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Die Heuchelei der Großen

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„Tödlich ernst" meinen es die USA mit ihrer Ankündigung, die Atom-Aufrüstung des Irak auf jeden Fall zu verhindern. Das versicherte der amerikanische Verteidigungsminister Cheney. Schön wäre es, wenn dieser Ernst früher ausgebrochen wäre: Als Saddam Hussein mit westlichen Bankkrediten von einer US-Firma veraltete und energieintensive Anlagen zur Uranaufbereitung erwarb. Damals war Saddam noch nicht der Satan, sondern ein Geschäftspartner.

Die Großen Sieben haben bei ihrem Weltwirtschaftsgipfel in London nicht nur Gorbatschow Hilfe versprochen, sie haben auch eine Kontrolle des Waffenhandels durch die UNO erörtert und ihre Absicht bekräftigt, die Vereinten Nationen zu stärken. Die Kontrolle des Waffenhandels wäre eine feine Sache, wenn auch die Großen kontrolliert werden könnten, deren Geschäfte mit dem Tod seit dem Golfkrieg mehr denn je gedeihen, denn dieser Krieg war ja eine Art Messe für moderne Waffen. Das Stockholmer Institut für Friedensforschung hat festgestellt, daß rund ein Drittel der irakischen Waffen von französischen Firmen geliefert worden waren und erst jüngst wußte Frankreichs Verteidigungsminister Pierre Joxe in der Nationalversammlung von großartigen Lieferaufträgen im Wert von 70 Milliarden zu berichten - und zwar für das Jahr 1990! Waffen für rund 35 Milliarden wurden allein von Saudi-Arabien und Kuweit bestellt.

Die Herausgeberin der „Zeit", Marion Gräfin Dönhoff, schrieb jüngst, daß das Weiße Haus in einem Geheimbericht vom März dieses Jahres dem Kongreß mitgeteilt habe, an fünf nahöstliche Alliierte würden Kampfflugzeuge, Patriot-Raketen, M-l-Panzer und anderes Kriegsmaterial im Wert von 18 Milliarden Dollar verkauft...

Die UNO soll also reformiert werden. Aber in welche Richtung soll die Reform gehen? Als Nachkriegserfindung waren die Vereinten Nationen vor allem ein Instrument der Sieger. Eine Stärkung der Weltorganisation wird kaum möglich sein ohne eine Reorganisation des Sicherheitsrates und der Zusammensetzung seiner ständigen Mitglieder. Auch die Kompetenzen des Generalsekretärs müßten vermehrt und erweitert werden. Gerade die jugoslawische Krise zeigt wieder einmal die Ohnmacht der UNO: Die Großen haben andere Interessen und Perez de Cuellar winkte schon ab, ehe ihm ein richtiger Wink gegeben werden konnte.

Indes zerbrechen sich die fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates den Kopf über die Kontrolle von Waffenexporten. Offensichtlich geht es hier vor allem um die Ausschaltung von Konkurrenten. Denn wie es der Zufall so will, handelt es sich bei diesen Fünf um die größten Waffenexporteure der Welt...

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