6600728-1953_37_02.jpg
Digital In Arbeit

Das „spanische Modell“

Werbung
Werbung
Werbung

Am 27. August 1953 unterzeichneten der spanische Außenminister, Dr. Martin A r-t a j o, und der ausübende Staatssekretär des Heiligen Stuhles, Msgr. T a r d i n i, in einem feierlichen Akt das Konkordat zwischen Spanien und dem Vatikan. Diesem Konkordat kommt eine .außerordentliche Bedeutung zu. Bereitet es einerseits, im nationalen Rahmen, dem provisorischen Zustand der offiziellen Beziehungen zwischen den Vertragspartnern ein Ende, indem es unter anderem die vorläufigen Abkommen von 1941, 1946 und 1950 in einem einzigen Vertragswerk konsolidiert, so gewährt es anderseits, im internationalen Rahmen, einen interessanten Aufschluß über das, was man als Bestrebungen des Vatikans in allen Ländern mit einer vorwiegend katholischen Bevölkerung ansehen kann. „Ecclesia“, das Zentralorgan der spanischen Katholischen Aktion, nennt das Konkordat „d a s Modell eines Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und einem katholischen Staat im XX. Jahrhundert“. Nur zu berechtigt ist es daher, hier den Inhalt dieses vorbildlich genannten, 36 Artikel umfassenden Vertragswerkes auszugsweise wiederzugeben.

Artikel I, II und III handeln von der Stellung der Kirche und der Anerkennung des Heiligen Stuhles und des Vatikanstaates als internationaler Rechtsperson. Auch die religiösen Behörden und Organisationen besitzen laut Artikel IV den Charakter von Rechtspersonen und dürfen jede Art von Gütern erwerben, besitzen und verwalten. Artikel V bestätigt die kirchlichen Feiertage, Art. VI bestimmt, daß die spanischen Priester täglich für Spanien und sein Staatsoberhaupt gemäß der traditionellen Formel zu

beten haben. Bezüglich der Ernennung von Erzbischöfen und Bischöfen bleiben nach Artikel VII die Bestimmungen des Abkommens vom 7. Juni 1941 in Kraft. Sobald ein Bistum oder Erzbistum vakant wird, setzt sich darnach der apostolische Nuntius in Madrid mit der Regierung in Verbindung und arbeitet zusammen mit ihr eine Liste von mindestens sechs Namensvorschlägen aus, die dem Heiligen Vater vorgelegt wird.

Aus dieser Liste wählt er drei Namen aus, und aus idiesen dreien entnimmt die spanische Regierung ihrerseits den Namen, den sie dem Heiligen Stuhl in ihrem offiziellen Vorschlag nennt. Im wesentlichen ist damit die unter der Monarchie gebräuchliche Praxis beibehalten worden, in welcher der König nach vertraulichen Rücksprachen mit dem Nuntius, dem .Justizminister und dem zu ernennenden Prälaten diesen ernannte und ihn anschließend durch den Gesandten beim Vatikan vorstellen ließ.

Im Artikel IX verpflichtet sich die spanische Regierung, die Bistümer zu finanzieren, welche die katholische Kirche nach vorherigem Einverständnis mit der spanischen Regierung auf spanischem Boden in Zukunft zu errichten sich entscheidet; die Regierung unterstützt die Errichtung neuer Kathedralen, der Wohn- und Amtsgebäude für den neuen Prälaten und die der Bistumsseminarien.

Die Artikel XIV bis XVII umschreiben die Rechte und Pflichten der weltlichen und Ordenspriester und den Schutz, den sie genießen. Sie dürfen öffentliche Aemter nur bekleiden, wenn das „nihil obstat“ ihrer Oberen vorliegt; sie sind vom Militärdienst befreit; der Mißbrauch und das unberechtigte Tragen des geistlichen Gewandes wird genau so bestraft wie der Mißbrauch oder das unberechtigte Tragen militärischer Uniformen. Priester dürfen ohne Erlaubnis des Heiligen Stuhles vor kein Laiengericht gebracht werden. In Prozessen wegen zeitlicher Güter und Rechte von Priestern und Ordensleuten ist der geistliche Oberhirt des Prozeßortes zu unterrichten, dem auch Entscheid und UrteiJ mitzuteilen sind. Für die Prozesse, die nach kirchlichem Recht zu entscheiden sind, erkennt der Staat die Kompetenz der kirchlichen Tribunale an. Kriminalprozesse gegen Priester und Ordensleute dürfen von den öffentlichen Gerichten nur nach Unterrichtung der zuständigen kirchlichen Behörde angestrengt und müssen mit Vorsichtsmaßnahmen umgeben werden.

Die folgenden fünf Artikel enthalten Bestimmungen über das Einkommen, die Vermehrung und Erhaltung der Güter der Kirche. Darnach kann die Kirche von den Gläubigen die Beträge einziehen, zu denen sie nach kanonischem Recht ermächtigt ist, Geld, bewegliche und unbewegliche Güter empfangen. Kirche und Staat werden gemeinsam an die Schaffung eines ekklesiasti-schen Vermögens gehen, das die angemessene Ausstattung des Kultes und des Klerus sichere. Als Entschädigung für die in der Vergangenheit an kirchlichem Besitz erlittenen Desamortisationen und als Beitrag zum Wirken der Kirche zugunsten der Nation spricht der Staat ihr eine jährliche Dotation zu usw.

Nach kanonischem Recht geschlossene Ehen sind vom Staat als vollgültig anzuerkennen (Artikel XXIII). Zur Anerkennung der zivilen Wirkungen eines Eheschlusses ist es nur notwendig, daß das Ehezeugnis ins Zivilregister eingetragen wird. Das geschieht wie bisher dadurch, daß jeweils ein Beamter des Standesamtes bei den kirchlichen Trauungen zugegen ist und das entsprechende Zeugnis aufnimmt. Seine Gegenwart ist aber auf keinen Fall zum Zweck der Anerkennung der zivilen Auswirkungen notwendig. Die Eintragung ins Standesamtregister kann später jederzeit vorgenommen werden, wenn es einer der interessierten Teile so wünscht, und trotz der Verspätung, auch wenn sie die amtliche Frist von fünf Tagen überschreitet, haben die zivilen Auswirkungen vom Tage der kirchlichen Eheschließung an Gültigkeit.

Bezüglich der Mischehen besagt Paragraph 4 C im Anhang zum Artikel XXIII:

„In der Anerkennung von Mischehen zwischen Katholiken und Nichtkatholiken wird der Staat seine Gesetze in Einklang mit dem kanonischen Recht bringen.“

Und Absatz 4 D besagt, daß der Eheschließung zwischen Ungetauften keine dem

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung