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Frieden - einmal anders

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An diesem Wochenende erhält der israelische Schriftsteller Amos Oz den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Mit Amos Oz wird ein Mann geehrt, der ein Mitbegründer der „Peace now“-Bewegung in Israel ist, also einer Aktionsgruppe, die für eine Versöhnung mit den Palästinensern kämpft.

Der Schriftsteller bekommt den Preis für sein Eintreten gegen Fanatismus, Gewalt und Gleichgültigkeit. Amos Oz ist nicht friedensbewegt und hat mehrmals Kritik an der emotional-romantischen Haltung der deutschen Friedensaktivisten geübt. Der Israeli ist Realist und hat selbst 1967 im Sechs-Tage-Krieg und 1973 im Jom-Kippur-Krieg mitgekämpft. Er legt Wert auf die Unterscheidung, daß er ein Friedensaktivist sei und kein Pazifist.

Schlimmer als Gewaltanwendung ist für Amos Oz nur die Kapitulation vor der Gewalt; und nicht Krieg, sondern Aggression ist für ihn das Böse schlechthin. Er schüttelt den Kopf über einen Pazifismus, der den Anschein zu erwecken versucht, das Gegenteil von Krieg sei Liebe oder etwas ähnliches. In einem Interview hat er präzisiert, was er unter Frieden versteht: „Das Gegenteil von Krieg ist Frieden. Und Frieden schließt man mit dem Feind, nicht mit dem Freund. Im Gegensatz zu den meisten Europäern ist Friede für mich keine gefühlsmäßige Angelegenheit, sondern ein Modus vivendi, eine Form von Koexistenz. Friede heißt: aufhören zu töten und anfangen zu leben.“

Der Literat Amos Oz hat die Deutschen über die Literatur kennengelemt. Er verdankt es Autoren wie Siegfried Lenz, Günter Grass und Heinrich Böll, daß er die Deutschen nicht einfach hassen kann, weil er durch diese Autoren gezwungen wurde, „in die Haut eines Deutschen zu schlüpfen“. Und da fragte er sich, was er getan hätte, wenn er 1933 sechzehn Jahre alt gewesen wäre...

Amos Oz bekennt sich zu einer lebendigen Vergangenheit, aber er wehrt sich dagegen, daß diese Vergangenheit Macht über den Menschen gewinnt.-Die Vergangenheit sollte genützt werden, aber man sollte sich hüten, sich von ihr beherrschen zu lassen.

So fordert der Friedenspreisträger die Völker auf, sich dagegen zu wehren, daß die Vergangenheit von ihnen Besitz ergreift: „Nicht indem wir sie vergessen, nicht, indem wir sie verdrängen, sondern indem wir uns bewußt machen, daß die Vergangenheit uns gehört und nicht wir ihr.“

Amos Oz ist mit Hilfe der Literatur in die Haut der Deutschen geschlüpft. Das habe ihm die Sache nicht leichter gemacht, gestand er einmal. Eine Gelegenheit, die Israelis besser kennen-zulemen, bieten die Bücher von Amos Oz. Sein jüngstes, der Roman „Der Dritte Zustand“, steht derzeit an der Spitze der Bestenliste des Südwestfunks.

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