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Gemeinsame Fragen - gemeinsame Hoffnungen

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Wer die Jugend hat, hat die Zukunft? Bischof Weber drehte das alte Schlagwort um: Wer die Zukunft hat, wird auch die Jugend haben! Nicht als Besitzer, als Partner. Uber alle generationsbedingten, naturbedingten Konfliktstoffe hinweg.

Immer hat es diese Konflikte, dieses „Elend“ der Jungen mit den „Erwachsenen“, der Erwachsenen mit der Jugend gegeben, betonte der Jugendbischof vor dem Katholischen Akademikerverband in Wien. Vielleicht sind sie heute deutlicher als früher. Denn im Hintergrund steht die gegenseitige „Enttäuschung“: Beide Seiten sehen plötzlich, daß bestimmte Bilder, bestimmte Vorstellungen nicht mehr zutreffen. Daß man sich anderes von einander erwartet hat. Vorwürfe, gegenseitig, erwachsen ai& dieser Ent-täuschung: Soll für die Jungen das sechste Gebot nicht mehr gelten? Ist für sie die Sonntagsmesse überflüssig geworden? Haben sie nicht zu leichtfertig für den Marxismus optiert? Und die Gegenfrage: Kennt ihr überhaupt noch die Wirklichkeit der Jugend? Wißt ihr, was sich dort tut?

Die Kirche darf keine Kirche der Vorwürfe sein - sie muß eine „Kirche des Austausches“ sein, postulierte Weber: Die Dreifaltigkeit Gottes, bei der das Du-Sagen beginnt, biete den theologischen Ausgangspunkt. Das Reich Gottes ist vor allem ein lebendiges Empfangen und Geben. Aus der Begegnung erwächts Neues. Im Namen Jesu austauschen ist möglich, weil wir reich sind: reich an Alter, reich im Leben in der Gemeinschaft. Der Widersacher ist immer ein Geist der Isolation. Er machte den Menschen schon im Paradies vor, er brauche keinen Gott.

Auf der Basis dieser Theologie des Austausches aber sind viele Probleme in der Kirche für Jugend wie für Alter gleich: der Verlust des direkten Apostolats etwa, das Ein-

schlafen aller Bemühungen, zu werben und wiederzugewinnen, den Nächsten anzusprechen. Mit der Gefahr, daß fanatisierte Extreme in die Lücke stoßen, die von den Katholiken offengelassen wird, wird.

Oder das Prinzip der Berufung: nicht die Zahl der fehlenden Helfer in der Kirche bedeutet die große Gefahr, sondern der Mangel an Persönlichkeiten, die sich echt berufen fühlen - in allen Ständen der Kirche. Dann das Problem der bischöflichen Autorität - vom Konzil ausgeweitet, ohne daß ihre Träger darauf vorbereitet gewesen wären. Die Kirche kann aber nicht die persönliche Autorität ihrer Spitzensprecher in Gremien auflösen, den Papst durch ein Politbüro ersetzen.

Die Umwelt ist grundlegend anders geworden - haben wir den Wandel bewältigt? Der lärmenden Welt müßte viel Schweigen des Gebets entgegengesetzt werden, forderte Weber. Die Wertunsicherheit dann, entstanden, nachdem innerhalb weniger Jahre alle althergebrachten Vorstellungen in Frage gestellt worden sind. Letztes gemeinsames Problem schließlich: das Geheimnis! Wo ist noch etwas vom bangen Staunen vor dem brennenden Dornenbusch zu spüren? x

Aber nicht nur gemeinsame Probleme - auch gemeinsame Hoffnungen verbinden jung und alt. Die Kirche „tut“ nicht etwas für die Jugend - die Kirche „ist zum Teil Jugend“. Die Jungen sind nicht Untermieter in einem fremden Haus, sondern Teil der Familie. Sie bieten den Erwachsenen so manche Fähigkeit, von ihr zu lernen: ihre Dialogbereitschaft, ihre leidenschaftliche Anteilnahme an den Weltproblemen, speziell in der D ritten Welt, ihr Interesse für die Gewaltlosigkeit, ihre Skepsis gegenüber Manipulation.

Gemeinsame Hoffnung auch, in kleinen Gruppen, wie sie einst Car- dįjn für die Arbeiterjugend ein- führte, sich um die Bibel und den Mitmenschen zu kümmern. Eine Atmosphäre zu schaffen, in der das Ergreifen geistlicher Berufe wieder erstrebenswert erscheint.

Gibt es „die Jugend“ überhaupt? Es gibt Ströme, allgemeine Haltungen, die „die Jugend“ kennzeichnen. Vor allem aber viele Einzel- persönlichkeiten, die die Hoffnung berechtigt erscheinen lassen. Es gibt viele charismatische Aufbrüche, Impulse zum gemeinsamen Gebet. „Wir müssen ihnen ein Heimatrecht in der Kirche geben!“

„In der Kirche gibt es so vieles, was diese Kirche immer mehr zu einer Kirche der Zukunft macht!“ schloß der Jugendbischof.

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