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Demaskierung…

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Der Trennungsstrich, den die katholische Kirche zwischen sich und allen, die freiwillig der kommunistischen Partei angehören und in irgendeiner Form für sie arbeiten, gezogen hat, kann auch vom Prager Informationsministerium nicht mit Stillschweigen übergangen werden. Konnte man noch vor kurzem in der kommunistischen Presse Ausführungen über die Unfehlbarkeit des Papstes lesen, wie sie auch in einem katholischen Katechismus nicht viel anders stehen könnten, wurde dort die Tätigkeit der katholischen Caritas ausführlich gewürdigt, bot das Fest der hl. Cyrill und Method willkommenen Anlaß, die Geschichte der Christianisierung des Landes zu schildern und die nationalen Wallfahrten zu den Ruinen des St.-Prokop-Klosters in Sazava, nach Vele- hrad und Theben, die ständig wiederholte Behauptung von der geradezu idealen Religionsfreiheit in der Tschechoslowakei abermals zu unterstreichen, so ist diese Taktik nunmehr illusorisch geworden. Schlagartig ändert sich nun auch der Ton, mit dem die tschechische Propaganda über die Kirchenfrage berichtet:

„Der Vatikan schämt sich nicht, die religiösen Gefühle der Gläubigen zur Organisierung staatsfeindlicher Aktionen zu mißbrauchen“ lesen wir jetzt, oder:

„Erzbischof Beran ließ ‘ in, den letzten vierzehn Tagen zwei politische Hetzpamphlete ausarbeiten, die wie zum Hohn die Bezeichnung Hirtenbrief tragen.“

Das „Rude pravo“ nennt die tschechischen und slowakischen Bischöfe „Agenten einer feindlichen Macht“ und spricht von der „Exkommunikation der überwältigenden Mehrheit unserer beiden Völker“ als dem „düstersten Kreuzzug gegen alles Fortschrittliche“.

„In einem Lande“ — so erklärte .Justizminister Čepička in einer Rede —, „in dem 90 Prozent der Ge9amtbevölkerung in freien Wahlen ihre Zustimmung zur Aufrichtung des Sozialismus gaben, wagt ein Ausländer jenen mit dem Ausschluß aus der Kirche , zu drohen, die es für. ihre patriotische Pflicht halten, an einem Werk des Sozialismus und Kommunismus mitzuarbeiten; in einem Land, in dem ein volles Drittel der Katholiken der Kommunistischen Partei und mehr als vier Fünftel der Katholiken der Nationalen Front angehören . . . kann die Exkommunikation nur das Werk eines solchen Ausländers sein, der das Land überhaupt nicht kennt.“

Und’ er schließt seine Ausführungen mit der Drohung:

„Jeder, der es auf„unserem Staatsgebiet versuchen sollte„ den Befehl des Hauptfeindes 1 des .Staates durchzuführen, hat damit zu rechnen, daß er das Recht einbüßt, sich weiter- hi als Tscheche oder Slowake zu bezeichnen.“

Scheinbar in direktem Gegensatz zu dieser Flut von Beschimpfungen steht eine andere Maßnahme, zu, der sich der Aktionsausschuß der Nationalen Front am 15. Juli entschloß, also bereits zwei Tage, nachdem die Kirche in so eindeutiger Form ihre Stellung bezogen hat: _ der Entwurf eines „Gesetzes über die Deckung des Personal- und Sach- aufwandes der staatlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften durch den Staat“, der im. Herbst der Regierung und dem Parlament vorgelegt werden soll.

Er sieht .die Auszahlung von Gehältern und Pensionen n alle Geistlichen nach , den für die Staats- und sonstigen öffentlichen Beamten geltenden Bestimmungen aus Staatsmitteln vor, und verpflichtet den Staat weiter, die ! Kultusausgaben der Kirche einschließlich der Verwaltungsausgaben zu ersetzen. Damit werden, so sagt die Begründung, erstmalig für den niederen Klerus, erträgliche Lebensbedingungen geschaffen, das Leben von Almosen hört für sie auf und auch die immer lichter werdenden Reihen des Priesternachwuchses würden so vom Staat aufgefüllt, der den gesamten Aufwand für die Priester- ausbüdung in Zukunft tragen wird.

Diese „großzügige“ Geste hätte sich der tschechoslowakische Staat sparen können, wenn er den Kirchenbesitz unangetastet gelassen hätte — es ist also bestenfalls eine Teilwiedergutmachung des kaum noch abgeschlossenen Raubes kirchlichen Vermögens. Aber wie läßt 6ich der Staat diese Wicder-gutmachung bezahlen? Schon sl schränkt die Gehaltsauszahlung auf solche Priester ein, deren Wirken mit staatlicher Zustimmung erfolgt, § 2 verlangt unter anderem die nationale und staatsbürgerliche Zuverlässigkeit, nach § 10 können Bischöfe aus politischen Gründen vom Staat abgelehnt werden. Der Staat beansprucht die Aufsicht über das gesamte Kirchenvermögen, macht jede Veräußerung, Belastung usw. von seiner Genehmigung abhängig, verlangt die Vorlage von Haushaltsplänen und beseitigt alle öffentlichen und privaten Patronate.

Schon bisher hatten die finanziellen Zuwendungen des Staates an die Kirche als Hauptargument dafür gedient, daß in einem Staate, der soviel Geld für kirchliche Zwecke ausgibt, von einem Kulturkampf keine Rede sein könne. So wurden aus Staatsmitteln für die Renovierungsarbeiten der Jesuttenkirche in Prag eineinhalb Millionen Tschechenkronen zur Verfügung gestellt, fast ebensoviel für das bischöfliche Seminar in Leitmeritz, für die Wallfahrtskirche in Mariaschein 100.000 Tschechenkronen, für ein Kloster in Znaim 75.000 und für die Instandsetzung der Pfarrkirche in Lana ‘spendete Staatspräsident Gottwald nicht weniger als 2 Millionen. Der Gesetzentwurf sieht nunmehr eine Verzehnfachung dieser Ausgaben vor — die Folge aber ist die Verstaatlichung des wenigen noch verbliebenen Kirchenbesitzes und die völlige .Abhängigkeit der Geistlichen, die nun nicht mehr Diener der Kirche, sondern des Staates sein werden.

Man kann sich unschwer die Linie vorstellen, auf der Staat und Partei versuchen werden, den Konflikt weiterzutreiben: nach dem Versuch, den Vatikan als den größten Feind des tschechischen Volkes — in der Gegenwart ebenso wie in der Vergangenheit — hinzustellen und die Bischöfe als „Agenten des Vatikanstaates“ vom „niederen“ Klerus zu trennen, wird man daranschreiten, einen weiteren Keil zwischen den „patriotischen“ und den „vom Ausland abhängigen“ Klerus zu treiben. Der Versucht etwa — wie 1919 — die tschechoslowakische Kirche zur Staatskirche auszugestalten oder — wie man 1945 geplant hatte — der orthodoxen Kirche nach russischem Muster diese Stellung einzuräumen, sind endgültig gescheitert, eher ist jetzt das umgekehrte Vorgehen zu erwarten. Wie man im Vorjahr den Sokol, der zum Teil Sitz antikommuni- stischer Bestrebungen geworden war, „gesäubert“ und anschließend zur kommunistischen Einheitssportorganisation umgestaltet hatte, so stellt man 6ich offenbar auch jetzt die Entmündigung der katholischen Kirche vor, von der man nicht müde wird zu versichern, daß Gläubige und Priester „in ihrer überwältigenden Mehrheit“ am Aufbau eines „neuen Lebens in unseren Ländern“ mitarbeiten wollen.

„Die Entwicklung wird über die Feinde unsere Volkes und Staates (die Bischöfe!)

hmweggehen, 8ie katholische Kirche wird aber weiterbestehen“, stellt das „Rude prävo“ in einem Leitartikel fest, „die Kirche, für die in der volksdemokratischen Republik gesorgt sein wird, wird ihrer Hirtensendung treubleiben, wie dies die Regierung, die Nationale Front und mit ihr das gläubige Volk wünschen.“

Und der Beauftragte für das Postwesen in der Slowakei, Horäk, stellte bei der nationalen Wallfahrt in Theben fest, daß alle gegenwärtigen Bestrebungen der Gesellschaft auf wirtschaftlichem, kulturellem und nationalem Gebiet sich mit dem Katholizismus decken, so daß es nicht nötig sei, eine neue Kirche zu gründen!

„Wir sind überzeCugr, daß es uns gelingt, alle Mitglieder unserer Kirche zusammenzufassen“, heißt es in einer Entschließung der sogenannten „Katholischen Aktion“ in König- grätz, „und ich glaube, daß wir uns mit den Gläubigen und staatstreuen Priestern einigen werden“, erklärte noch- am 15. Juli Ministerpräsident Zapotocky. Das „Rude prävo“ aber verkündet mit Balkenlettem: „Die Einigung zwischen Staat und Kirche kommt trotzdem!“

Wie auch immer die weiteren Phasen des Kampfes aussehen mögen, die Irreführung des Volkes, die Verwirrung selbst in den Reihen der Priesterschaft ist endgültig beseitigt, die beiden Lager haben sich geschieden und die frommen Masken, hinter denen sich der Kommunismus verbergen wollte, sind gefallen.

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