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Drei Diözesen warten auf Hirten

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„Wer wird Bischof?” Spekulationen über die Person des nächsten Wiener Erz-bischofs sind beliebt, bringen aber wenig. Sachbezogener ist die Frage: „Wie wird man Bischof?”

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„Wer wird Bischof?” Spekulationen über die Person des nächsten Wiener Erz-bischofs sind beliebt, bringen aber wenig. Sachbezogener ist die Frage: „Wie wird man Bischof?”

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„Hinsichtlich der Eignung der Kandidaten für das Bischofsamt wird gefordert, daß der Betreffende

1. sich auszeichnet durch festen Glauben, gute Sitten, Frömmigkeit, Seeleneifer, Lebensweisheit, Klugheit sowie menschliche Tugenden und die übrigen Eigenschaften besitzt, die ihn für die Wahrnehmung des Amtes, um das es geht, geeignet machen;

2. einen guten Ruf hat;

3. wenigstens fünfunddreißig Jahre alt ist;

4. wenigstens seit fünf Jahren Priester ist;

5. den Doktorgrad oder wenigstens den Grad des Lizentiaten in der Heiligen Schrift, in der Theologie oder im kanonischen Recht an einer vom Apostolischen Stuhl anerkannten Hochschuleinrichtung erworben hat oder wenigstens in diesen Disziplinen wirklich erfahren ist.” (Can. 378, 1)

In dieser Form beschreibt das neue Kirchenrecht die Anforderungen, die an den Oberhirten einer katholischen Diözese gestellt werden.

In Österreich werden derzeit für drei Bistümer geeignete Kandidaten gesucht. Seit der Wiener Erzbischof Kardinal Franz König, der Salzburger Erzbischof Karl Berg und der Feldkircher Bischof Bruno Wechner ihr 75. Lebensjahr vollendet haben, sind sie „Bischöfe auf Abruf”. Denn mit 75 Jahren muß jeder amtierende Bischof in Rom seinen Rücktritt einreichen, wobei es im Ermessen des Papstes liegt, diesen Rücktritt sofort anzunehmen oder sich — wie es bei den drei österreichischen Diözesen der Fall ist — damit Zeit zu lassen.

Beobachtungen der letzten Jahre, etwa die sofortige Abberufung des sozial besonders engagierten ekuadorianischen Bischofs Leonidas Proano nach Erreichen des 75. Lebensjahres (vgl. FURCHE 20/85) lassen darauf schließen, daß ein Bischof, der weit über diese Altersgrenze hinaus im Amt belassen wird, in Rom gut angeschrieben ist. Wird aber der Rücktritt angenommen, so muß entweder ein geeigneter Nachfolger präsentiert oder für eine Ubergangszeit ein Apostolischer Administrator (der mit dem zurückgetretenen Bischof identisch sein kann) ernannt werden.

Die Entscheidung über neue Bischöfe fällt heute mehr denn je zuvor in Rom. War es in früherer Zeit so, daß bei Bischofsernennungen die staatlichen Autoritäten kräftig mitmischten — etwa Kaiser Franz Joseph, der auch Urheber der letzten Intervention einer weltlichen Macht bei einer Papstwahl (jener von Pius X., 1903) war -, so sind solche Einflüsse heute weitgehend ausgeschaltet. Die Kürung eines Bischofs findet innerhalb der Kirche statt.

Dabei gibt es aus historischen Gründen ganz unterschiedliche Wahlvorgänge. So gibt es zum Beispiel in den katholischen Ostkirchen eine ganz normale Wahl durch das jeweilige örtliche Gremium, deren Ergebnis nur der römischen Bestätigung bedarf. In der lateinischen Kirche besitzen nur die drei Schweizer Diözesen Chur, St. Gallen und Basel dieses Vorrecht.

Eine andere Möglichkeit, von der auch ein österreichischer Bischofssitz, nämlich Salzburg, betroffen ist: Das örtliche Domkapitel darf aus einem Dreiervorschlag des Heiligen Stuhles einen Kandidaten zum Bischof wählen.

Der häufigste Fall ist freilich die Ernennung eines Bischofs durch den Papst, wobei kirchenrechtlich zwei Verfahren eine Rolle spielen:

# das absolute Listenverfahren: Unabhängig von einem Anlaßfall müssen Diözesanbischöfe in regelmäßigen Abständen (laut Codex zumindest alle drei Jahre) Listen mit für das Bischofsamt geeigneten Kandidaten nach Rom schicken;

O das relative Listenverfahren: Wird konkret ein neuer Bischof oder Bischof-Koadjutor mit Nachfolgerecht gesucht, hat der

Apostolische Nuntius die Aufgabe, einen Dreiervorschlag zu erstellen, aus dem der Papst den neuen Bischof wählt.

Im letzteren Fall ist der Nuntius verpflichtet, „dem Apostolischen Stuhl selbst zusammen mit seinem Votum mitzuteilen, was der Metropolit und die Suffraganbi-schöfe der Provinz, zu der die zu besetzende Diözese gehört bzw. mit der sie zusammengeschlossen ist, und der Vorsitzende der Bischofskonferenz vorschlagen; darüber hinaus soll der päpstliche Gesandte einige aus dem Konsultorenkollegium und dem Kathedralkapitel anhören, und, wenn er es für angebracht hält, soll er auch die Ansicht anderer aus dem Welt- und Ordensklerus sowie von Laien, die sich durch Lebensweisheit auszeichnen, einzeln und geheim erfragen” (Can. 377, 3).

Kein Vetorecht

Da der neue Nuntius in Österreich, Erzbischof Michele Cecchi-ni, wie er bei einem Gespräch mit katholischen Journalisten sagte, einen „möglichst breiten Informationsprozeß” anstrebt, also viel mehr Personen kontaktieren will als er an sich müßte, ist der Zeitpunkt, zu dem Wien einen neuen Erzbischof bekommt, noch nicht abzusehen. Voraussichtlich werde aber die Nachfolge in Wien vor Salzburg und Feldkirch geregelt, meinte Cecchini.

Ist ein neuer Bischof bestimmt, so ist zunächst die Bundesregierung zu informieren, ehe der Name veröffentlicht wird. Die Regierung hat zwar kein Vetorecht, kann aber Einwände — die nicht innerkirchlicher Natur sein dürfen — geltend machen: beispielsweise, wenn sich der Bischofssitz in einem von Minderheitenkonflikten erschütterten Gebiet befindet und die Person des Kandidaten geeignet wäre, das Klima aufzuheizen. Hier könnte Rom zur Einsicht kommen, diesen wesentlichen Aspekt nicht bedacht zu haben, und auf diesen Kandidaten für diese Diözese verzichten.

Wird schließlich der Name des neuen Bischofs veröffentlicht, ist er freilich meist schon auf dem Weg von Rom über das Außenministerium in den Ministerrat in einen sehr weiten Personenkreis durchgesickert, und das nicht nur in Österreich.

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