7045701-1990_32_03.jpg
Digital In Arbeit

Große Geheimnistuerei

Werbung
Werbung
Werbung

Um die Kirche in der be- nachbarten Tschechoslowakei ist es momentan etwas still geworden. Papstbesuch und Ausgang der er- sten freien Wahlen haben Ergeb- nisse gezeitigt, die noch einer gründ- lichen und offenen Aufarbeitung harren.

Wie aus Rom zu erfahren ist, ste- hen weitere Bischofsernennungen ins Haus. Es geht dabei ausschließ- lich - weil ja alle Bischofssitze in- zwischen besetzt sind - um den Ausbau einer ganzen „Hierarchie von Weihbischöfen" zur Unterstüt- zung der jeweiligen Ordinarien.

Dabei fällt auf, daß auch relativ kleine Bistümer Weihbischöfe er- halten sollen. Schwerpunkt ist die slowakische Kirchenprovinz. Auch der dort lebende und als Pfarrseel- sorger wirkende „Geheimbischof" aus dem Jesuitenorden, Pater Peter Dubovsky, soll in die Reihen der Weihbischöfe „einrücken" und zwar zur Unterstützung des Or- dinarius in Banska Bistrica.

Eng verbunden mit Problemen, die vor allem die Kirche in Mähren belasten (siehe FURCHE 19/1990, Seite 3: „Im Schatten der Stapo"), ist Bischof Dubovsky allemal. Sei- ne Verbindungen zu einer offen- sichtlich gegen Rom gerichteten Kirche im Großraum von Brünn sind bekannt und werden heute gerne als „Fehler" angesehen.

Tatsache ist, daß sich sowohl der Vatikan als auch die Ortskirche in den vergangenen Wochen mit dem Problem zahlreicher Weihen durch den inzwischen verstorbenen „Geheimbischof" Feliks Davidek beschäftigt haben. Dazu muß bemerkt werden, daß dem Autor dieser Zeilen schon vor rund zehn Jahren im Zuge der Recherchen für sein 1981 erschienenes Buch „Bi- schöfe für den Untergrund" Anzei- chen einer Geisteskrankheit bei Monsignore Davidek einzureden versucht wurden. Die Tatsache, daß er in der einschlägigen Brünner Klinik ein Zimmer gehabt hat, wurde dem Autor gegenüber so gedeutet, daß er sich dort immer wieder als Patient eingefunden habe. Daß er mit der Leitung seiner „Diözese" eine Frau als Generalvi- karin eingesetzt sowie Frauen auch Weihen erteilt haben soll, wurde ebenfalls mit der gesundheitlichen Befindlichkeit Davideks in Zusam- menhang gebracht.

Davidek ist allerdings tot, und für Rom wie für die Ortskirche stellen sich schwer zu lösende Pro- bleme, vor allem jene mit den ver- heirateten Priestern.

Das Vorhandensein eines ver- heirateten Klerus in der latei- nischen Kirche hat Rom in große Besorgnis versetzt. Damit ist auch die Ortskirche unter Zugzwang geraten. Wie aus Rom zu erfahren ist, hat man sich auch bereits einen genauen Schlachtplan zurechtge- legt. Man will die von Davidek zur priesterlichen Würde geförderten Männer prüfen und sodann über ihre weitere Verwendung bezie- hungsweise NichtVerwendung ent- scheiden. Danach sei eine Prie- sterweihe „sub cortditione" (das heißt für den Fall, daß nicht schon die erste, von Davidek vorgenom- mene Weihe gültig gewesen sein sollte, was auch beim Taufsakra- ment angewendet wird) vorgese- hen.

Offiziell bewahren Rom und die Ortskirche über all diese Vorgänge Stillschweigen. Bestätigt werden die offenen Fragen bei Gesprächen mit tschechischen und slowaki- schen Bischöfen allemal, wenn- gleich die Größe des Problems her- untergespielt wird. „Schreiben Sie nichts darüber", sagte eine mähri- scher Bischof einem FURCHE- Mitarbeiter. Ein slowakischer Oberhirte bezeichnete gegenüber der FURCHE die Davidek-Priester- weihen als „schwerwiegendes An- liegen", über dessen Lösung man allerdings noch keinen Weg wisse. Der Havel-Freund und Revoluti- onsorganisator vom November 1989, der jetzt als Pfarrer im Pra- ger St. Gabriel tätige Vaclav Mäly, meinte - von der FURCHE auf den „Fall Davidek" angesprochen -, daß nach katholisch-theologischem Verständnis diese Priesterweihen nicht als gültig gewertet werden könnten, da mit der Weihe ja die Beauftragung zum Dienst an einer Gemeide vorgesehen sei, was für die von Davidek vorgenommenen Weihen nicht gelten könne, da er ja kein Ortsbischof gewesen sei.

Die Lösung dieser Frage und die Tatsache, daß es nun in der ka- tholischen Kirche - sieht man von der Lösung bei evangelischen Pa- storen ab - verheiratete Männer als Priester des lateinischen Ritus gibt, muß auch die Fachtheologen inter- essieren.

Der erste FURCHE-Bericht dar- über hat enormes Interesse bei in- und ausländischen Medien ge- funden, Erstaunen, Verwunderung ausgelöst. Fachtheologen haben sich bis jetzt allerdings nicht zu Wort gemeldet, die neueste römi- sche Instruktion verbietet ihnen dies übrigens ja auch.

Nachdem die geheimen Hierar- chien in der Ukraine und in Rumä- nien wieder an die Öffentlichkeit treten konnten, empfiehlt sich - auch mit Blickrichtung auf die „pa- triotische katholische Vereinigung" in China - eine eingehende Diskus- sion unter Fachleuten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung