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Gestritten wurde schon immer

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Bischofsbestellungen waren, wie der Kirchenhistoriker Gerhard Hartmann in seinem neu­en Styria-Buch „Der Bischof " nach­weist, immer ein „heißes Eisen". Doch die umstrittenen Entschei­dungen der jüngsten Zeit in Salz­burg, Köln und Chur (nicht Trier, wie es auf der Rückseite des Buches heißt - leider nicht der einzige Druckfehler in diesem wichtigen Werk) sind noch in lebhafter Erinnerung, und mit ihnen setzt sich der Autor auch besonders auseinander.

Vorher aber unternimmt er einen aufschlußreichen Streifzug durch die Kirchengeschichte, die bekannt -lich höchst unterschiedliche For­men der Bischofsbestellung erlebt hat, angefangen vom Losentscheid für Matthias in der Apostelge­schichte. Lange Zeit wählten Kle­riker und Laien den Bischof, zu­mindest aber galt der Grundsatz, daß der Erwählte die Zustimmung von Klerus und Volk seiner Diözese haben mußte. Erst ab dem 13. Jahr­hundert erlangten die Päpste ent­scheidenden Einfluß.

Hartmann zeigt dann auf, wie es im Lauf der Geschichte im deut­schen Sprachraum zu den heute gültigen, auch in Konkordaten fest­gelegten, von Diözese zu Diözese verschiedenen und mitunter recht komplizierten Regelungen gekom­men ist. Sie räumen in gar nicht wenigen Fällen (in Salzburg, in einigen Schweizer Bistümern und in den nichtbayerischen deutschen Diözesen) den Domkapiteln ein Mitspracherecht ein. Daß es trotz dieser Regelungen zu Unstimmig­keiten kommen kann, und zwar nicht nur bezüglich der ernannten Personen, sondern auch bezüglich der rechtlich korrekten Form ihrer Bestellung, haben gerade die Fälle Salzburg, Köln und Chur vor Au­gen geführt. Hartmanns Darstel­lung der rechtlichen Lage und der teils bisher unbekannten Vorgänge um diese Bischofsbestellungen ist wirklich lesenswert.

Laut Hartmann ist Rom im Fall Köln bis an den „Rand einer Kon­kordatsverletzung" gegangen, letzt­lich sei aber dort alles rechtskon­form abgeschlossen worden. Dage­gen sei der Streit um die Ernen­nung von Wolfgang Haas zum Bi-schof-Koadjutor mit Nachfolge­recht in Chur - wobei das Wahl­recht des dortigen Domkapitels umgangen wurde - noch keines­wegs vorbei. In diesem Fall und hinsichtlich der letzten Bischofs­bestellungen in Österreich meldet Hartmann Zweifel an der Korrekt­heit des römischen Vorgehens an.

Die bemerkenswerte These des Autors, bei den Bischofsbestellungen in Salzburg und Feldkirch habe der Heilige Stuhl das Konkordat mit der Republik Österreich ver­letzt, ist eine eigene Erörterung wert (siehe Seite 1).

Hartmann, der sich bei der Prä­sentation seines Buches zur „Mit­te" in der Kirche bekannte und Polarisierungen entgegenwirken will, macht in dankenswerter Wei­se deutlich, daß die Form von Bi­schof sbestellungen nicht an unver­änderliche Glaubenssätze gebun­den ist. Kritik in einzelne^ Fällen bedeute daher keine „Lieblosig­keit" gegenüber der Kirche. Als Modell für die Zukunft stellt er ein durch Konkordate abgesichertes erweitertes Domkapitelwahlrecht zur Diskussion.

Vor allem aber weist er darauf hin, wie fragwürdig es ist, wenn der Heilige Stuhl, um bestimmte Per­sonen (die unter Umständen nur wenige Jahre als Bischöfe agieren) durchzusetzen, die oft langfristige Verärgerung großer Teile der Orts­kirche und die Gefährdung kon­kordatsmäßig abgesicherter Vor­teile für die Kirche in Kauf nimmt.

DER BISCHOF. Seine Wahl und Ernennung -Geschichte und Aktualität. Von Gerhard Hart­mann. Styria Verlag, Graz 1990.256 Seiten, kart, öS 240,-.

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