Der Autor, geb. 1932, war lange Jahre stellvertretender Chefredakteur, von 1994 bis 1997 Chefredakteur der "Kleinen Zeitung“ und schrieb zwischen 1986 und 1993 regelmäßig Kolumnen für die FURCHE unter dem Titel "Rufzeichen“.
Die langsam mahlenden Mühlen Gottes werden sogar mit Uranmühlen fertig. Daran glaub' ich. Ich glaub' auch an unsere Justiz. Nicht an die ganze. Aber ich glaub' daran, daß schließlich und endlich, wenn auch oft auf gewundenen Wegen, die Gerechtigkeit siegen wird.Wenn solange der Udo Proksch mit seinen Haberern gewonnen hat, soll auch die Gerechtigkeit einmal eine Chance bekommen. [ ]Justizminister Harald Ofner entschied bekanntlich, daß "die Suppe zu dünn" sei für eine Verfolgung des Udo Proksch.Jetzt wird so manchem Politiker die Luft zu dünn. Es wird interessant sein, was da noch
Ende September wird also der parlamentarische Immunitätsausschuß über die Auslieferung des Fred Sinowatz entscheiden. [ ]Ex-Kanzler Fred Sinowatz wurde bekanntlich vom Gericht bescheinigt, vor Gericht gelogen zu haben: "Keiner hat so nachweisbar und wiederholt die Unwahrheit gesagt wie der Privatangeklagte Sinowatz", stellte der Richter Ernest Maurer vor etwa einem Jahr fest.In der Auseinandersetzung um die Immunität wird vor allem mit dem formalen Argument hantiert, daß die einstige Zeugenaussage des Fred Sinowatz im Zusammenhang mit seiner politischen Tätigkeit gefallen sei. Damit sei
Noch schwanken ihre Charakterbilder von der Parteien Gunst und Haß verzerrt in der Geschichte: Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg werden in diesem Gedenkjahr sehr widerspruchsvoll "gewürdigt". Noch immer ist in Österreich Geschichtsschreibung nicht frei vom Einfluß parteipolitischen Denkens.Viel öfter als das "Ja" Karl Renners zum "Anschluß" wird das "Ja" Kardinal Innitzers zitiert, und es gibt sozialistische Spitzenfunktionäre, die einem Dollfuß nicht zugestehen wollen, daß er Widerstand gegen Hitler geleistet hat. [ ]Es ist schon interessant, wenn der deutsche Historiker Golo
Er ist ein Schnelldenker, und eine rasche Sprechweise ist ihm eigen: Er sagt aber auch viel. Der polnische Historiker und Publizist Wladyslaw Bartoszewski feierte diesen Donnerstag (19. Februar) seinen 65. Geburtstag (24. April 2015; Anm.). [...] Bartoszewskis Augen lachen ständig, und er strahlt einen unverdrossenen Optimismus aus.Das ist nicht selbstverständlich: die Deutschen brachten ihn ins Konzentrationslager Auschwitz, in der Ära des Stalinismus sperrten ihn die polnischen Landsleute ein, und als 1981 in Polen das Kriegsrecht proklamiert wurde, war der Gastprofessor für
Neuer Parteichef und Vizekanzler, neuer Finanzminister - die ÖVP
spürt leichten Aufwind und verspricht auch ein neues Parteiprogramm.
Steht sie an einem Scheideweg? Die Gelegenheit wäre jedenfalls
günstig, sich darüber zu verständigen, wofür man eigentlich stehen
will.
Zur Steigerung der Gewaltbereitschaft in der Ersten Republik haben die Medien wesentlich beigetragen. Leitartikel und Analysen waren von einem martialischen Ton geprägt. Stimmen der Besonnenheit, die es auf beiden Seiten gab, hatten zuletzt keine Chance mehr.
Der Endkampf (um das Warschauer Ghetto; red.) begann vor 50 Jahren, am 19. April 1943, und dauerte fast vier Wochen. Einer der Kämpfer […] formulierte das Ziel dieses Opfers: "Wir wollen nicht unser Leben retten. […] Wir wollen die menschliche Würde retten.“"Das deutsche Volk hat Europa mit dem Kainsmal gezeichnet“, stellt der polnische Autor Andrzej Szczypiorski in einem Essay zum 50. Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto fest. Szczypiorski erzählt, wie er, gar nicht heldenhaft, sondern zitternd vor Angst, damals als junger Mann einen Juden auf dem Dachboden seines Hauses
Der Volksbildner Franz Maria Kapfhammer: ein Porträt zum 100. Geburtstag.Sie waren aufbauend mit einem Rest von liebenswürdiger Erbaulichkeit, die Jahre bis in die frühen 60er hinein: Damals wusste noch keiner, was "innovativ" bedeuten sollte, aber man war es schon. Selbst hinter dem Begriffsungetüm "Bundesstaatlicher Volksbildungsreferent" lauerte Innovation, wenn es von einem Mann wie Franz Maria Kapfhammer verkörpert wurde.Als Jahrgang 1904 gehörte er zu einer Generation, die in Weltuntergängen geübt war: Das Ende der Habsburger-Monarchie erlebte er als 14-Jähriger, beim Untergang
Ob Martin Walsers "Tod eines Kritikers" nun ein antisemitisches Buch ist oder nicht: Schwach und peinlich ist dieser Roman auf jeden Fall.Es dürfte kaum ein neueres Buch geben, über das so viel geschrieben wurde, ehe es gedruckt werden konnte. Es dürfte auch wenige Bücher geben, die so intensiv besprochen wurden, ehe es die Möglichkeit gab, sie zu lesen. Jetzt ist Martin Walsers "Tod eines Kritikers" auf dem Markt und der Verlag konnte sich den Klappentext sparen. Das Buch handelt von dem, was ihm passierte, ehe es erschien, vom Literaturbetrieb und von den Medien.Das Thema ist nicht neu
„Abgeschmettert", das war der triumphierende Tenor vieler Berichte, als unsere Umweltministerin Maria Rauch-Kallat um 70 Groschen mehr Benzinpreiserhöhung forderte, als die bereits ausgehandelten 50 Groschen. Das kurze Zwischenspiel zeigte, wie schwierig es ist, über ein solches Thema überhaupt zu reden, weil es zu den eigentlichen Tabus unserer Zeit gehört. Dabei sind sich viele Wissenschafter, aber auch Politiker, durchaus einig, daß der Verbrauch von Energie und Rohstoffen rationalisiert gehört, und daß es nur darum geht, auf welche Weise das geschehen müßte. Es ist auch
Dieser Durchbruch ist mehr als ein Hoffnungsschimmer: Israel ist bereit, den Palästinensern im Gazastreifen und im Gebiet um Jericho Autonomie zuzugestehen. Das könnte der Ansatz für die Lösung des Palästinenserproblems sein. Bevor es aber so weit ist, kommt noch die Stunde der Extremisten auf beiden Seiten.Der Staat Israel verdankt seine Existenz eigentlich einem Adolf Hitler, und die Existenz der Palästinenser war nur durch die Existenz Israels möglich. Sonst wären sie nämlich Jordanier oder Ägypter geblieben.Diese .Zusammenhänge” hat Friedrich Dürrenmatt 1976 in einem „Essay
An die Geschichte des Einmarsches der Truppen des War-schauer Paktes in die CSSR vor 25 Jahren wurde in diesen Tagen wieder erinnert (FURCHE 32, 33 und diese Ausgabe Seite 6). Als der tschechische Literat Ota Filip, der seit 1977 deutscher Staatsbürger ist, gefragt wurde, was er Alexander Dubcek verdanke, meinte Filip trocken: „Nichts. Oder nur wenig.” Für den Schriftsteller ist Frantisek Kriegel die große Figur des Widerstandes: Er hat als einziges Präsidiumsmitglied im Kreml die demütigenden Moskauer Okkupationsverträge nicht unterschrieben und war bis zu seinem Tod 1979 einer der
Es begann mit einer „letzten Warnung” und endete österreichisch: im Einvernehmen. Eine „letzte Warnung” hatte Gerd Bacher dem für die Zeit im Bild um 19 Uhr 30 Uhr verantwortlichen Josef Broukal zukommen lassen. Broukal hatte den Regisseur Axel Corti in der ZiB zum Fall Jägerstätter zu Wort kommen lassen - sozusagen als Experten, denn der Regisseur hatte vor Jahren einen bemerkenswerten Film über den Kriegsdienstverweigerer gedreht, der vor fünfzig Jahren hingerichtet wurde.Corti berichtete, er werde oft gefragt, ob Franz Jägerstätter denen zumutbar sei, die im Krieg ihre
