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Noten mit Knoten
Wurde bei den Bischofsernennungen in Salzburg und Feldkirch der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich verletzt? Ja, sagt der Kirchenhistoriker Gerhard Hartmann in einem neuen Styria-Buch (siehe Seite 6), nein, erklärt der Sekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, Bischof Alfred Kostelecky.
Hartmann betont, was Artikel 4 § 1 des Konkordates vorsieht: Bei Erledigung eines Bischofssitzes (=Annahme des Rücktrittes oder Tod des Bischofs) „legen die einzelnen österreichischen Diözesanbi-schöfe innerhalb eines Monats eine Liste geeigneter Persönlichkeiten dem Heiligen Stuhl vor, ohne daß dieser an die Liste gebunden ist." Doch als in Salzburg, wo das Domkapitel den Erzbischof aus einem Dreiervorschlag des Heiligen Stuhles wählt, im September 1988 der Rücktritt von Karl Berg angenommen wurde, lag dem Domkapitel schon seit Ende Juli der päpstliche Dreiervorschlag vor. Und in Feldkirch erfolgte die Annahme des Rücktrittes von Bruno Wechner zugleich mit der Ernennung von Klaus Küng. Österreichs Bischöfe hatten - so Hartmann - keine Chance, Listen vorzulegen; dies sei, auch wenn diese Vorschläge nicht berücksichtigt werden müssen, ein Verstoß gegen das Konkordat.
Hier irre Hartmann, meint Bischof Kostelecky. Ein „Notenwechsel" zwischen dem Vatikan und Österreich aus dem Jahre 1987 regle, daß die Annahme des Rücktrittes eines Bischofs erst veröffentlicht werde, wenn der Nachfolger feststehe. Der Rücktritt gelte mit der Formel „nunc pro tunc" (jetzt für dann, also für den Zeitpunkt der Bekanntgabe) als angenommen. So könnten Namen neuer Bischöfe länger geheim bleiben.
Diese Erklärung genügt Hartmann nicht. Ein Rücktritt habe rechtliche Konsequenzen, ein zeitlicher Abstand zwischen Rücktrittsannahme und Veröffentlichung sei daher problematisch. Vor allem sei nur in Feldkirch zugleich mit der offiziellen Rücktrittsannahme der neue Bischof ernannt worden (analog hätte man in Salzburg die Annahme des Berg-Rücktrittes erst nach der Entscheidung des Domkapitels publizieren dürfen). Zum Notenwechsel vermu-. tet Hartmann, „daß es sich dabei um keine völkerrechtlich korrekte vertragliche oder vertragsrechtliche Änderung des Konkordates handelt" (Kleine Zeitung, 3. März 1990).
Nicht nur Hartmann, der bei den Recherchen für sein Buch im Frühjahr 1989 auch im Wiener Außenministerium nach einer etwaigen Zusatzvereinbarung zum Konkordat gefragt, aber mit dem Hinweis auf Verschwiegenheitspflicht keine Antwort bekommen hat, fragt nun: Müßte ein solcher Notenwechsel nicht publiziert werden? Sind Österreichs Diözesanbischöfe darüber informiert?
„Lex instituitur, cum promulga-tur" (Gesetz erlangt Geltung, wenn es verkündet wird), zitiert der Wiener Kirchenrechtler Richard Potz ein Leitwort des kanonischen Rechtes. Gleiches gelte für staatliches Recht, auch wenn es in der Diplomatie andere Usancen geben mag. Für den Völkerrechtler Heribert Köck (Universität Linz) ist Kern des Problems, daß bei Entstehung des Konkordates ein Bischof noch nicht mit 75 Jahren seinen Rücktritt anbieten mußte, sondern meist im Amt starb. Er meint, daß gemäß Artikel 49 der Bundesverfassung politische Verträge vom Nationalrat zu genehmigen seien. Was für das Konkordat gelte, müsse auch für einen dieses abändernden Notenwechsel gelten.
Dessen Wortlaut ist aber noch geheim. Auch Bischof Kostelecky kennt ihn nicht, er weiß nur vom verstorbenen Nuntius Michele Cecchini von einem solchen Übereinkommen. Im Außenamt konnte man der FURCHE bis Redaktions-schluß nicht einmal bestätigen, daß ein Notenwechsel vorliege. Nuntius Donato Squicciarini erklärte der FURCHE, er müsse die Sache noch studieren. Die von der FURCHE befragten Diözesanbischöfe Johann Weber und Reinhold Stecher konnten sich nicht erinnern, darüber informiert worden zu sein (sicher nicht schriftlich), wollten es aber auch nicht hundertprozentig ausschließen. Man habe aber Gelegenheit gehabt, Kandidaten zu nennen, sagt Weber, mehr dürfe er über die Bestellungsverfahren nicht verraten.
Wie auch immer - an den Namen der Bischöfe hätte ein anderes Vorgehen Roms nichts geändert. Interessant an der anhaltenden Diskussion über die Bischofsernennungen ist der Wandel in der Sicht des Konkordates, dessen Regelungen -so sinngemäß der Jurist Johann Schima in einem Leserbrief an „Die Presse" - ohnedies nur Relikte seien, die der überall anzustrebenden freien Ernennung durch den Papst noch im Wege stünden. Potz hingegen meint, daß das II. Vatikanische Konzil (Artikel 20 des Dekrets „Christus Dominus") bewußt nur staatliche Obrigkeiten auffordert, auf ihre Einflußmöglichkeiten bei Bischofsbestellungen zu verzichten, nicht aber die Ortskirche, der das Konzil vielmehr die Möglichkeit zu mehr Mitsprache offenhalten wollte.
Heute weht der Wind laut Richard Potz so: „Regelungen, die die Aufgabe hatten, die Freiheit der kirchlichen Selbstbestimmung vor staatlichen Eingriffen im Bereich der Ämterbesetzung zu schützen, werden nun undifferenziert auf die Abwehr der Partizipation des Volkes Gottes übertragen. Damit wird aber die zentrale Aufgabe auch des Kirchenrechtes verkehrt, weil strukturelle Schwächen nicht ausgeglichen, sondern verstärkt werden, wenn nicht die Kirche vor der Anmaßung des Staates geschützt wird, sondern kurialer Zentralismus vor der Partizipation der Gläubigen."
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