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Abschied von einem Kirchenfürsten

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Innerhalb weniger Wochen hat sich das Antlitz des österreichischen Episkopates sehr wesentlich gewandelt. Mit Johann Weber wurde ein schlichter Stadtpfarrer und früherer Arbeiterseelsorger, ein Mann, der nicht aus dem kirchlichen Apparat und nicht von der Wissenschaft kommt, zum Bischof von Graz ernannt, ein junger Mann, unbelastet von der Vergangenheit. In Salzburg ist ein alter Mann, Träger großer Traditionen, zurückgetreten: Erzbischof Andreas Rohracher. Die beiden Männer sind nach Alter, Herkunft, Tradition und Persönlichkeit nicht miteinander zu vergleichen. Beide aber werden bestimmend sein für die Zukunft der Kirche unseres Landes.

Die Hoffnung, die den einen begleitet, heißt bei dem anderen Dank, Dank und wieder Dank. Rohracher

war und ist ein Herr, er war vielleicht der letzte Kirehenfürst Österreichs, ein Fürst aber nicht in Herrschsucht, in Distanz und Abgeschlossenheit, in Gestik und Theatra-lik. Er erwies sich als ein Mann des großen Herzens, ein Mann des Entschlusses und der Tat. Er war der älteste Bischof des Landes, in vielem aber wirkte er jünger als der jüngste. Er war kein Neuerer in Hektik und Uberschwang, aber er hat sich dem Neuen niemals verschlossen. Er ist in vielem da vorangeschritten, wo andere noch zögerten. Rohracher hat nie um die Gunst der Mächtigen gebuhlt, er hat das, was er für richtig erkannte, getan, ohne zu fragen, ob es manchen gelegen oder ungelegen kam. Er hat als Kapitelvikar der Kärntner Diözese während der nationalsozialistischen Herrschaft sich mit seiner ganzen

Kraft gegen die Vertreibung der Slowenen eingesetzt, er hat den Mord an debilen Kindern angeprangert, er hat, als er 1943 zum Erzbischof von Salzburg gewählt wurde, in seiner Antrittspredigt sich auf Christus berufen, dem allein er seinen Dienst weihen wollte. Damals hat sich zum ersten Male im Salzburger Dom stürmischer Applaus erhoben, während draußen jene tobten, die von einer Herrschaft Christi nichts wissen wollten. Mit demselben Mut hat sich Rohracher nach 1945 aber vor jene gesteilt, die, wie er meinte, unschuldig verfolgt wurden. In seiner großen Innsbrucker Rede von 1947 hat er die Österreicher ermahnt, nicht den Ungeist der Vergangenheit mit umgekehrten Vorzeichen weiterzutragen, sondern den Wiederaufbau des Staates in Gerechtigkeit, Einigkeit und Hebe

anzustreben. Er hat auch neue Wege des Verständnisses zu den evangelischen Brüdern gesucht, er hat sie öffentlich um Verzeihung dafür gebe, ten, daß vor vielen hundert Jahren einer seiner Vorgänger sie aus dem Land vertrieben hatte. Seine Diözese war eine der ärmsten. Der österreichische Staat hatte 1803 mit der Aufhebung des geistlichen Fürstentums den gesamten Besitz

der Diözese in staatliches Eigentum übergeführt, erst die Konkordatsverträge der letzten Jahre brachten hier wenigstens einen gewissen Ausgleich und machten Rohracher zum Besitzer des eigenen Wohnhauses. Und doch hat diese arme Diözese in seiner Amtszeit 20 Kirchen gebaut. Der Erzbischof hat auch in der Förderung der katholischen Laienbewegung neue Wege beschritten und einen Mann, der aus der Industrie kam, zum Generälsekretär der Katholischen Aktion berufen. Er hat als einer der ersten nach dem Konzil eine Diözesansynode einberufen, die als erste österreichische Synode auch abgeschlossen wurde. Auf eines konnte er sich immer wieder berufen und gerade in den letzten Jahren in immer steigenderem Maße: auf die Liebe, Treue und Anhänglichkeit seiner Diözesanen im Salzburger Land, aber auch im Tiroler Anteil seiner Diözese. Diese Liebe, Treue und Anhänglichkeit wird ihn auch weiterhin begleiten, auch wenn er nicht mehr an der Spitze seiner Diözese steht. Er ist ein Mann, der diese Liebe verdient hat. Wir nehmen Abschied von einem großen Bischof.

Für Mädchen im letzten Pflichtschul-Iahr!

Ab September 1969 werden für das Schuljahr 1969/1970 im Rahmen der Caritas-Vorschule Praktikantinnen in kirchlichen Kindergärten eingesetzt. Es kommen dafür 15- bis 18jährige Mädchen in Frage, die einen Sozialberuf erlernen wollen (z. B. Krankenpflegerin, Säuglingsschwester oder Familienhelferin) und noch eine Wartezeit zu überbrücken haben. Außerdem werden auch Mädchen, die später als Kindergarten- oder Heimhelferinnen arbeiten wollen, zu einem Schulungsjahr aufgenommen. Bedingung zur Aufnahme Ist die Vollendung der neunjährigen Schulpflicht. Auskunft und Vormerkung im Kindergartenreferat der Caritas, Wien 9, Währinger Gürtel 104, 1. Stock, Telephon 34 36 51 / Klappe 18.

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