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Vielleicht Modell „Furche“?

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Er hat die Sache in ihrer organisatorischen Struktur fast erfunden. Im Auftrag des „Zentralkomitees der deutschen Katholiken“ in Bad Godesberg, dessen führende Leute zunächst durch Jahre hindurch eine katholische Tageszeitung anstrebten, arbeitete er die theoretischen Grundlagen für eine Wochenzeitung als Modell heraus. Er sagt gelegentlich selbst, daß ihn dabei das Muster der „Furche“ sehr interessierte, wenn es sich 'hier auch um ein unverwechselbar österreichisches Blatt handelt, mit der es ein freundnachbarliches aber kein wie immer geartetes Konkurrenzverhältnis geben soll. Was ihm am Modell „Furche“ gefällt, ist die in der Konstruktion festgelegte Unabhängigkeit von den direkten Weisungen der Hierarchie — ein Ergebnis der kirchlichen Entwicklungsgeschichte Österreichs, die seit einem Jahrhundert anders verlaufen ist als in Deutschland. Hier müsser bestimmte Formen des sauberen unc in den Kompetenzen klaren Nebeneinander erst geschaffen werden. Aui diese strukturelle Vorarbeit konzentrierte Dr. Suttoer seinen juristischer und wirtschaftswissenschaftlicher Sachverstand.

Dieses sein Modell lag den Bischöfen Deutschlands bereits in drei Konferenzen — im Herbst 1966 in Fulda, im Winter 1967 in Bad Honnef und im vergangenen Mai in Königstein — zur Beschlußfassung vor. Als eine bis ins einzelne durchdachte Ziel Vorstellung, deren Bejahung manchen der in ganz anderen Kategorien denkenden Herren einen entschiedenen Sprung über den Schatten abverlangte. Die allermeisten haben ihn getan. Der in Fulda nur projektierte Beschluß wurde in Bad Honnef rechtskräftig gefaßt und in Königstein erneut bestätigt. (Das Abstimmungsergebnis blieb geheim, es soll aber nur vereinzelte Stimmenthaltungen und fast keine Gegenstimmen gegeben haben.) Immerhin hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Döpfner von München, diesen Beschluß in einer Pressekonferenz offiziell bekanntgegeben, ist der Presserefe-rent der Konferenz, der Bischof von

Osnabrück Dr. Wittler sehr aktiv mit den Vorarbeiten 'beschäftigt, hat der Beauftragte der Bischöfe bei der Bundesregierung in Bonn, Weihbischof Dr. Tenhumberg die Sache der neuen Wochenzeitung entschieden zu seiner eigenen gemacht. Gerüchte, die da und dort über organisierte Gegnerschaften im Episkopat verbreitet wurden, strafen sich durch diese Beschlüsse selbst Lügen. Es ist auch kaum vorstellbar, daß Kardinal Döpfner seine Amtsbrüder aus ihrem Wort entläßt oder daß die deutschen Bischöfe den Bedenklichkeiten des einen oder anderen Generalvikars so weit nachgeben, daß sie vor der recht aufmerksam beobachtenden nicht-katholischen Öffentlichkeit als Blamierte dastehen.

Kein leichter Start

Dazu kommt noch etwas sehr Wichtiges. Der rechtsgültige Beschluß zweier Bischofskonferenzen, ein solches Blatt zu gründen und die auf regionaler Ebene bestehenden kleineren katholischen Wochenzeitungen in diesem neuen Unternehmen aufgehen zu lassen (mit einem Übernahmeangebot an alle dort beschäftigten Redakteure und entsprechenden Ablösen an die bisherigen Herausgeber) kam nicht nur auf

Grund der Suttnerschen Entwürfe zustande. Das gesamte Vorhaben wurde durch ein unbestechlich sachliches Umfrageteam des bekannten Instituts für Meinungsforschung in Allensbach (Elisabeth Noelle-Neu-mann) auf seine Chancen hin geprüft. Als erster Nichtkleriker in der neueren Kirchengeschichte — und als Evangelischer noch dazu — referierte ein leitender Mann dieses Instituts den versammelten Bischöfen Deutschlands über die Absatzmöglichkeiten eines solchen Blattes, machte er deutlich, wie eine solche Wochenzeitunig aussehen muß, um bei jenem Publikum anzukommen, das die Gründer ansprechen wollen. Erst nach diesem Referat fällten die Bischöfe ihr Votum. Erst nach neuerlichem Abwägen des Für und Wider und nach Anhören so manches berufenen oder selbsternannten „Advoca-tus diaboli“ erhielt der Pressebischof den offiziellen Auftrag mit der konkreten Vorbereitung zu beginnen. Dieser Auftrag läuft seitdem. Man ist guten Mutes, den geplanten Erscheinungsterniin — Herbst 1968 in der zeitlichen Nähe des für September geplanten Katholikentages in Essen — einhalten zu können.