Als Neville Chamberlain am 3. September 1938 im Radio die Kriegserklärung der Engländer gegen das Dritte Reich verlas, beklagte er, daß Adolf Hitler ihm, Chamberlain, gegenüber sein Wort gebrochen habe.Das sei doch etwas lächerlich als Kriegsanlaß, meinte damals der junge Schriftsteller Stephen Spender. Und doch war es der wahre Grund. Spender schreibt in seinen Memoiren, daß die Befriedungspolitik gegenüber Hitler nicht gescheitert sei, weil Großbritannien und Frankreich die Beschwichtigung nicht mehr gewollt hätten - dem Münchner Abkommen hatten sie ja zugestimmt. Nein. Es war
Noch vor den derzeit laufenden „Sommergesprächen” im ORF mit den Parteichefs kam wieder einmal die ÖVP ins Gerede. Es gehe abwärts mit ihr, heißt es. Ahnliches wird auch von der CDU behauptet. In der ÖVP findet in aller Stille eine Programmkosmetik statt, und auch die CDU macht sich Gedanken wie's weitergehen soll.Arbeitsminister Norbert Blüm, der gleichzeitig der Landeschef der CDU von Nordrhein-Westfalen ist, dachte jüngst in einem Interview laut über die Situation seiner Partei nach und meinte, es reiche nicht aus, den Bürger alle vier Jahre „zwischen Angeboten wählen zu
Der nächste Skandal kommt bestimmt - aber Vorsicht mit den Bezeichnungen! Es war ungeziemend, den jüngsten Skandal ,.Fleischskandal” zu nennen, so wurden wir von einem Lebensmittelprüfer im Club 2 aufgeklärt. Es war dies eher so eine Art „Angebotsskandal”.Ein gelernter Fleischhauer der auch einige Lehrjahre in einem Großmarkt absolviert hatte, erklärte das mit dem Angebot ungefähr so: In einem Supermarkt muß das Angebot ungeheuer üppig sein. Der Kunde soll sozusagen auch im Fleische wühlen können, um das Gefühl einer riesigen Auswahl zu haben. Und die hat er auch: zwischen
In Graz hat jüngst eine Horde Jugendlicher einen Schüler und eine Schülerin überfallen und auf grausame Weise malträtiert. Höhepunkt der Tortur war ein gezielter Fußtritt ins Gesicht des am Boden liegenden Buben, ein „Elfmeter”, wie das in derartigen Bandenkreisen genannt wird.Marion Gräfin Dönhoff stellte in der „Zeit” fest, daß Gewalt und Barbarei in Deutschland immer mehr um sich greifen. In Brandenburg wurde ein Obdachloser von jungen Rechtsradikalen brutalst getötet, Menschen mit sichtbaren Behinderungen werden beschimpft. Die Herausgeberin der liberalen Wochenzeitung
Das vereinigte Deutschland kommt den Deutschen teuer: Die jährliche Neuverschuldung stieg von 30 Milliarden auf 68 Milliarden Mark. Jetzt muß gespart werden, um nicht im nächsten Jahr die 100-Milliarden Mark-Grenze zu überschreiten. Die deutschen Beamten müssen sich mit einem Lohnstopp abfinden, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger sind von Kürzungen ihrer Bezüge betroffen, Besserverdienende bekommen ab dem zweiten Kind weniger Kindergeld und so weiter.Die Kosten der Wiedervereinigung summieren sich mit den Folgen einer Rezession, und immer lauter wird die latente Kritik von
Der steirische Bischof Johann Weber zeigte sich bewegt, als er am vergangenen Samstag in der evangelischen Heilandskirche in Graz eine Homilie hielt: „Es ist nicht alltäglich, daß ein katholischer Bischof von einer evangelischen Kanzel predigt.” Es war auch nicht alltäglich, daß zur gleichen Zeit im vollen Grazer Dom der evangelische Superintendent Christian Gerhold in einem ökumenischen Gottesdienst zu den Gläubigen sprach. Und es war nicht alltäglich, daß Gerhold und Weber dann am Abend in einer Art gemeinsamer Wechselrede bei einer festlichen Schlußveranstaltung diesen
Der Vance-Owen-Plan für Bosnien ist tot. Darüber herrscht Einigkeit bei den Amerikanern, Engländern und Franzosen. Vorher waren sie einig in der Illusion, diese Konstruktion einer Kantonisierung Bosniens und der Herzegowina sei verwirklichbar.Niemand spricht mehr davon, daß Grenzen nicht anerkannt werden könnten, die durch militärische Gewalt verändert worden seien. Nein, man müsse mit der Zeit gehen, verkündet Lord Owen, der EG-Vermittler. Mit der Zeit gehen, das heißt: Serben und Kroaten teilen sich einen Mitgliedsstaat der UNO, nachdem Serbien den größten Teil dieses Landes
Ein paar Tage wird wieder einmal weltweit über Menschenrechte geredet, zumindest dort, wo es erlaubt ist. Das ist wahrscheinlich das Entscheidende an dieser Menschenrechtskonferenz in Wien mit ihren Superlativen. Es wird vor allem „grundsätzlich” geredet - denn sobald es allzusehr ins Detail geht, könnten Regierungen vergrämt werden. Die Chinesen zum Beispiel. So gab es gleich zu Beginn der Konferenz einen Maulkorb für den Dalai Lama.Wenn schon Grundsätzliches erörtert wird, dann sollten auch Veränderungen beim Grundsätzlichen ansetzen. Für sehr viele Länder der Dritten Welt
Der Berliner Dom spiegelt sich in den Glaswänden des Palastes der Republik. Der Palast soll abgerissen werden, weil er asbestverseucht ist. Damit wird ein Bau aus dem Berliner Stadtbild entfernt, der zu den Renommiergebäuden des SED-Staates gehörte. Die Verantwortlichen der einstigen DDR hatten ihrerseits das im Krieg von alliierten Bomben beschädigte riesige barocke Schloß dem Erdboden gleichgemacht und an seiner Stelle den Palast der Republik errichtet.Auch der Berliner Dom war im Krieg versehrt worden. Elf Jahre war an diesem recht protzigen Monument des Wilhelminischen Historismus
Ein Philosoph und Kulturkritiker hat den Menschen unserer Zeit als ein Geschöpf geschildert, dessen Inneres ein zusammenhangloses Durcheinander ist. Diese Zusammenhanglosigkeit wird durch das Fernsehen gefördert: Die Dinge werden so produziert, daß sie von vornherein nicht miteinander zusammenhängen. Deshalb wird eins nach dem anderen vergessen, schon ehe sie verschwunden sind.Dort aber, wo alles zusammenhanglos ist, werden auch keine Vergleiche mehr angestellt, und ein Nichts oder ein Geringes oder ein Mittelmäßiges kann zum Absoluten erhoben werden. Diese Tendenz habe es zwar immer
Als die Bilder von serbischen Konzentrationslagern über das Fernsehen um die Welt gingen, gab es Schock-Reaktionen. Gleichzeitig aber wurde gewarnt: Natürlich seien diese Lager nicht vergleichbar mit den KZs der Hitler-Zeit. Sind die „ethnischen Säuberungen" in Bosnien vergleichbar mit dem Holokaust? Natürlich nicht. Aber muß alles Grauenhafte der Gegenwart relativiert werden, weil es etwas Grauenhafteres in der Vergangenheit gegeben hat?Kürzlich hat der Europa-Beauftragte der „Anti-Defamation-League", Robert B. Goldmann, in einem Interview ein paar Dinge klargestellt, die
In seinem Stück „Tod und Teufel" läßt Peter Turrini einen Priester zur Suche nach der Sünde aufbrechen. Sünde hängt mit Schuld zusammen. Und das meint der Dramatiker eigentlich: Aus einer werteneutralen Gesellschaft wird die Schuld verbannt, sie wird nicht mehr als solche empfunden. Und wenn es keine Schuld mehr gibt; dann ist auch Vergebung nicht mehr notwendig. Daß da irgendwas nicht mehr stimmt, beunruhigt den Autor Turrini.In Deutschland wird die Diskussion um die Stasi-Akten immer mehr verdrängt. Der Aufbau der einstigen DDR ist wichtiger, heißt es, und außerdem neigen
„Immer wieder mußte ich über menschliche Leichname steigen", schreibt der italienische Schriftsteller Curzio Malaparte, der zu Beginn des Jahres 1942 das Warschauer Ghetto besuchte. Die Toten lagen verlassen im Schnee, bis die Totengräber sie wegtrugen. „Da die Sterblichkeit sehr hoch war und es nur wenige Wagen gab, war es nicht möglich, die Leichen gleich wegzuschaffen", vermerkt Malaparte lapidar.Es kamen auch andere Besucher. In einem Bericht der polnischen Exilregierung in London vom Mai 1942 heißt es, Reisebusse mit deutschen Soldaten seien durch das Ghetto gefahren
