7073200-1993_09_04.jpg
Digital In Arbeit

Der fünfte apokalyptische Reiter

Werbung
Werbung
Werbung

Als „Bestseller der achtziger Jahre” wurde einst das Buch „Der fünfte Reiter” des Autorenduos Larry Collins und Dominique Lapierre gefeiert. Es war eine gut recherchierte Fiction: Im Auftrag des libyschen Revolutionsführers Muammar al Gadaffi verstecken arabische Terroristen in New York eine Atombombe. Die Regierung in Washington wird mit der Drohung politisch erpreßt, die Bombe zu einem bestimmten Zeitpunkt zu zünden.

Collins-Lapierre hatten ein Szenario gewählt, das nicht unrealistisch war. 1974 war Präsident Gerald Ford zum ersten Mal mit einer solchen Situation konfrontiert: Angebliche palästinensische Terroristen drohten, einen atomaren Sprengsatz in Boston zu zünden. Es handelte sich aber nur um einen üblen „Scherz”. Rund 50 solcher Drohungen gegen Amerikanische Städte und Institutionen gab es in den siebziger Jahren. , Collins-Lapierre machten Gadaffi zum fünften Reiter der Apokalypse - den Eingeweiden der Hölle entsprungen, um die Menschheit mit einem unvorstellbaren Grauen zu geißeln. Das war die Zeit des „Gleichgewichts des Schreckens”, das sich hinter der eindeutig-zweideutigen Abkürzung MAD verbarg: „Mutual Assured Destruction”, also: Garantierte gegenseitige Vernichtung - verrückt.

Anfang der neunziger Jahre wurde Iraks Diktator Saddam

Hussein als eine Art fünfter apokalyptischer Reiter bekriegt. Dazwischen lag der Untergang des kommunistischen Weltreiches und der Beginn des Krieges im einstigen Jugoslawien.

Nach dem Bombenattentat auf das World Trade Center in New York gab es 26 „Bekenner”-An-rufe. Da meldeten sich „kroatische Nationalisten” und eine „serbische Befreiungsfront”. Der US-Außenminister Warren Christopher schloß die Möglichkeit nicht aus, daß tatsächlich der Balkan bis Manhattan seine zerstörerische Wirkung entfalten könnte. Aber auch ein Attentat aus Anlaß des zweiten Jahrestages des Beginnes des Golfkrieges wurde in Erwägung gezogen.

„Der Terrorismus, früher der letzte Ausweg eines Verrückten, ein destruktiver Akt, ist zu einer blühenden Wachstumsindustrie geworden.” Das schrieb der Aggressionsexperte Friedrich Hak-ker in den siebziger Jahren. Mit dem Niedergang der einstigen UdSSR haben sich die Möglichkeiten vervielfacht, daß Atomwaffen in die falschen Hände kommen. „Der fünfte Reiter” hat eine verstörende Aktualität.

Und die Amerikaner sind nach dem Anschlag auf das WTC zutiefst verunsichert. Im Kalten Krieg waren die Fronten klar und die Feinde eindeutig definiert. Jetzt entstehen fast täglich neue Fronten.

Und die „normalen” Psychopathen werden auch nicht weniger.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung