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Dürres Stroh, dürre Worte

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Österreichs katholische Bischöfe diskutierten jüngst eingehend das Kirchenklima im Land, gaben dazu aber nur eine sehr kurze öffentliche Stellungnahme ab.

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Österreichs katholische Bischöfe diskutierten jüngst eingehend das Kirchenklima im Land, gaben dazu aber nur eine sehr kurze öffentliche Stellungnahme ab.

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„Warum traut man der Kirche alles Böse zu?" Diese Frage stellte der Grazer Bischof Johann Weber bei der Pressekonferenz zum Abschluß der Frühjahrssession der Österreichischen Bischofskonferenz. Der Pressesprecher der katholischen Bischöfe zeigte sich betrübt darüber, daß ein Buch wie „Verschlußsache Jesus", das bei Fachleuten nur Kopfschütteln auslöse, wochenlang an der Spitze der Bestsellerliste stehen könne, offenbar deshalb, weil die darin geäußerte These, der Vatikan verheimliche Material über die Anfänge des Christentums, vielen glaubwürdig erscheine.

Weber verlieh auch seiner Betroffenheit darüber Ausdruck, wie schnell aus einzelnen Ereignissen - konkret den Vorfällen um P. Udo Fischer in St. Pölten und um Bischof Erwin Kräutler in Salzburg - ein „kirchlicher Flächenbrand" entstehe. Offenbar liege in Österreich sehr viel „dürres Stroh" herum, das leicht Feuer fange. Dürr fielen auch die fünf schriftlichen Stellungnahmen dieser Bischofskonferenz aus:

1. Acht Zeilen zur allgemeinen Situation der Kirche in Österreich, die in der Feststellung gipfelten, die Bischofskonferenz habe überlegt, „wie in Zukunft schwierige Auseinandersetzungen besser in brüderlicher Solidarität und christlicher Wahrhaftigkeit bewältigt werden können".

2. Neun Zeilen zur „Neuwaldegger Erklärung" der Katholischen Aktion Österreichs (KAÖ), worin ein Dialog mit der KA in den einzelnen Diözesen empfohlen wird und worin es heißt: „Ein waches Hinhören auf diese Fragen ist ebenso notwendig wie das Hinterfragen unter dem Aspekt des unveräußerlichen Glaubensgutes. Persönliche Angriffe gegen Bischöfe werden von der Bischofskonferenz zurückgewiesen."

3. Ein Hinweis auf die Begegnung von Erzbischof Georg Eder mit Bischof Erwin Kräutler (siehe Seite 1).

4. Fünf bereits auf der Pressekonferenz heftig kritisierte „Bemerkungen zu 500 Jahre seit Entdeckung Amerikas", in denen es heißt, ein abschließendes und gerechtes Urteil über die Rolle der Kirche sei „seriöser historischer Forschung vorbehalten".

5. Ein längerer Text über „Kirchliche Lehrer- und Erzieherbildung unter dem Aspekt der Weiterentwicklung". Hier geht es im Rahmen einer Aufwertung der Pädagogischen Akademien zu Fachhochschulen darum, daß die Kirche hinsichtlich der von ihr geführten Anstalten im Zuge einer Neuordnung ihre alten Rechte in vollem Umfang behält.

Bischof Weber ergänzte mündlich voll Sorge: „Ich möchte kein Hehl daraus machen, daß die Situation eine große Ernsthaftigkeit erreicht hat". Es sei in Österreichs Kirche „Schaden entstanden", das Bild, das man abgebe, sei „schlimm". Er fahre nach folgendem Motto wieder in seine Diözese: „Wir fangen wieder an - fangen wir wieder an!"

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