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Angstfrei

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„Solang ich schnaufen kann als Bischof, werde ich dafür eintreten, daß diese Kirche auch für die Fußmaroden und Armseligen da ist.“ Das sagte der Grazer Di- özesanbischof Johann Weber dieser Tage bei einem Pressegespräch. Was ist eigentlich passiert in dieser Kirche, daß so etwas besonders betont werden muß?

Weber schilderte, daß es „auch bei jungen Kaplänen“ die Tendenz zur „kleinen Herde der Überzeugten“ gebe. Man möchte „den breiten Rand von der Kirche wegschneiden“. Was ist eigentlich passiert in dieser unserer Kirche, wenn ein Bischof immer wieder betonen muß, daß das Volk Gottes in seiner Gesamtheit ,Mitträger der Wahrheit und der Wirklichkeit des Glaubens ist“, daß dieses Volk Gottes nicht nur Empfänger, sondern auch Träger des Glaubensgutes ist?

Der Bischof wandte sich auch dagegen, daß in der Kirche Menschen nicht angehört, daß Briefe nicht beantwortet, daß keine Termine für notwendige Gespräche freigehalten werden.

Er traue sich etwas, der Bischof, sagte nachher jemand zu mir, der Bischof habe so offen und angstfrei geredet.

Was ist da geschehen, daß Selbstverständlichkeiten und das offene Wort zu Mutproben erklärt werden müssen?

Der Theologe Paul M. Zu- lehner hat dieser Tage eine Schrift „Wider die Resignation in der Kirche“ veröffentlicht, einen Aufruf zu kritischer Loyalität. Und da schreibt er im Vorwort, er sei in den letzten Monaten manchmal gefragt worden, ob er denn nicht Angst habe, seine Meinung so frei und offen auszusprechen.

Unsere Kirche präsentiere sich zur Zeit als Schauplatz von Intrigen, Verdächtigungen, Gerüchten und Geheimniskrämerei, meint Zulehner und gibt folgende Zustandsschilderung: „Wer realistisch denkt, nimmt an, daß diese unheilige Allianz von Angst und Macht, die gemeinsam die Schließung der Offenheit anstreben, weiterhin erfolgreich sein wird. Auch die kommenden Bischöfe im Burgenland, in St. Pölten und dazu weitere Weihbischöfe werden vermutlich dieser neuen Linie angehören. Das Ziel, aus innerkirchlichen wie (parteipolitischen Gründen die Bischofskonferenz umzudrehen, hat Aussicht auf Erfolg.“

Die Versuchung zur Flucht ist da groß, und Bischof Weber hat auch darauf hingewiesen, daß die Kirchenaustritte im Vergleich zum Vorjahr besorgniserregend angestiegen sind. Er konstatierte ein „ibwenden mit Wehmut“.

Flucht oder Abwendung aber verschärfen die Krise nur.

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