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Frühling oder nicht?

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Salzburgs Katholiken sehen die jüngste kirchlichen Entwicklung in der Erzdiözese sehr verschieden. Die Furche gibt zwei markanten Stimmen Raum.

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Salzburgs Katholiken sehen die jüngste kirchlichen Entwicklung in der Erzdiözese sehr verschieden. Die Furche gibt zwei markanten Stimmen Raum.

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Angesagte Revolutionen finden bekanntlich nicht statt, programmierte Konflikte bleiben - Gott sei Dank - ebenso häufig aus. Nachdem Karl Heinz Ritschel in einem Leitartikel in den Salzburger Nachrichten den designierten Weihbischof Andreas Laun mit „einer schallenden Ohrfeige” (so der Betroffene in einem Leserbrief) empfangen hatte, standen in der Kirche Salzburgs alle Zeichen auf Sturm. Wenn aus dem befürchteten Sturm inzwischen ein kaum wahrnehmbares laues Frühlingslüftchen geworden ist, hat das verschiedene erklärbare Gründe.

Nach dem Motto Dame schlägt Bauer hat der „Kirchenfürst Groer” dem „Weihbischof Laun” im wahrsten Sinne des Wortes die Show gestohlen. Außerdem reichen die Wurzeln der Strukturprobleme der Kirche tiefer, und sie waren schon vor der Ernennung des neuen Weihbischofs deutlich erkennbar. So hat noch Erzbischof Georg Eder in einem Kraftakt den geistlichen Assistenten des Rujpertusblattes, den Kanonikus und Dompfarrer Balthasar Sieberer, entlassen und, ohne Bücksicht auf finanzielle Kosten und die sonstigen Folgen in der Diözese, den langjährigen Chefredakteur Bern-♦ hard Strobl gefeuert. Die Intention ist ziemlich eindeutig: das Rupertus-blatt soll aus einer Zeitung für das gesamte Diözesanvolk zu einem persönlichen Bischofsblatt umgewandelt werden. Deshalb auch die Aufsehen erregende Kündigung des Kooperationsabkommens mit den Kirchenzeitungen der Nachbardiözesen.

In dieses Bild einer ausschließlich autoritär geführten Diözesankirche paßt auch die Kündigung des langjährigen Leiters der Kirchenbeitragsstelle, Helmut Guggenberger. Offiziell wurde zwar immer von einer „einvernehmlichen Lösung des Dienstverhältnisses” gesprochen, dennoch weiß man, daß mehr dahinter steckt. Was genau, ist schwer zu sagen, weil der Betroffene zu Fragen beharrlich schweigt. Ebenso schwierig ist es, die direkte Verantwortung des Erzbischofs an konkreten Fakten oder Eingriffen festzumachen.

Der Trouble-Shooter

In den genannten Fällen wurde nämlich der neue Generalvikar, Universitätsprofessor Hans Paarhammer, als „Trouble Shooter” eingesetzt. Böse Zungen behaupten, dies sei nicht ganz uneigennützig geschehen. Der ehrgeizige und der Macht nicht abgeneigte Generalvikar habe selber Aspirationen auf den Weihbischof gehabt. Für diese Interpretation spricht die Tatsache, daß Paarhammer, auf den die Diözese ursprünglich große Hoffnungen gesetzt hat, bereits Anzeichen von Amtsmüdigkeit zeigt. Jedenfalls will er die Leitung der Hauptkommission des Diö-zesanforums - diese Aufgabe hat er im letzten Jahr mit großem Engagement und großer Kompetenz wahrgenommen - niederlegen.

Es kann natürlich sein, daß dies nicht mit der Tatsache als solcher, sondern mit dem Arbeitsstil des neuen Weihbischofs zusammenhängt. Denn wer jemals den ehemaligen Professor Laun auf einem wissenschaftlichen Symposion erlebt hat,

weiß, daß es kaum ein Thema gibt, zu dem er sich nicht sofort zu Wort gemeldet hätte, auch wenn die Frage nicht unbedingt zu seinem Metier gehört hat. Wie aus dem Konsistorium und aus dem Pastoralrat zu vernehmen ist, ist er diesem Stil durchaus treu geblieben. Vielleicht ist es aber gerade diese Eigenart, die es nicht rechtfertigt, aus ihm einen Popanz zu machen und ihn mit allen möglichen Mitteln zu bekämpfen. In Wirklichkeit redet er viel und bewegt wenig.

Ein eigenes Kapitel sind die Vorgänge rund um die Inthronisation von Laun als Weihbischof. Neben der gemäß Protokoll selbstverständlichen Honoratioren-Prominenz waren vom Sekretariat des Erzbischofs zwar alle Bürgermeister und alle Bezirkshauptleute, dafür kein einziger ehrenamtlicher Mitarbeiter, sei es aus dem Pastoralrat, dem Diözesan-forum oder der Katholischen Aktion eingeladen. Laien gibt es offensichtlich nicht (mehr) in der Kirche und Frauen schon gar nicht? Die Weihezeremonie verlief friedlich und ohne jegliche befürchtete Störung. Nicht zuletzt deshalb wurde die außergewöhnliche Begrüßung von Herrn Karl Habsburg „als Vertreter eines früheren und größeren Österreich” mit Aufmerksamkeit registriert.

lähmendes schweigen

Es ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfrüht, Prognosen über die Zukunft der katholischen Kirche in Salzburg zu wagen. Möglicherweise hat man den (negativen) Einfluß des neuen Weihbischofs auf das kirchliche Leben überschätzt und ihm mehr Publicity eingeräumt, als er es verdient. Andererseits ist nicht zu übersehen, daß derzeit eine Art lähmendes Schweigen wie Smog über der Kirchenlandschaft Salzburgs liegt. Zu Sorge Anlaß gibt derzeit weniger der neue Weihbischof selbst, als die Hintermänner, die hinter seiner Ernennung standen. So hat unlängst Professor Wolfgang Waldstein, einer der kirchenpolitischen Drahtzieher, der angeblich in Born immer wieder offene Türen vorfindet, in einem Artikel in der Schweizer Katholischen Wochenzeitung von einem in Salzburg mutwillig entfachten „Kirchenkampf” gesprochen und dabei die Verfechter einer offenen geschwisterlichen Kirche als eine Art fünfte Kolonne diffamiert, die 'eine „Bäterepublik” anstreben und ein Kirchenbild vertreten, das „im Ansatz totalitär” ist.

Während draußen, in der Natur, der Frühling Einzug hält, Blumen blühen und Knospen sprießen, dominieren bei den einflußreichen Leuten in der Amtskirche eher Angstpsychosen statt der christlichen Tugend der Hoffnung. Es ist (noch oder wieder?) Winter in der Kirche.

Der Autor ist

Ordinarius für Politikwissenschaft an . der Universität Salzburg.

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