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Im Geist des Vertrauens

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Der steirische Bischof Johann Weber zeigte sich bewegt, als er am vergangenen Samstag in der evangelischen Heilandskirche in Graz eine Homilie hielt: „Es ist nicht alltäglich, daß ein katholischer Bischof von einer evangelischen Kanzel predigt.” Es war auch nicht alltäglich, daß zur gleichen Zeit im vollen Grazer Dom der evangelische Superintendent Christian Gerhold in einem ökumenischen Gottesdienst zu den Gläubigen sprach. Und es war nicht alltäglich, daß Gerhold und Weber dann am Abend in einer Art gemeinsamer Wechselrede bei einer festlichen Schlußveranstaltung diesen denkwürdigen Tag beendeten.

„Gemeinsam können wir die Welt zum Staunen bringen”, hieß es in einem der Texte, die ein ökumenischer Arbeitskreis für den Gottesdienst in der Heilandskirche ausgearbeitet hatte. Und es war wirklich erstaunlich und. manchmal ergreifend, welches Klima einer friedvollen Heiterkeit Christen schaffen können, wenn sie mit sich und mit anderen wie Christen umgehen.

Dieser „Tag der Steiermark” stand im Zeichen des Dialoges und wurde zweieinhalb Jahre vorbereitet. Wahrscheinlich war diese Vorbereitung das eigentliche Ereignis, das die beiden Konfessionen einander näher brachte und beim zahlenmäßig schwächeren Partner auch die Angst überwinden half, an die Wand gedrückt zu werden. Die Pfarren wurden miteingebunden und hatten bei der Gestaltung ihrer Programme freie Hand. So kam an diesem Tag auch der umstrittene Theologe Eugen Drewermann nach Graz, und der Indianerbischof Erwin Kräutler wurde bei der Schlußveranstaltung von Landeshauptmann Josef Krainer als „personalisiertes Symbol der Hoffnung” angesprochen.

Wir sollten neue Gedanken an uns heranlassen, forderte Bischof Weber; wir sollten in einer neuen Weise miteinander sprechen, neu aufeinander hören „und neu beginnen, miteinander zu glauben”.

Bundespräsident Thomas Klestil, der bei seinem Steiermarkbesuch diesen Tag miterlebte, war beeindruckt von der Intensität, von der Offenheit und von der Herzlichkeit des Dialogs zwischen den Kirchen - und zwischen den Menschen. In seinem Grußwort würdigte er den Geist des Vertrauens, die Bareitschaft zum Gespräch, den Respekt vor dem anderen und die Freude am Glauben, die an diesem Tag für ihn spürbar geworden waren: „Wir alle haben einmal mehr erkannt, wie breit die gemeinsame Basis zwischen uns ist, sobald wir bereit sind, miteinander zu reden, aufeinander zu hören und vielleicht sogar voneinander zu lernen.”

Der „Tag der Steiermark” hat gezeigt, wie eine Kirche auch sein kann: offen, Vertrauen weckend, auf die Menschen zugehend. Es war ein Beginn, aber ein verheißungsvoller.

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