Der Tag der Volksabstimmung in Rußland rückt näher, und auch wenn Boris Jelzin sich durchsetzen sollte, wird die Welt von Moskau aus noch einige Zeit in Atem gehalten werden. Einer, der nicht bereit ist, den grassierenden Pessimismus über die Entwicklung in Rußland zu teilen, ist Andrej Gurkow. Der Publizist ist seit 1988 Leiter der in Köln erscheinenden deutschen Ausgabe der Zeitschrift „Moskauer Nachrichten" und macht sich nun in einem Buch Gedanken über die „Wiedergeburt einer Weltmacht".Der Titel des Buches strahlt Optimismus aus: „Rußland hat Zukunft". Der
Am letzten Tag vor Beginn der Osterferien beschäftigte sich der' Nationalrat mit der Wirtschaftslage in Österreich. Die blaugrüne Opposition hatte den Niedergang des Assmann-Imperiums zum Anlaß genommen, auf eine besorgniserregende Entwicklung hinzuweisen: Seit Anfang des Jahres sind in einem traurigen Rekord von Insolvenzen 7.000 Arbeitsplätze verlorengegangen.Wer nun meint, wir müßten rasch in die EG, damit dieses Problem gelöst wird, der gibt sich falschen Vorstellungen hin. Es deutet viel darauf hin, daß die europäische Einigung auf eine Weltwirtschaftsordnung setzt, die den
„Frankreich muß die Speerspitze der europäischen Kultur bleiben", forderte der Gaullist Jacques Chirac im Wahlkampf. Jetzt, da seine RPR, zusammen mit den Liberal-Konservativen Valery Giscard d'Estaings, mit mehr als 40 Prozent eine haushohe Mehrheit in der französischen Nationalversammlung hat, kann er sein Ziel verwirklichen. Die Frage ist, ob die neue Regierung in der Lage sein wird, eine Alternative zur sozialistischen Kulturpolitik zu verwirklichen, die zwölf Jahre lang von Jack Lang geprägt wurde.Die Sozialisten wurden bei den Wahlen am vergangenen Sonntag fast halbiert (20
„Klar ist, daß wir mit dem Bau solcher Giganten wie Temelin nicht weitermachen können", schreibt Vaclav Havel in seinen „Sommermeditationen". Bei seinem Besuch in Österreich mußte er kalmierend wirken. Temelin wird fertig gebaut, und als Kanzler Franz Vranitzky festgestellt hatte, die Weltbank könne diesen Bau verhindern, wurde ihm aus Prag beschieden, das sei „Unsinn", und im übrigen mische sich die Regierung Tschechiens auch nicht in Österreichische Angelegenheiten.Ministerpräsident Vaclav Klaus war es, der unseren Kanzler auf diese Weise zurechtwies. Klaus ist
Eine Nation erforscht ihr Gewissen und kommt zum Befund: „Krank, krank”. Das war der Titel eines Beitrages im „Guardian Weekly”. Noch immer beschäftigt die Engländer der Mord an dem zweijährigen James Bulger. Des Mordes verdächtigt werden zwei Zehnjährige. Und so wird über Jugendkriminalität diskutiert -vor dem Hintergrund von drei Millionen Arbeitslosen. Aber auch die öffentliche Moral wird untersucht, und die ist schlecht wie nie zuvor.Nach einer repräsentativen Gallup-Umfrage grassieren im Königreich Pessimismus und Hoffnungslosigkeit. Nur ein Fünftel der Befragten hegt
Als „Bestseller der achtziger Jahre” wurde einst das Buch „Der fünfte Reiter” des Autorenduos Larry Collins und Dominique Lapierre gefeiert. Es war eine gut recherchierte Fiction: Im Auftrag des libyschen Revolutionsführers Muammar al Gadaffi verstecken arabische Terroristen in New York eine Atombombe. Die Regierung in Washington wird mit der Drohung politisch erpreßt, die Bombe zu einem bestimmten Zeitpunkt zu zünden.Collins-Lapierre hatten ein Szenario gewählt, das nicht unrealistisch war. 1974 war Präsident Gerald Ford zum ersten Mal mit einer solchen Situation konfrontiert:
Politikverdrossenheit ist ein Schlagwort unserer Tage. Wie war das damals, als Politik noch nicht in dem Maße diskreditiert war wie heute, als Politiker noch mehr Ansehen genossen? Was verstand zum Beispiel ein Mann wie Josef Krainer sen. unter Politik? Krainer, der 1971 starb, wurde dieser Tage auch vom ORF zu seinem 90. Geburtstag in einem Film gewürdigt.Er gehörte einer Generation an, die den Zusammenbruch von vier politischen Systemen miterlebt hatte: den Untergang der Monarchie, das Scheitern der Demokratie in der Ersten Republik, die Zerstörung des Ständestaates und das chaotische
Nicht alle Meldungen aus Mitteleuropa seien düster, vermerkt William Pfaff in der „International Herald Tribüne”. Und er rechnet die 200.000 Demonstranten gegen das Haider-Volksbegehren auf amerikanische Verhältnisse hoch: Da wären sieben Millionen Amerikaner unterwegs gewesen, und die wären sogar in New York aufgefallen, meint Pfaff wohlwollend.Haider und das Anti-Ausländer-Volksbegehren wurden in der ausländischen Presse zum Teil recht ausführlich kommentiert. Dabei scheint es so zu sein, daß das latente Mißtrauen gegen unser Land doch allmählich einer objektiveren Haltung
Die italienischen Touristen haben zwar schon seit langem Wien entdeckt und Italien ist noch immer ein beliebtes Urlaubsland für Österreicher -das Verhältnis der beiden Staaten zueinander aber ist nicht so ausgezeichnet. Es wurde zum Beispiel zurecht als Besonderheit gewürdigt, daß in der vergangenen Woche der italienische Präsident Oscar Luigi Scalfaro Österreich einen Staatsbesuch abstattete: Es war der erste seit der Gründung des italienischen Staates in der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Die gute Nachbarschaft zwischen Italien und Österreich war vor allem durch das
Als der frisch gewählte Präsident John F. Kennedy zum Amtseinführungskonzert in die Constitution Hall fuhr, las er die erste Amtsantrittsrede Thomas Jeffer-sons, die im Konzertprogramm abgedruckt war, und meinte dann trocken: „Besser als meine.”Jefferson, der Reformer und führende Kopf der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung war Präsident von 1801-1809, und auch Bill Clinton setzte ein Zeichen, um sich zur Jefferson-Tradition zu bekennen.Als Clinton am Montag in der Häuptstadt der USA eintraf, wurden Feuerwerke gezündet und Glocken geläutet. Ungeheuer sind die Hoffnungen, die
„Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik umfaßt sämtliche Fragen, welche die Sicherheit der Europäischen Union betreffen, wozu auf längere Sicht auch die Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zu gegebener Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte.”So vage ist im Vertrag über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 die Absicht der Zwölfergemeinschaft formuliert, eine gemeinsame Sicherheitspolitik zu entwickeln.Die Vorsicht ist begründet, denn der Maastrichter Vertrag über die Europäische Union ist bereits der dritte Versuch, die
Der Schisport ist in Osterreich zu einem wichtigen Wirtschaftsfak-tor geworden, und die Wirtschaft bestimmt maBgeblich unsere Politik. So war's ein Schock, als uns just zwischen Weihnachten und Neujahr Petra Kronberger mit der Entscheidung iiberfiel, sie wolle dem Rennsport kiinftig entsagen. Unsere erfolgreichste Lauferin will nicht mehr! Sie hatte es bis zum Titelbild auf dem Time-Magazin gebracht -und jetzt geht sie mit 23 in Pension! Die Schiwelt stand Kopf, und zur Winterszeit ist die Schiwelt ganz Osterreich.Wie der Zufall so spielt, las ich wahrend der Feiertage Norbert Gstreins Roman
„Sommermeditationen" Ende Dezember - warum nicht?, so dachte ich und wollte mich von dem gleichnamigen Buch Vaclav Havels weihnachtlich-friedfertig stimmen lassen. Ganz ist es ihm nicht gelungen, muß ich gestehen, denn der Politiker Havel hat den Visionär schon ziemlich verdrängt. Havel ist für die Marktwirtschaft, und weil er auch noch immer dafür eintritt, daß Moral in der Politik eine Rolle spielen müsse, entdeckt er die Moral auch in der Marktwirtschaft. Denn, so schließt er messerscharf, der Markt könne nur funktionieren, „wenn er Moral hat". Und die liegt in den
Wenn Günter Grass als Schriftsteller in die deutsche Politik eingreift, und er tut dies nicht selten, dann wird aus dem Fragezeichen, das er, nach eigenen Worten, „wie einen Tiefbohrer" ansetzen will, oft unversehens ein Rufzeichen.In der Reihe „Reden über Deutschland" hat der streitbare Autor jüngst in München den Niedergang der politischen Kultur im geeinten Deutschland beklagt. Er wiederholte dort auch seine Kritik an dem einstigen CDU-Generalsekretär und derzeitigen Verteidigungsminister Volker Rühe, dieser sei „ein Skinhead mit Schlips und Scheitel".Was hier am
Einem Buch über die Besatzungszeit in Österreich hat der Historiker Manfried Rauchensteiner den Titel „Der Sonderfall" gegeben. „Gemessen an der alliierten Planung muß man es als Wunder ansehen, daß es Österreich nach dem Krieg wieder gab", schreibt Rauchensteiner. Am Ende der zehn Jahre Besatzungszeit von 1945-1955 stand dann auch die Entscheidung über unsere Neutralität. An der lag den Russen zunächst nichts, während der Westen über dieses Ansinnen besorgt bis verärgert reagierte.Der Sonderfall Österreich bekannte sich dann zu einer Neutralität nach Schweizer
Da die Festivitäten zum Achtziger von Otto Habsburg allem Anschein nach bis knapp vor seinen 81. Geburtstag weitergehn dürften, erlaube ich mir, in einer Art Zwischenbilanz, folgendes festzustellen: Der alte Herr, der gar nicht alt wirkt, wird immer lockerer, je älter er wird. Jüngst bemerkte er zum Beispiel in einem Interview, daß er eigentlich ganz froh sei, kein Monarch sein zu müssen, denn als Europa-Parlamentarier könne er es sich leisten, „einen Idioten auch einen Idioten zu nennen".Man muß nicht mit allem einverstanden sein, was der Habsburger politisch äußert, aber
Ein merkwürdiger Politiker wurde in Preßburg nach einem Staatsakt zu Grabe getragen: Alexander Dubcek, Symbol des „Prager Frühlings". Merkwürdig im Sinn des Wortes: des Merkens würdig. Ein Mann, der bis zu seinem 17. Lebensjahr in der Sowjetunion (Zentralasien) lebte. Sein Vater war als Arbeitsloser dorthin ausgewandert. Ein Mann, der an der Moskauer Parteihochschule studierte und sich nach seiner Rückkehr in der Parteihierarchie hochdiente. 1968 bis '69 wurde er dann Erster Sekretär der tschechoslowakischen KP.In dieser kurzen Zeit wurde Duböek zu einer historischen Figur. Er
Vielleicht kommt eines Tages ein amerikanischer Präsidentschaftskandidat, der sich den Bedürfnissen der sozial Schwachen wirklich verpflichtet fühlt. Und wenn sich die dann auch noch an den Wahlen beteiligten - dann hätte er vielleicht eine Chance...Das schreibt John Kenneth Galbraith am Schluß seines neuen Buches über den wirtschaftlichen Niedergang Amerikas, das den deutschen Titel „Die Herrschaft der Bankrotteure" hat. Galbraith ist einer der anerkanntesten Wirtschaftswissenschafter unserer Zeit, er hat für US-Präsidenten Reden geschrieben (die erste 1940 für Roosevelt) und
„Wer a Linker is', das bestimm' i", sagt Jörg Haider nicht direkt, aber er erklärt Kardinal König zum Linken, weil dieser gegen Haiders Volksbegehren aufgetreten ist. Die Präsidentschaftskandidatin der FPÖ, Heide Schmidt, rückt demnach auch ins linke Lager.Allmählich zeigt sich, daß jeder, der anderer Meinung ist als der Chef der FPÖ, ganz selbstverständlich im linken Eck steht. Wer geglaubt hat, daß es auch heute noch so etwas gibt wie die „gottgewollte" Teilung Österreichs in drei Lager, der muß allmählich anfangen umzudenken. Einen Leitfaden für diesen
Einmal denkt unsere Große Koalition weit voraus - ein ganzes Vierteljahrhundert! Aber nicht um irgendeine Zukunftsvision anzupeilen, nein: Die langfristige Planung dient der Erhaltung des Status quo.Die Rede ist vom Frauenpensionsalter. Nach langwierigen Verhandlungen um das „Frauenpaket" einigte man sich darauf, daß zunächst einmal 25 Jahre alles beim alten bleibt. Dann wird in den folgenden zehn Jahren das Rentenalter um jeweils sechs Monate angehoben. Das heißt, daß Frauen, die heute 30 Jahre alt sind, wie bisher mit 55 beziehungsweise mit 60 Jahren in Pension gehen können.
Nein, mit der Bundespolitik hatten die Gemeinderatswahlen in Salzburg nichts zu tun, aber der allgemeine politische Trend, der bei diesen Wahlen wirksam wurde, könnte sich auch in der Bundespolitik auswirken.Da bewarben sich 13 Listen um die Gunst der Wähler. Bei der letzten Wahl, 1987, waren es zwölf, aber von diesen zwölf waren bei den jüngsten 13 die meisten wieder verschwunden. Mobil sind nicht nur die Wähler geworden, sondern auch die Parteigründer.In Salzburg zieht nun ein 74j ähriger in den Gemeinderat ein; er ist Chef der „Autofahrerpartei". Die alten Kämpfer für das
An diesem Wochenende erhält der israelische Schriftsteller Amos Oz den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Mit Amos Oz wird ein Mann geehrt, der ein Mitbegründer der „Peace now“-Bewegung in Israel ist, also einer Aktionsgruppe, die für eine Versöhnung mit den Palästinensern kämpft.Der Schriftsteller bekommt den Preis für sein Eintreten gegen Fanatismus, Gewalt und Gleichgültigkeit. Amos Oz ist nicht friedensbewegt und hat mehrmals Kritik an der emotional-romantischen Haltung der deutschen Friedensaktivisten geübt. Der Israeli ist Realist und hat selbst 1967 im
Mit der Trilogie „Wie eine Träne im Ozean" erinnerte das Fernsehen an einen Autor, der es verdient, nicht vergessen zu werden: Manes Sperber (1905-1984). Er war ein Jude aus Galizien, der seinen Glauben bald verlor, der sich aber immer zum Judentum bekannte, und dies so lange tun wollte, „solange ein Jude diskreditiert wird".Der frühere Kommunist Manes Sperber wandte sich schon 1937 von dieser Ideologie ab, und er verabscheute die Teufel der weltlichen Heilslehren mehr als die Teufel der Religionen.Er, der Atheist, wandte sich gegen alle diese „Gott-ist-tot-Geschichten":
Während der Mitteleuropa-Gedanke von den Realitäten, sprich Nationalismen, zerstört wird, während sich europäische Völker am Balkan zerfleischen und noch nicht abzusehen ist, was der Zerfall des Sowjetimperiums bringt, während allenthalben davon gesprochen und geschrieben wird, daß die EG einer Krise entgegentaumle, träumt ein Franzose davon, daß sich die europäischen Werte durchsetzen werden. Aber nur dann, wenn sich die Franzosen in Europa durchsetzen: mit der lateinischen Lebensart.Der französische Werbemanager Jacques Segu61a propagiert eine Art europäischen Kulturkampf: Die
Unter der Last des Erbes des sogenannten Realsozialismus stöhnen alle einstigen Ostblockländer. Die Methoden der Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit sind vielfältig, und die Stasi-Debatte in Deutschland zeigt, welche Dimensionen diese Form der Vergangenheitsbewältigung annehmen kann.In Polen hat der einstige Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki Unmut erweckt, als er eine „Politik des Schlußstrichs" favorisierte, und in der CSFR gibt es Diskussionen um das „Durchleuchtungsgesetz", mit dem einstige führende KP-Funktionäre dadurch bestraft werden sollen, daß sie
Es begann vor einem Jahr in Hoyerswerda, dann kam Rostock, und in Cottbus gingen die ausländerfeindlichen Ausschreitungen weiter. Gründe gibt es genug: Eine schlampige Ausländerpolitik; eine Bevölkerung, der Völkerfreundschaft aufgezwungen wurde und die es nicht gelernt hat, Konflikte in offener Auseinandersetzung gewaltlos zu bewältigen; Arbeitslosigkeit, die, vor allem bei jungen Leuten, Zukunftsängste und Aggression wachsen lassen.Gerade die Ausschreitungen in Rostock haben aber auch gezeigt, daß der Ausländerhaß auch ohne Ausländer funktioniert. So wie es auch einen
