völker Europas in unseren Tagen zu einem friedlichen Zusammenleben und einem fruchtbaren Zusammenwirken zu gelangen. Die Kirche, die früher so viel für den Aufbau Europas geleistet hat, scheint bei diesen Bemühungen heute ins Hintertreffen geraten zu sein. Ich hoffe, daß Ihre Arbeit einen wirksamen Beitrag zur Förderung eines gemeinsamen kirchlichen Bewußtseins in Europa leisten wird.“ Diese Worte hat Kardinal Franz König im Vorjahr an die in Wien versammelten Delegierten gerichtet. Msg. Joseph Rozier, Bischof von Poitiers, Frank reich, meinte in seinem Dossier über Wien sogar, hier sei schon ein neues Pfingstzeichen erlebbar geworden.

Werden.sich diese und ähnliche aufkeimende Hoffnungen erfüllen? Wird die Kirche, die in sehr mütterlicher Weise an der Wiege Europas stand, heute, da Politiker, Wissenschafter und Technokraten am Werk sind, ein neues Europa zu bauen, ihren gerade auf unserem Kontinent unvergleichlichen Reichtum des Geistes einbringen können - zum Wohl eines Erdteiles, der ohne die Werte des Geistes niemals fähig sein wird, seine Probleme zu lösen und seinen Aufgaben anderen Kontinenten gegenüber gerecht zu werden? Wird es dabei zu dem erst kürzlich bei einer Tagung der Katholischen Männerbewegung in Salzburg geforderten „Eurokatholizismus“ kommen (Kathpress Nr. 55, 21. März 1977, S. 2f)? Eine durchaus mögliche, erfolgreiche Entwicklung auf diesem Gebiet scheint bestimmte Voraussetzungen zu haben:

• Zunächst müßten sich die im Gefolge des 2. Vatikanischen Konzils etablierten Räte, vom Pfarrge-

meinderat bis zum Pastoralrat, vom Priesterrat bis zu verschiedenen Laiengremien, im Leben der Kirche noch besser integrieren und profilieren, wozu eine wenigstens bescheidene Zusammenarbeit auf nationaler Ebene treten müßte. Wie man dabei ein Überhandnehmen von Sitzungen verhindert, ist leider noch nicht befriedigend geklärt.

• Gerade Christen und Katholiken müßten das kleinliche Urteilen aus lokaler Kirchturmperspektive und jeden geistlichen Chauvinismus aufgeben und sich wahrhaft katholischem, umfassendem Denken öffnen.

• Es müßte gelingen, Priester und Laien aus der jungen Generation für die Europaarbeit zu begeistern.

• Und last, not least - man verzeihe die banal anmutende Bemerkung - müßten größere Anstrengungen beim Erlernen wenigstens der großen europäischen Sprachen unternommen werden, da sich die Barriere der verschiedenen Idiome oft als allzu stark erweist.

Vertreter der Priesterräte Europas versuchen auf Kooperationskurs zu schalten. Wieviel Erfolg sie dabei haben werden, hängt davon ab, wieweit die Priester, die sie vertreten, mittun, hängt auch an den Bischöfen und Laien, die* denselben Kurs erstreben. Einzelne Gruppen allein werden nicht viel erreichen. Doch das Ziel ist groß, und die Kirche hätte gerade auf diesem Gebiet eine stolze Tradition. Ein entschiedener Einsatz scheint deshalb Gebot der Stunde zu sein.

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