Wie soll die KWZ nach Ablegung ihres unschönen Vorbereitungs-namens aussehen? Ohne phantasielose Nachahmung denkt man an einen Typ wie die auch in Österreich bekannte evangelisch-konservative Wochenzeitung „Christ und Welt“ — natürlich ohne deren politi'Srhp un.ri klllilrnrrw-diHcr'rifi rTtmAoTm

Ein Blatt also für 'die mittlere, aufgeschlossene Intelligenz, das auch lern spezifisch Gebildeten etwas sagen kann, für den Leser mit einfacher Bildung aber auch noch verständlich sein muß. Eine Zielauflage ist noch nicht beschlossen. Die da und dort kolportierte Ziffer von 250.000 ist aber bestimmt zu hoch gegriffen.

Klare Vollmachten

Über die Einzelheiten des Redafc-tionsprograimims und der Aufmachung schweigt Dr. Suttner mit gutem Grund. Er will dem allein verantwortlichen Ohefredakteur nicht vorgreifen. Das einzige, was er ihm vorlegen wird, ist eine bereits jetzt bestehende Liste guter katholischer Journalisten und Publizisten — Alterfahrene neben beachtenswerten Anfängern keinesfalls nur einer politischen „couleur“, keinesfalls nur aus dem bewußten CDU-nahen Reservoir der Adenauer-Ära, die für den deutschen Katholizismus vergangen ist. Es wird dem Chefredakteur obliegen, sich die richtigen Leute herauszusuchen, neue hinzuzugewinnen — vor allem auch qualifizierte Pau-scbalmitarbeiter und profilierte Auslandskorrespondenten.

Dieser Ohefredakteur — von dem einige annehmen, daß es der derzeitige Chefredakteur des Bayrischen Fernsehens, Dr. Hans Heigert, sein wird, soll auch sonst über sehr gut abgesicherte Kompetenzen verfügen. Zwischen ihm und der Bischofskonferenz, die hier nur die Aufgabe eines gründenden Gremiums und einer „Generalversammlung“ erfüllt, steht die Gruppe der Treuhänder — sechs oder sieben an der Zahl. Sie sollen in ihrer personalen Verschiedenheit eine Art Repräsentanz des deutschen Katholizismus darstellen. Man denkt in einem bestimmten Mischungsverhältnis an Persönlichkeiten der Wissenschaft, der allgemeinen Kulturpolitik, aber auch der Wirtschaft, und dies keinesfalls nur im Arbeitgebersinn verstanden. Diese Treuhänder üben ihr Amt als eine Leitungs- und Kontrollfunktiion neben ihrem Hauptberuf in der Öffentlichkeit aus. Sie werden von den Bischöfen auf Zeit ernannt und bevollmächtigt und können nur dm Fall schwerwiegendster Meinungsverschiedenheiten — jeder für. sich — vorzeitig abberufen werden. Mit der Chefredaktion, nicht mit den einzelnen Redakteuren, die überhaupt keine Weisungen außerhalb der Redaktionsgemeinschaft erhalten, verkehren diese Treuhänder über den Geschäftsführer, der, so gesehen, die Gesamtverantwortung für das Unternehmen trägt.

Nicht nur Gefahren, auch Chancen

Soweit stehen die Dinge nun auf dem Papier fest. Die nächsten Schritte sind in naher Zukunft zu erwarten: die Bestellung der Treuhänder, die Ernennung des Chefredakteurs und des Geschäftsführers, die Bekanntgabe des Druck- und Verlagsortes — wahrscheinlich Frankfurt oder Düsseldorf. Der deutsche Zeitungsmarkt ist in eine Umsteilungskrise geraten. Die nüchternen Planer des neuen Unternehmens sehen in dieser Situation der Umstellung nicht nur Gefahren sondern auch Chancen für ihr ganz neues, neuartiges und für den deutschen Katholizismus längst überfälliges Vorhaben.

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