Jetzt war er also auch in Wien, der Ministerpräsident Rest-Jugoslawiens, Milan Panic. Es gelang ihm aber nicht, die hier weilende Delegation des US-Senats zu überzeugen. George Mitchell, der demokratische Mehrheitsführer im Senat stellte eindeutig fest, daß die USA Serbien als den Hauptaggressor betrachten. Immer wieder wird nämlich von serbischer Seite vor einseitigen Schuldzuweisungen gewarnt. Und auch hierzulande wird manchmal so feinsinnig differenziert, daß man sich damit die Antwort auf die Frage erspart, wer denn eigentlich in diesem Krieg der Aggressor sei. Es wird dabei manchmal
Mit Hilfsgütern beladene Lkw wurden beschossen, als sie die Frontlinie zwischen den Bürgerkriegsparteien überqueren wollten. Das geschah in Mogadischu, der Hauptstadt Somalias. In der Hafenstadt Kismayn stahlen Plünderer 250 Tonnen Nahrungsmittel. Die UNO will die Kontrolle über den Hafen Mogadischu. 500 UN-Soldaten sollen die Transporte überwachen.Zu den Greuelmeldungen vom Krieg in Bosnien-Herzegowina kommen jetzt die Berichte von der Katastrophe am Horn von Afrika und im Nordosten des afrikanischen Kontinents. In unserer an traurigen Rekorden nicht armen Zeit wird von der
Zwei Präsidenten trafen einander in Zidlochovice - ein alter und ein neuer Präsident. Der neue, Thomas Klestil, hat jüngst gemeint, es genüge nicht, die Fahne in den Wind der öffentlichen Meinung zu hängen und Unpopuläres zu leugnen oder zu ignorieren. Die Menschen hätten ein Recht darauf, zu erfahren, was auf sie zukommt.Der alte Präsident, Vaclav Havel, ist einst (wie lang ist das schon her?), zum Präsidenten der Tschechen und Slowaken gewählt worden, weil er unter der kommunistischen Diktatur den Versuch gewagt-hat, in der Wahrheit zu leben. Jetzt ist er zurückgetreten.Der
Das System war es nicht, meinte der Staatsanwalt im Prozeß gegen den einstigen Präsidenten der Steiermärkischen Arbeiterkammer, Alois Rechberger. Es war nur der „Luis" wie ihn seine Freunde nannten.Der Luis, ein bulliger Kämpfer für die Rechte der Arbeiter, ein hoher Gewerkschaftsfunktionär und Nationalratsabgeordneter, war 1987 AK-Präsident geworden. Und war dann „wie im Märchen", wie es der Verteidiger beim Prozeß formulierte: Alois Rechberger verdiente nicht nur im gesamten rund 250.000 Schilling monatlich, es standen ihm auch noch drei Fonds zur Verfügung, aus denen
Die Einheit, die den Deutschen teuer ist, kommt ihnen teurer, als die verantwortlichen Politiker ahnten. Und der Aufschwung im einstigen SED-Staat wird länger dauern, als ursprünglich versprochen wurde.Der Aufbau im Osten soll finanziert werden, ohne die sozialen Verhältnisse in Westdeutschland zu verschlechtern. Und die sozialen Verhältnisse im Osten sollen möglichst rasch dem westlichen Standard angepaßt werden.Das geht nicht, sagen Experten, die etwas behaupten, was Politikern nie über die Lippen kommen würde: Im Westen Deutschlands wird es in Zukunft eher um die Umverteilung des
Das graphische Bild einer Zeitung ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck: Die Formvollendung des Designs soll den Leser zum Wort locken, zum Inhalt.Wenn die „Kleine Zeitung" ihre äußere Erscheinung ändert, dann verfolgt sie damit immer das Ziel, den Inhalt ansprechender zu präsentieren. Und der Inhalt bleibt das Wesentliche:Der Leser soll nicht zum wohlgefälligen Durchblättern verführt, sondern zum interessierten Verharren angeregt werden. Wenn die Zeitung bunter wird, dann heißt das auch vielfältiger im redaktionellen Angebot, vielleicht auch
Bewegt und begeistert schilderte jüngst der evangelische Bischof Dieter Knall vor dem Ennstaler Kreis ein persönliches ökumenisches Erlebnis: Mit anderen Bischöfen seiner Glaubensgemeinschaft hatte er eine protestantische Gemeinde im asiatischen Teil der einstigen UdSSR besucht. Während der freudigen Begrüßung tauchte auch eine Delegation von Katholiken aus einer Nachbargemeinde auf und bat dringend: „Kommt doch auch zu uns, Brüder." Und auch orthodoxe Christen wollten einen Gottesdienst mit den evangelischen Bischöfen feiern.Die Erzählung von dieser Begegnung war für Bischof
Die UNCED in Rio war eine Riesenkonferenz, die zweite Umweltkonferenz der UNO, ein weltweites Unternehmen zur Rettung unseres Planeten. Vor 20 Jahren hatte die erste Konferenz dieser Art in Stockholm stattgefunden. Generalsekretär beider Konferenzen war Maurice Strong, der die Bilanz seit Stockholm sehr nüchtern zog: „In den 20 Jahren ist zwar in vielen Bereichen ein Fortschritt erzielt worden, der Patient ist aber, allgemein gesprochen, hinfälliger geworden. Die globale Umweltsituation hat sich verschlechtert."Es besteht wenig Hoffnung, daß die Konferenz von Rio hier einen
In Deutschland hat sich die Bonner Koalition auf ein Reformprogramm für das Gesundheitswesen geeinigt. Es geht dabei um strukturelle Eingriffe, aber auch um Einsparungen bei Ärzten, bei Kliniken und der pharmazeutischen Industrie. Natürlich werden auch die Versicherten durch eine zusätzliche Selbstbeteiligung wieder zur Kasse gebeten - aber eben nicht nur sie.Sparen und Strukturveränderungen in der gesetzlichen Krankenkassenversicherung - das ist ein Modell, das auch in Österreich notwendig wäre, doch die Große Koalition wagt es nicht, eine solche Reform in Angriff zu nehmen, obwohl
Es hat sehr lange gedauert, aber nun hat sich der Sicherheitsrat der UNO doch zu einem Embargo gegen Serbien und Montenegro durchgerungen. Es wurde ein totales Handelsembargo beschlossen und das Einfrieren der serbisch-montenegrinischen Auslandsguthaben.Die Schlangen vor den Tankstellen und Lebensmittelgeschäften sind erste Auswirkungen der UNO-Sanktionen, doch sie zeigen natürlich auch, wen diese Maßnahmen vor allem treffen: die Bevölkerung.Andererseits könnte gerade die wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung endlich zu einer Wende und zum Ende des furchtbaren Krieges führen. Und
Am vergangenen Sonntag ging in Leipzig die Buchmesse zu Ende. Ob es sie 1994 noch geben wird, weiß niemand. In einem Cafe ist für unsere kleine Gruppe ein Tisch bestellt. Ein Kärtchen signalisiert den Zeitpunkt. Als wir ankommen, sitzt ein Paar dort, ins Gespräch vertieft, aber vor leeren Tassen. Die Konsuma-tion ist offenbar schon abgeschlossen. Ohne besondere Dringlichkeit und höflich machen wir darauf aufmerksam, daß hier für uns besetzt ist. Es kommt zu einem kleinen Disput; er steht plötzlich auf und beide verlassen abrupt ihre Plätze. Im Weggehen wünscht uns der empörte Sachse
In Sarajewo breitet sich der Hunger aus; auch in kroatischen und slowenischen Lagern hungern Flüchtlinge aus den Kampfgebieten in Bosnien. Neulich brachte das Fernsehen Bilder einer weinenden Frau, die um ein paar Stücke Brot für ihre Kinder flehte. Ein paar Stunden später konnte man in „Wetten, daß...?" mitbangen, ob es einem einfallsreichen und ungemein wagemutigen Menschen gelingen werde, über eine „Piste" roher Eier zu fahren, ohne daß eines zerbrach.Es tauchen in dieser Sendung ja die merkwürdigsten Leute auf, und wie mir berichtet wurde, soll sich eine Art Stuntman
Mit dem Thema Ethik und Politik beschäftigt sich bei uns kaum noch jemand. Die Frage, ob Politik und Ethik noch etwas miteinander zu tun hätten, wird aber fallweise noch von Intellektuellen aus einstigen Ostblock-Ländern gestellt. Adam Michnik zum Beispiel, der polnische Historiker und Essayist, sieht im mißgünstigen Populismus die degenerierte Ausdrucksform der menschlichen Sehnsucht nach einer gerechten Gesellschaft. Und der haßerfüllte Chauvinismus ist für ihn die degenerierte Ausdrucksform des menschlichen Bedürfnisses nach nationaler Identität, ein Bedürfnis, das der
Noch immer wird in Deutschland über die Erfolge der Rechtsextremen bei den letzten Wahlen diskutiert. Wachsame Politiker spüren, daß sich nun eine Vertrauenskrise der Politik auszuwirken beginnt. „Asyl -Die Politiker versagen", war die Schlagzeile einer Titelgeschichte im „Spiegel". Und in der Hamburger „Zeit" schrieb Theo Sommer: „Das Volk ist nicht unregierbar - es ist unregiert. Zu vieles bleibt unerledigt liegen. Die Asylfrage bietet nur das eklatanteste Beispiel."Der Rechtsruck erfaßt auch Parteien wie die CDU. Heiner Geißler, Mitglied des
Die Kandidatin und der Kandidat der Oppositionsparteien gerieten heftig aneinander, indes Rudolf Streicher und Thomas Klestil sich nobel zurückhielten. Fem-seh-Konfrontationen sind aufschlußreich - auch in dem, was nicht gesagt wird. Heide Schmidt und Robert Jungk standen unter dem Druck der Attacken, die Jörg Haider gegen den Zukunftsforscher und Kandidaten der Grün-Altemati-ven gestartet hatte.Jungk entlud seinen Grimm auf Heide Schmidt, die in diesem Präsidentschaftswahlkampf ständig betonen muß, daß sie ein eigenes Profil hat.Dazu kommt noch etwas anderes: Jungk, der mir in einem
Im „aggiornamento" des Zweiten Vatikanums sah er weder eine „Anpassung" noch eine „Modernisierung", sondern im Grunde etwas sehr Altmodisches: Die Rückkehr zum mittelalterlichen Begriff der „Christenheit", erweitert durch die im Zeichen der heraufsteigenden Weltkultur nähergerückten Völker anderer Erdteile.Carl Amery, von dem hier die Rede ist, schrieb das vor 25 Jahren. In diesen Tagen, am 9. April, feiert der „konservative Rebell" aus Bayern seinen 70. Geburtstag.1963 erschien seine Streitschrift „Die Kapitulation oder Deutscher Katholizismus
Die Wiederkehr des Gleichen macht uns wieder einmal zu schaffen. Ein neuer Modemismusstreit bahnt sich an oder ist schon ausgebrochen, der Liberalismus wird wieder als zersetzende Kraft entdeckt. Innerkirchlich bedeutet das die Einübung in die Ausgrenzung. Wer es wagt, kritische Positionen einzunehmen, dem wird flugs unterschoben, nicht mehr katholisch zu sein.Gibt es in der Kirche wirklich so etwas wie ein konstitutionelles Mißtrauen gegen die Freiheit des Geistes oder sind wir derzeit nur in einem Wellental - freilich besonders tief unten für alle jene, die das Zweite Vatikanum als
„Wir haben hier im Osten keine Revolution gemacht, damit die Vertreter der alten Macht ihr Gehalt in Westmark bekommen." Diesen Vorwurf richtet Bärbel Bohley an die Politik-Profis in Ost und West. In einem offenen Brief rechnet sie aber vor allem mit dem „fatalen Opportunismus des,Westens" ab. Die einstige Bürgerrechtskämpferin bemerkt in diesem Schreiben an Antje Vollmer (in der FAZ), jetzt gehe es wieder einmal darum, die Vergangenheit zu retuschieren. Sie erinnert daran, daß Egon Bahr einst dem grünen Abgeordneten Wilhelm Knabe einen Brief geschrieben habe mit der
Die Pensionsreform, wie sie derzeit von Sozialminister Josef Hesoun vorbereitet wird, ist keine Reform, sondern ein Re-förmchen. Das eigentliche Problem bleibt unangetastet: Der Generationenvertrag, auf dem unser Pensionssystem beruht, wird in spätestens 15 Jahren nicht mehr funktionieren: Die Jungen werden sich weigern, über den Staat die Pensionen der Älteren mitzufinanzieren. Martin Zumtobel, der jüngst seine neue Wirtschaftspartei vorstellte, sagt das ganz offen, und er hat das erklärte Ziel, mit seiner Parteigründung das „wirtschaftliche Denken" in der ÖVP zu fördern. Die
Dieser Tage ging ein Foto durch die Presse: Bundeskanzler Helmut Kohl wird in Prag von Menschenmengen beschimpft. Vor allem ältere Frauen und Männer schütteln die Fäuste gegen Kohl. Es geschah bei der Unterzeichnung des deutschtschechoslowakischen Freundschaftsvertrages, und in diesem Vertrag wird die Vertreibung der Sudetendeutschen als Gewalttat bezeichnet.Mehr als drei Millionen Menschen wurden 1945 vertrieben, viele von ihnen wurden getötet. Und das soll keine Gewalttat sein?Als ich vor einiger Zeit mit der Schriftstellerin Libuse Monikovä sprach, war ich verblüfft, wie einseitig
Er beschrieb die Welt von gestern, er war überzeugt von der Existenz einer Welt des Geistes, und er fühlte sich als Hüter des europäischen Erbes. Stefan Zweig, der vor 50 Jahren in Brasilien im Exil Selbstmord beging, wurde in den letzten Tagen oft gewürdigt. „Klar sehen und doch nicht verzweifeln" wollte er. 1939 äußerte er diesen Wunsch in einem Brief an Felix Braun. Und den Schriftsteller-Kollegen Joseph Roth forderte er auf, nicht hart zu werden, in der Bitterkeit des Exils.Stefan Zweig sah klar und verzweifelte schließlich doch. Manchmal ist man verwundert über die
„Lassen Sie das Kind vor dem ersten Schrei in den Kübel plumpsen", so lautete der Auftrag des Klinikchefs. Das Ertränken von Frühgeborenen, die weniger als 1.000 Gramm wogen, gehörte an Kliniken der DDR zum System.Leben, das als lebensunwert deklariert wurde, landete im Kübel: Wegwerfleben, Abfall. Mir fällt da eine Warnung Vaclav Havels ein, der einmal bemerkte, der sogenannte posttotalitäre Sozialismus sei eigentlich der bedrohliche „Gipfel" einer Entwicklung, von der es Tendenzen auch im Westen gäbe.Warum wird Leben vier Monate lang als Sache betrachtet, die aus dem
Er wird dieser Tage 70, hat aber nichts von seiner Dynamik verloren: Wladyslaw Barto-szewski, der Schnelldenker, hat die Antwort oft schon parat, ehe die Frage ganz ausgesprochen wurde. Seit 1990 ist er Botschafter Polens in Österreich, und auch in dieser Funktion fühlt er sich der Dreiheit verpflichtet, die sein Leben bestimmt: Erinnern, Schreiben, Sprechen.„Unbeugsam friedlich" ist der leidenschaftliche Christ Barto-szewski immer in Konflikt mit den Mächtigen geraten, wenn ihn sein Gewissen dazu drängte: Als 18jähriger kam er ins Konzentrationslager Auschwitz; er nahm als
Der polnische Aphoristiker Wieslaw Brudzinski hat die Steigerung des Luxus einmal so definiert: eigenes Auto, eigene Villa, eigene Meinung. Der eigentliche Luxus liegt aber immer mehr darin, die Meinung, die man hat, auch öffentlich zu vertreten. Das gilt vor allem für Politiker, die zudem versuchen müßten, eine Meinung nicht nur zu haben, sie öffentlich zu vertreten - sondern im Spiel der politischen Kräfte auch durchzusetzen.Dieser Wille kommt immer mehr abhanden, weil vor jeder politischen Entscheidung erwogen wird, welche Wählerschichten vergrämt werden könnten. Demoskopie ersetzt
„Es gibt kein politisches Gebilde in Europa, dessen Existenz so sehr mit den Identitätsproblemen seiner Mitglieder verbunden ist wie Östereich."Mit diesem Satz beginnt Friedrich Heer seine fast 600 Seiten umfassende Studie „Der Kampf um die österreichische Identität". Dieser Kampf ist noch lange nicht zu Ende, und er ist derzeit in eine neue Phase getreten. Der Zusammenbruch des Kommunismus und die Einigung Europas zwingen zur Selbstreflexion. Da flackert eine Diskussion um den Staatsvertrag auf, da tauchen scheinbar unvermutet Neonazi-Probleme auf, da werden Insignien des
