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„Streng vertraulich“ wäre Einwand möglich
Die Ernennung von Reinhold Stecher zum neuen Innsbrucker Diözesanbischof durch Papst Johannes Paul II. erfuhren die Tiroler Katholiken frühestens am 20. Dezember 1980. Hingegen wußte die Bundesregierung seit längstens 16. Dezember Bescheid: An diesem Tag beschäftigte seine Ernennung offiziell den Ministerrat. „Streng vertraulich.”
Die Ernennung von Reinhold Stecher zum neuen Innsbrucker Diözesanbischof durch Papst Johannes Paul II. erfuhren die Tiroler Katholiken frühestens am 20. Dezember 1980. Hingegen wußte die Bundesregierung seit längstens 16. Dezember Bescheid: An diesem Tag beschäftigte seine Ernennung offiziell den Ministerrat. „Streng vertraulich.”
Die Verleihung des Bischofsamtes ist zwar in jedem Fall Sache des Papstes, trotzdem hat, was nur wenige wissen, auch die österreichische Bundesregierung ein Wörtchen mitzureden: zumindest theoretisch.
Das am 5. Juni 1933 unterzeichnete und am 1. Mai 1934 in Kraft getretene Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich macht jedenfalls die Bischofsernennung vom Einverständnis der Wiener Regierung abhängig.
Im zweiten Paragraphen des Konkordatsartikel IV. heißt es dazu wörtlich: „Bevor an die Ernennung eines residierenden Erzbischofs, eines residierenden Bischofs oder eines Koadjutors mit dem Rechte der Nachfolge... geschritten wird, wird der Heilige Stuhl den Namen des in Aussicht Genommenen oder des Erwählten der österreichischen Bundesregierung mitteilen, um zu erfahren, ob sie Gründe allgemein politischer Natur gegen die Ernennung geltend zu machen hat.
Das bezügliche Verfahren wird ein streng vertrauliches sein, so daß bis zur Ernennung die gewählte Person geheimgehalten wird.
Wenn vom Zeitpunkt der oberwähnten Mitteilung an 15 Tage ohne Erteilung einer Antwort verfließen, wird das Stillschweigen in dem Sinne ausgelegt werden, daß die Regierung keine Bedenken zu erheben hat und der Heilige Stuhl die Ernennung ohne weiteres veröffentlichen kann.“
Zu dieser Konkordatsbestimmung gibt es darüber hinaus noch in einem Zusatzprotokoll eine Vereinbarung, was dann geschehen müßte, wenn die Regierung „einen Einwand allgemein politischen Charakters erheben sollte“: Für diesen Fall soll versucht werden, „im gemeinsamen Einverständnis eine freundschaftliche Lösung“ herbeizuführen; sollte dies freilich ebenfalls mißlingen, „ist der Heilige Stuhl in der Durchführung der Besetzung frei“.
Dieser Konfliktregelungsmechanis- mus des völkerrechtlichen Vertragswerkes mußte aber noch niemals angewendet werden. Wohl aber wird die Konkordatsbestimmung selbst haargenau erfüllt.
Auf diplomatischem W'eg via Nuntiatur fragt der Heilige Stuhl vor jeder Bischofsernennung schriftlich bei der Regierung an, ob sie gegen den in Aussicht Genommenen Gründe „allgemein politischer Natur“ geltend zu machen habe. Dieses Schreiben landet jeweils im Völkerrechtsbüro des Außenministeriums, von wo es als Akt an den Ministerrat weitergeleitet wird. Und dann beschließt der Ministerrat, bisher war
das zumindest immer so der Fall, keinen Einspruch zu .erheben.
Was wären überhaupt „Gründe allgemein politischer Natur“, die gegen einen Bischofskandidaten vorgebracht werden könnten?
„Eine gute Frage“, findet Legationsrat Hans Winkler vom Völkerrechtsbüro des Außenministeriums, die er freilich nicht verbindlich beantworten kann. Denn: „Wir sind noch nie in die Situation gekommen, sie interpretieren zu müssen.“
Seine Hoffnung, daß der Verfassungsdienst die Frage klären könnte, erfüllt sich ebenfalls nicht. Dort erklärt man sich für inkompetent - und verweist auf das Völkerrechtsbüro.
In Ermangelung einer offiziellen Interpretation versucht Winkler die Konkordatsbestimmung nach seiner „ganz persönlichen Meinung“ zu deuten: Die Regierung könnte nur dann Einspruch erheben, wenn ein Kandidat „in irgendeiner Form politisch belastet wäre, wenn er sich gegen die Republik oder ihre Rechtsordnung ausgesprochen hätte“.
Keinesfalls aber dürfe diese Bestimmung von der Regierung kirchenpolitisch oder parteipolitisch ausgelegt werden.
Dies findet auch Dozent Richard Potz, Kirchenrechtler an der Wiener Universität. Er sieht in dieser „politischen Klausel“ heute nur noch eine Floskel, die freilich zur Zeit, zu der das Konkordat abgeschlossen wurde, eine noch weitgehendere Staatsmitsprache ablöste: Das Konkordat von 1855 räumte dem österreichischen Kaiser nämlich ein Nominationsrecht ein.
Obwohl es seit 1945 zu keinem einzigen Regierungseinspruch gegen eine Bischofsernennung gekommen ist, gab es trotzdem schon einmal Unstimmigkeiten.
Als im Frühjahr 1954 die Ernennung von Josef Schoiswoh) zum Grazer Diözesanbischof anstand, probte der damalige Vizekanzler Adolf Schärf im Ministerrat den Aufstand. Damals ließ die von Julius Raab geführte Bundesregierung den Heiligen Stuhl dann wissen, daß sie zwar die Ernennung Schoiswohls zur Kenntnis nehme, aber nicht im Sinne des Konkordates, sondern lediglich im Sinne des allgemeinen Kirchenrechtes.
Dieser Zwischenfall ist damit zu erklären, daß Schärf in den Jahren seit 1950 die Gültigkeit des Konkordates überhaupt in Frage stellte, ein Problem, das erst Ende 1957 endgültig aus der Welt geschafft wurde.
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