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Ein seltsamer Frontenwechsel
„Wer a Linker is', das bestimm' i", sagt Jörg Haider nicht direkt, aber er erklärt Kardinal König zum Linken, weil dieser gegen Haiders Volksbegehren aufgetreten ist. Die Präsidentschaftskandidatin der FPÖ, Heide Schmidt, rückt demnach auch ins linke Lager.
Allmählich zeigt sich, daß jeder, der anderer Meinung ist als der Chef der FPÖ, ganz selbstverständlich im linken Eck steht. Wer geglaubt hat, daß es auch heute noch so etwas gibt wie die „gottgewollte" Teilung Österreichs in drei Lager, der muß allmählich anfangen umzudenken. Einen Leitfaden für diesen Umdenkprozeß liefert das in Graz erscheinende freiheitliche Magazin „Die Aula" in seiner letzten Nummer, die unter dem Motto „Das Kreuz mit der Kirche" steht.
Das Kreuz ist in diesem Fall halb so schlimm, denn wir erfahren, daß „die nationalliberale Erneuerungsbewegung für Österreich" drauf und dran ist, „ein positives Arrangement mit dem Katholizismus im Lande" zu finden. Da sich Haider „als gläubiger Katholik" deklariert hat, steht diesem Arrangement tatsächlich nichts mehr im Wege, vorausgesetzt, man räumt die Linken, wie Kardinal König, Weihbischof Kuntner und andere verdächtige Figuren rechtzeitig aus dem Wege.
In der „Aula" wird die Katholi-zität Haiders so erläutert: „Er anerkennt, daß es „eine religiösethische Instanz über die materielle Welt hinaus" gibt.
Wenn Haider Kritik am „Bodenpersonal Gottes" übt, dann sind das, erraten, wiederum die Linkskatholiken.
Die „Aula" erkennt, daß Kardinal Groer und Bischof Krenn irgendwie zu Partnern der Nationalliberalen geworden seien. Und so sind, nachdem man den Gegner eindeutig auf der Seite der gewerbsmäßigen Antifaschisten geortet hat, die Fronten klar:
Jörg Haider und seine Freiheitlichen sind „auf dem Gebiete des Kirchenkampfes" zu einem „ernstzunehmenden Gegner" derer geworden, die es wagen, innerkirchliche Kritik zu üben. Die Nachkommen von Schöne-rers „Los-von-Rom-Bewegung" finden Gemeinsamkeiten mit denen, die ihre Väter als „Ultramontane" und „Klerikale" verdammt haben.
Dieser Frontenwechsel ist nur möglich, weil die Fronten immer verschwommener werden. Zum Beispiel definiert niemand genau, was „liberal" eigentlich ist, und „nationalliberal" ist überhaupt eine Kategorie, die im heutigen Österreich nur mühselig einzuordnen ist.
Die „Aula" findet jedenfalls, daß „katholisch Konservative und Freiheitliche heute im selben Boot" säßen. Bleibt nur die Frage, wie voll dieses Boot eigentlich ist.
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