Beim Neujahrstreffen der FPÖ in Oberlaa hat der Chef der Freiheitlichen, Jörg Haider, auch Winston Churchill zitiert: „Gelegentlich stolpern Menschen über eine Wahrheit. Aber sie richten sich auf und gehen weiter."Jörg Haider geht weiter seinen Weg; die „Wahrheit" über die er stolperte, war seine Bemerkung über die erfolgreiche Beschäftigungspolitik im Dritten Reich...Jörg Haider sagte auch noch etwas anderes beim Neujahrstreffen in Oberlaa: Wenn Franz Vranitzky das Anschlußverbot als „Instrument der Umerziehung" verewigen wolle, dann sei dies eine
Wenn die Volkspartei nach dem Dreikönigstreffen in Salzburg wieder einmal zur Reform schreitet, dann steht zu hoffen, daß es diesmal tatsächlich eine grundlegende Reform wird, eine Reform, die mehr ist als eine Diskussion über notwendige Reformen. Die Parteiverdrossenheit ist nämlich ein Dauerproblem, und in Wahrheit wissen die großen Parteien längst, was sich ändern sollte und wie es geändert gehörte.Seit mindestens 15 Jahren gibt es eine intensive Diskussion über den Strukturwandel in der Gesellschaft, der auch das Wesen der Parteien umformt. Der deutsche Politikwissenschaftler
Die Sowjetunion ist zerfallen, in Belgrad demonstrierten Tausende gegen die Anerkennung Sloweniens und Kroatiens durch europäische Staaten. Gleichzeitig wollen nicht nur Slowenien und Kroatien als eigenständige Staaten anerkannt werden, sondern auch Mazedonien und Bosnien-Herzegowina.Das waren Meldungen zum Weihnachtsfest 1991, und die Folgen dieser Umwälzungen werden uns bis über das Jahr 1992 hinaus verfolgen.In der Frage der Anerkennung Kroatiens und Sloweniens hat das vereinigte Deutschland demonstrativ eine Vorreiterrolle übernommen. Außenminister Genscher und Kanzler Kohl haben ein
Jacques Delors, der Präsident der EG-Kommission weiß es ganz genau: Eine vorzeitige Anerkennung Kroatiens und Sloweniens würde noch mehr Blutvergießen bedeuten. So beruhigt jeder sein Gewissen. In Wahrheit aber zeigt diese Auseinandersetzung um die Anerkennung, daß der Weg zum gemeinsamen Europa noch sehr weit ist, und daß die alten Ängste, wer die Vormacht in Europa hat oder haben könnte nach wie vor lähmend wirksam sind. England und Frankreich voll Mißtrauen gegenüber dem vereinigten Deutschland, die USA als Weltmacht ungerührt pragmatisch, oder was halt so als Pragmatismus
„Immer mehr Polizisten suchen Nebenjobs. Der Polizeidienst wird als Nebenberuf gesehen, den man ausübt, um eine Pension zu bekommen." So schilderte mir vor etwa sechs Wochen ein Polizist die Situation in seinem Arbeitsbereich. Er faßte sie in einem Satz zusammen: „Bei der Polizei wachsen Frust und Radikalisierung."Bei den Personalvertretungswahlen hat sich dieser Frust in einem Rechtsruck ausgewirkt. In Scharen laufen die Exekutivbeamten zur FPÖ über. Die Tendenz zu einer Radikalisierung der Exekutive kommt nicht von heute auf morgen und sie ist nicht auf Österreich
Nun wird uns allenthalben ein fairer Wahlkampf für die Bundespräsidentenwahl versprochen. Was die Kandidaten anlangt, ist das durchaus glaubwürdig. Aber was werden die Parteisekretariate tun?Jörg Haider hat ja schon den Ton angeschlagen, der hoffentlich nicht die Wahlkampfmelodie bestimmen wird. Ein Freimaurer und ein CVer stünden gegen eine Liberale, so wurde den hellhörigen Wählern bewährt sachlich mitgeteilt. Schon werden wieder Emotionen geweckt, schon wird wieder gegenübergestellt. Natürlich ohne etwas direkt zu sagen: Es genügt der Appell an Halbbildung, Ressentiment und
Der österreichische Aktionist Otto Mühl, der sich ein florierendes Kommunen-Imperium aufgebaut hatte, wurde wegen Sexualverbrechen an jungen Mädchen zu sieben Jahren Haft verurteilt. In diesem Prozeß spielte auch ein politischer Hintergrund eine Rolle, wie er seit den Verhandlungen gegen Proksch nicht mahr ganz unbekannt ist. Als Hilde Schmölzer im Jahr 1973 ihr Buch „Das böse Wien" veröffentlichte, charakterisierte sie Mühl so: „Seine" Popularität hat er vor allem Skandalen zu verdanken, denn seine spektakulären Auftritte brachten ihm nicht nur über vier Monate
Jubiläen werden jetzt schon im Einjahresrhythmus gefeiert. Insofern war die Erinnerung an den Fall der Berliner Mauer vor zwei Jahren ein Gedenken mit Verzögerungseffekt. Es hieß immer, daß nun die Mauer in den Köpfen noch abgebaut werden müsse, indessen aber entstehen neue Mauern, und die Mauer zwischen Ost und West sei „höher als je zuvor", wie „Der Spiegel" deutsche Jugendforscher erkunden läßt.Vor allem die Jugend in der einstigen DDR schwanke zwischen Selbstmitleid und Heimweh nach früher und Wut auf das allzu westliche Einheitsdeutschland.Eine Leipziger Maturantin
Jüngst haben wir ein ganz wichtiges Handballspiel gewonnen: Österreich siegte gegen Jugoslawien. Der Sprecher sagte nur, daß in der jugoslawischen Mannschaft 80 Prozent der Spieler Serben waren.Es war ein Jubelbericht über einen österreichischen Sieg, und da der Sport bekanntlich völlig unpolitisch und angeblich auch völkerversöhnend ist, scheint niemand gefragt zu haben, ob man dieses Spiel wirklich hätte austragen dürfen.So hilft der unpolitische Sport in Österreich mit, die Fiktion eines jugoslawischen Staates aufrechtzuerhalten. Indes wurde in Kroatien weitergeschossen und mit
Welche Erleichterung war das, als sich die EG des Jugoslawien-Problems annahm: So, jetzt geht's uns nichts mehr an. Nein. Natürlich sagte das niemand offen, aber ein paar öffentliche Erklärungen klangen so ähnlich. Unsere Parlamentarier begründeten dann mehrheitlich in einer Sondersitzung des Nationalrates, warum ein Alleingang in der Frage der Anerkennung unangemessen sei, und jetzt sind alle heilfroh, daß eine Anerkennung angeblich sowieso nichts mehr nützen würde.Indes sterben in Kroatien weiter Menschen und immer mehr werden als Flüchtlinge heimatlos. Vor einer Libanonisie-rung in
Leonardo Boff hat resigniert, Eugen Drewermann wurde von seinem Bischof in Paderborn als Theologe suspendiert. Alles in Ordnung. Die Kirche macht von ihrem Recht zur Disziplinierung Gebrauch. Die Einheit der Lehre geht über alles, auch wenn sie nur mehr als Fiktion existiert. Alles in Ordnung?Ja, wenn Theologie als Apologie des bestehenden, überlieferten Glaubensgutes betrachtet wird. Es gibt freilich Theologen, die meinen, Theologie sei die Selbstprüfung der Kirche von ihrem Inhalt her; es gibt auch die immer wieder auftauchende Frage, ob ein gewachsenes, nicht mehr ausrottbares
In der ÖVP wird man nachdenklich, nachdem nun auch die Bastion Oberösterreich gefallen ist, das heißt: Die Volkspartei hat auch im Land ob der Enns keine absolute Mehrheit mehr. Seit die ÖVP in der Großen Koalition ist, verliert sie eine Wahl nach der anderen. Erhard Busek beginnt schon laut nachzudenken: Mehr Reformdruck sei innerhalb der Koalition notwendig, die Entscheidungen dürften nicht auf die lange Bank geschoben werden.Und wenn alles nichts nützt, kommt dann die Annäherung an die FPÖ des Jörg Haider?In der Steiermark, wo man sich mit dem oberösterreichi-'schen Wahlergebnis
Eine „Koalition der Vernunft" wird in Deutschland gefordert, um gegen die Pogromstimmung anzukämpfen, die im sächsischen Hoyerswerde zu entsetzlichen und beschämenden Angriffen auf Ausländer geführt hat. Aber der „häßliche Deutsche", wie er sich in dieser Lausitzer Stadt zeigte, ist kein lokal begrenzbares Phänomen. Brave Bürger, die zuschauen, wenn rechtsradikale Schläger Ausländer verprügeln, Bürger, die diese entfesselten Horden auch noch anfeuern.Ein Rückfall in die Barbarei -oder der ganz normale Wahnsinn, der sich über Europa auszubreiten beginnt?
