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Die Salami-Taktik

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Der Papst wird wieder nach Österreich kommen. Eine entsprechende Einladung ist ausgesprochen und von Rom positiv beantwortet worden. Ein genauer Termin — frühestens käme September 1988 in Frage - wurde freilich noch nicht fixiert, und auch das genaue Programm soll erst nach Rücksprache mit Rom veröffentlicht werden. Es sickerte aber durch, daß trotz eines Zeitrahmens von vier Tagen alle österreichischen Diözesen bis auf drei (Graz, Feldkirch, St. Pölten) besucht werden sollen,- wobei der Hauptakzent auf Westösterreich liegen wird.

Diese Meldung war ein Hauptpunkt beim vorwöchigen „Presse-Briefing“ der österreichischen Bischöfe in Wien anläßlich ihrer Herbsttagung 1986. Da die Funktion des Pressesprechers — bisher Weihbischof Helmut Krätzl (Wien)—abgeschafft wurde, stellten sich Erzbischof Karl Berg (Salzburg) als Vorsitzender der Bischofskonferenz und Diözesan-bischof Johann Weber (Graz) den Journalisten.

Insbesondere wegen des altersbedingten Ausscheidens von Weihbischof Alois Stöger (St. Pölten) aus seinen Funktionen in der Bischofskonferenz gab es noch einige wichtige Änderungen bei der Zuständigkeit für bestimmte Referate:

• Kirche und Gesellschaft: Krätzl (bisher Maximilian Aichern, Linz)

Von HEINER BOBERSKI

• Ökumene: Hans Hermann Groer, Wien (bisher Franz König, Wien)

• Frauen und Caritas: Reinhold Stecher, Innsbruck (bisher Stöger)

• Pax Christi: Florian Kuntner, Wien (bisher Krätzl).

Deutlich traten die Bischöfe in einer Erklärung allen Versuchen entgegen, „den konkordatsrechtlich festgelegten 8. Dezember (und natürlich in logischer Folge andere in die Woche fallende Feiertage) durch faktische, Aushöhlung oder gesetzliche Veränderungen zu Fall zu bringen“. Diese Frage, die heuer in Oberösterreich akut geworden ist, nahm wenige Tage nach der Bischofskonferenz auch Bischof Aichern zum Anlaß einer Pressekonferenz, auf der er diese „Salami-Taktik“ kritisierte.

Die „Aushöhlung“ von Feiertagen sollte wirklich kein Ersatz für eine längst fällige Ladenschlußzeiten-Diskussion sein. Anderseits müßte sich auch die Kirche dem Vorwurf, ihre „Dritte-Welt-Märkte“ fänden in der Regel an Sonn- und Feiertagen statt, ehrlich stellen und den Begriff „Fei-ertagskültur“ verständlich und überzeugend vorleben.

So überzeugend, wie die Bischöfe in einer Erklärung zum KSZE-Folgetreffen die Verwirklichung der Menschenrechte nicht nur in fremden Staaten forderten, sondern auch das eigene Land, also uns alle, mahnten: „Wir müssen ein Land bleiben, das Flüchtlingen offensteht, Gastarbeitern gerecht wird, Toleranz gegenüber Minderheiten übt, den Rechtsstaat wahrt, niemanden bedroht und somit ein kleiner, aber entschiedener Friedensfaktor in der Welt bleibt.“

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