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In Sorge für Schwester Erde

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„Umweltbischof' Paul Iby hat die Einrichtung von Umweltreferaten in den Diözesen und einen Sozialhirtenbrief zum Thema „Bewahrung der Schöpfung” angekündigt. Werden nun Taten folgen?

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„Umweltbischof' Paul Iby hat die Einrichtung von Umweltreferaten in den Diözesen und einen Sozialhirtenbrief zum Thema „Bewahrung der Schöpfung” angekündigt. Werden nun Taten folgen?

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Zwentendorf und Hainburg standen am Anfang der österreichischen „Grünbewegung”, die zu nächst, seit Mitte der 80er Jahre, die Politik mitgeprägt hat.

Kritiker meinen allerdings, die katholische Kirche habe sich für das Anliegen vieler Christen, verstärkt für die Bewahrung der Schöpfung einzutreten, bisher nicht genügend eingesetzt. Daß „die Kirche in diesem Bereich weit hinten ist”, betont auch Isolde Schönstein, Leiterin der „Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Schöpfungsverantwortung”.

Sie ist seit einigen Jahren bemüht, österreichische Bischöfe und andere Amtsträger dafür zu gewinnen, daß Pfarren, Klöster, katholische Bildungshäuser und andere kirchliche Einrichtungen mehr als bisher nach ökologischen Kriterien wirtschaften. Ebenso wichtig ist Schönstein aber die Einbindung der Ökologie in die gesamte Pastoral durch eine schöpfungstheologische Grundlegung. Als Erfolg wertet Schönstein, daß es seit der Herbstsitzung der Österreichischen Bischofskonferenz im Vorjahr einen eigenen Umweltreferenten gibt.

Paul Iby, Diözesanbischof von Eisenstadt und mit dem neuen Referat beauftragt, hat sich zum Ziel gesetzt, auch in den einzelnen österreichischen Diözesen Umweltbeauftragte einzusetzen. Wenn es nach der „ARGE Schöpfungsverantwortung” geht, sollen diese Referenten hauptberuflich beschäftigt sein, außerdem soll ihnen eine Sekretariatskraft zur Seite gestellt werden. Die Hauptaufgaben der Referenten müßten unter anderem die „Mitwirkung bei Investitionsplanung und Budgeterstellung zur Wahrung ökologischer Gesichtspunkte” in den Diözesen und „die Erarbeitung theologischer Hilfestellungen zum Thema Schöpfungsverantwortung” sein, wie aus einem Papier der ARGE hervorgeht.

Bei einem Treffen von Diözesan-vertretern mit Bischof Iby Ende September in Wien sollten die ersten Schritte für die neuen Institutionen gesetzt werden. Wie sich zum Teil erst im nachhinein herausgestellt hat, gab es bei dieser Zusammenkunft aber auch Mißverstandnisse:

Die Diözesen Klagenfurt und Feld-kirch hatten keinen Vertreter entsandt. Viele der Anwesenden sahen in dem Treffen mit dem Umweltbischof überdies den Auftakt zur konkreten Einsetzung der Referate. Bischof Iby hingegen stellte der furche gegenüber klar, daß es sein „Wunsch ist, in jeder Diözese Umweltreferate einzusetzen”, er müsse diesen Wunsch „aber erst bei der bevorstehenden Herbstsitzung der Bischofskonferenz einbringen”. In seiner eigenen Diözese jedenfalls ist der Eisenstädter Bischof sofort ans Werk gegangen: Der Bischofshof wird derzeit ökologisch „umstrukturiert” und soll dadurch zu einem „Modell für die Pfarrhöfe” werden.

Eine Vorreiterrolle in der kirchlichen Umweltarbeit hat bisher nur die Diözese Linz gespielt. Dort gibt es schon seit rund zehn Jahren einen fixen Umweltbeauftragten.

In den vergangenen Monaten war es immer wieder in Schwebe, nun will Bischof Iby auf jeden Fall bei der dies-wöchigen Herbstsitzung der Bischofskonferenz den Vorschlag einbringen, einen „zweiten Sozialhirtenbrief der Bischöfe zum Thema Schöpfungsverantwortung” zu verfassen. „Überall, wo ich über das Vorhaben des Hirtenbriefs berichte, stoße ich auf großes Wohlwollen und auf große Erwartungen von seiten der Menschen ”, un -terstrich Iby im Gespräch mit der Furche.

Wolfgang Stark von der „Schöpfungsaktionsgemeinschaft”, einer Umweltgruppe, die aus der Katholischen Jugend der Erzdiözese Wien hervorgegangen ist, hofft auf einen positiven Impuls vor allem durch die Diskussion zur Erarbeitung des Hirtenbriefes. „Wenn der Hirtenbrief in den Pfarren, an der Basis, diskutiert wird, ähnlich wie das auch schon in Vorbereitung des Sozialhirtenbriefes im Jahr 1990 geschehen ist, könnte das auch mehr Aufklärung bewirken”, meint Stark. „Viele wissen gar nicht, wieviel hier auch schon in der Kirche für die Bewahrung der Schöpfung getan wird und was noch zu tun ist.” In absehbarer Zeit könnte es auch aus dem Vatikan eine gewichtigere Stellungnahme zu diesem Thema geben. Isolde Schönstein hat bereits mit der Glaubenskongregation Kontakt aufgenommen. Rom werde das Anliegen „Bewahrung der Schöpfung” sicher unterstützen, da dies „heute ein Anliegen vieler Tausender” sei, hieß es aus dem Sekretariat Kardinal Ratzingers. Eine Stellungnahme aus Rom kann aber leichter bewirken, wer namhafte Bischöfe zur Unterstützung gewinnen kann, wie Vatikan-Experten bestätigen. Die „ARGE Schöpfungsverantwortung” setzt deshalb besondere Hoffnung auf den neuen „Umweltbischof” Iby und steht mit den Diözesanbischöfen von Assisi, Brescia und Bozen-Brixen in ständiger Verbindung. Darüber hinaus will die ARGE die internationalen Kontakte weiter ausbauen. Um die Einsetzung eines „Umweltbischofs” hat sich besonders der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn bemüht. „Schon als Weihbischof hat er viel Verständnis gezeigt und die Geduld aufgebracht, aufmerksam zuzuhören”, meint Schönstein. Erzbischof Schönborn war es auch, der den Antrag für ein Umweltreferat in die Bischofskonferenz eingebracht hat. Die Ernennung Ibys zum Umweltbischof hat jedoch eine lange Vorgeschichte.

Als sich 1992 die „ARGE Schöpfungsverantwortung” konstituierte, verfaßte sie einen ersten Appell an die Bischofskonferenz, das Thema „Schöpfungsverantwortung” aufzugreifen und kirchliche Initiativen im Umweltbereich zu unterstützen. Dieser Appell blieb zunächst unbeantwortet und führte erst nach acht Monaten zu Gesprächen.

Schließlich wurde Bischof Iby im Herbst 1994 mit dem neugeschaffenen Referat für Umweltfragen in der Bischofskonferenz betraut. Im Februar dieses Jahres kam es zu einer Begegnung der Bischöfe Iby und Schönborn mit zahlreichen namhaften Wissenschaftlern aus Wirtschaft, Verkehrsplanung und Ökologie. Sie formulierten ihre Erwartungen an die Kirche, die in ihrer „Modellfunktion” die Menschen „zum Teilen, Sparen und Verzichten als christlichen Verhaltensweisen” ermuntern könne. Die Experten schilderten aus ihrer Sicht die drastischen Ausmaße'der Umweltzerstörung und die Aufgabe der Kirche, als gewichtige gesellschaftliche Kraft „für die bedrohte Schöpfung einzutreten”.

Ein Antrag, der daraufhin bei der Frühjahrssitzung der Bischofskonferenz eingebracht wurde, führte zur Berücksichtigung der ARGE im Budget der Bischofskonferenz und zur Planung von Umweltreferaten in den Diözesen.

Ob die Umweltreferate wirklich eingesetzt werden, wird die bevorstehende Herbstsitzung der Bischöfe zeigen.

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