„Haider ist wieder da! - Landeshauptmann Josef Krainer und die Volkspartei demoliert!" So jubelte die,.Kronen-Zeitung" nach der steirischen Landtagswahl.Nur damit die Relationen verständlich werden: die steirische ÖVP hat nach 34 Jahren absoluten Regierens die absolute Mehrheit verloren und erhielt noch 44,2 Prozent der Stimmen. Die FPÖ verdreifachte ihren Stimmenanteil gegenüber der Landtags wähl 1986, die ÖVP verlor 7,5 Prozent der Stimmen und vier Mandate. Im Vergleich zur Nationalratswahl im Vorjahr gewann die Volkspartei elf Prozent dazu, die FPÖ verlor 1,4 Prozent.Auch
Der legendäre einstige ostdeutsche Geheimdienstchef Markus Wolf ist also in Österreich festgenommen worden. Er hat einen Asylantrag gestellt, dessen Behandlung sicher ein paar Wochen dauern wird. Indes kann Wolf Werbung für sein neues Buch betreiben. Geheim natürlich. Es heißt „In eigenem Auftrag" und enthält vorgeblich Bekenntnisse und Einsichten.Der 68jährige „Mischa" Wolf war von 1951 bis 1987 im Ministerium für Staatssicherheit der DDR tätig, zuletzt als Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung und stellvertretender Minister. Und was hat er da gemacht? „Zur Erhaltung
„Immer mehr Ärzte helfen Schwerkranken, sanft zu sterben." Das konnte man jüngst auf der Titelseite des politischen Magazins „Newsweek" lesen. Das Blatt hatte seine Titelgeschichte einem Thema gewidmet, das derzeit in den USA heftig diskutiert wird: Wohlüberlegter Selbstmord und Anleitungen dazu.Die genauen Anleitungen liefert ein Bestseller, der in der beliebten Sparte der sogenannten Ratgeber-Bücher erschienen ist: „Last Exit" von Derek Humphry. Die wichtigsten Selbstmordmethoden werden hier analysiert, und der Autor gibt Tips, wie man am besten erreichen kann, daß
Imperien beginnen von den Rändern her zu bröckeln, aber sie brechen erst zusammen, wenn das Zentrum nicht mehr funktioniert. Das Zentrum der Sowjetunion war die kommunistische Partei. Und diese Partei ist am Ende.Damit ist auch in der Sowjetunion das Ende eines Systems gekommen, das auf der Alleinherrschaft einer unfehlbaren Partei aufgebaut war. Die Partei hatte immer recht. Die Partei machte keine Fehler, die Partei konnte daher auch nicht aus Fehlem lernen.Als am Montag der Oberste Sowjet in Moskau zu einer Sitzung über die Zukunft des Sowjetstaates zusammentrat, sagte der Vorsitzende in
Die Bayern kündigten einen „bayerischen Aufschrei" an, der bis Berlin zu hören sein werde und auch sonst gab es Aufregung in Deutschland: Am Freitag, 16. August, wird der Sarkophag mit dem, was von „Friedrich dem Großen" übrig geblieben ist, von der Hohenzollemburg in Hechingen nach Potsdam übergeführt. Dort, in Sanssouci, wird er, seinem letzten Wunsch entsprechend, endlich beigesetzt. 205 Jahre nach seinem Tod.Der Ort der Beisetzung ist so ziemlich das einzige, was dem Testament des Königs entspricht. Er wollte „weder geöffnet noch einbalsamiert" werden und wurde
Der Vermittlungsversuch der EG in Jugoslawien ist gescheitert. Radikale Tschetniks erobern indes, zusammen mit Teilen der Armee, Dorf um Dorf in jenen Gebieten, die für ein kommendes Großserbien beansprucht werden. Der Überfall auf Slowenien war nur die mißglückte Probe für das eigentliche Ziel, das dieser Tage der Tschet-nik-Führer Borislav Seselj im ORF mit brutaler Offenheit formuliert hat: „Ungarn ist frei, die Sowjets sind abgezogen, Slowenien können wir vergessen, Kroatien werden wir amputieren."Die katholischen Kroaten, so meinte Seselj, sollen bleiben, wo sie sind, aber
Wieder einmal gibt es in Deutschland eirie heftige öffentliche Diskussion über die Abtreibung - und wieder wird klar: Diese Diskussion kann gar nicht aufhören, weil es sich hier um ein ethisches Problem handelt, das mit juristischen Mittel nicht aus der Welt zu schaffen ist.In Deutschland geht es jetzt darum, daß nach der Vereinigung eine gemeinsame juristische Form für die Bewertung des Schwangerschaftsabbruchs gefunden wird. Denn im östlichen Teil Deutschlands gilt die Fristenregelung und in der Bundesrepublik eine Indikationsregelung. Schon werden auch wieder Kulturkampftöne laut:
„Tödlich ernst" meinen es die USA mit ihrer Ankündigung, die Atom-Aufrüstung des Irak auf jeden Fall zu verhindern. Das versicherte der amerikanische Verteidigungsminister Cheney. Schön wäre es, wenn dieser Ernst früher ausgebrochen wäre: Als Saddam Hussein mit westlichen Bankkrediten von einer US-Firma veraltete und energieintensive Anlagen zur Uranaufbereitung erwarb. Damals war Saddam noch nicht der Satan, sondern ein Geschäftspartner.Die Großen Sieben haben bei ihrem Weltwirtschaftsgipfel in London nicht nur Gorbatschow Hilfe versprochen, sie haben auch eine Kontrolle des
Als der einstige Bundeskanzler Josef Klaus zum ersten Staatsbesuch nach Jugoslawien fuhr, lernte er einige Brocken Serbokroatisch - als Geste gegenüber seinen Gastgebern.Als Kanzler Franz Vranitzky im Frühjahr 1990 ein paar Tage in Belgrad weilte, mußte er sich nach seinem Besuch vor allem in der slowenischen Presse schwere Vorwürfe gefallen lassen, weil er, nach Ansicht der Slowenen, zu sehr die staatliche Einheit Jugoslawiens betont hatte.Das Bemühen um ein gutes Verhältnis zum offiziellen Jugoslawien hat die von Serben dominierte Armeeführung nicht gehindert, in der derzeitigen Krise