6815482-1973_06_09.jpg
Digital In Arbeit

Was ist der Mensch ohne Heimat?"

19451960198020002020

Am 27. 1. 1973 jährt sich zum 25. Male der Todestag des 61. Hochmeisters des Deutschen Ordens, Robert Schälzky, der seine letzte Ruhestätte in Lana/ Südtirol fand. Anlaß genug, dieses eifrigen Priesters, verdienten Politikers und begabten Organisators in Dankbarkeit zu gedenken.

19451960198020002020

Am 27. 1. 1973 jährt sich zum 25. Male der Todestag des 61. Hochmeisters des Deutschen Ordens, Robert Schälzky, der seine letzte Ruhestätte in Lana/ Südtirol fand. Anlaß genug, dieses eifrigen Priesters, verdienten Politikers und begabten Organisators in Dankbarkeit zu gedenken.

Werbung
Werbung
Werbung

Robert Schälzky, 1882 als Sohn eines Webmeisters geboren, hatte acht Geschwister. Das Gymnasium besuchte er in Troppau, die theologischen Studien absolvierte er in Bri-xen, wo er 1907 zum Priester geweiht wurde. Leben und Lehre von priesterlichen Sozialpolitikern wie Doktor Aemilian Schöpfer und der spätere Salzburger Erzbischof Waitz, die seine Lehrer waren, prägten Leben und Wirken von Robert Schälzky. Er war mit Leib und Seele Priester und Politiker. (Politik als Dienst am Mitmenschen und an der Gesellschaft.) Er war überzeugt davon, daß sich Seelsorge nicht auf den sakralen Raum beschränken darf und war bemüht, den politischen und vorpolitischen Raum mit christlichen und sozialen Gedanken \zu erfüllen und zu gestalten.

Im Jahre 1914 ist er als junger Priester Mitbegründer des „Diöze-sanverbandes der katholischen Vereine für die deutsche Jugend der Erzdiözese Olmütz" und wird stellvertretender Diözesanpräses. Damit war die erste Gründung eines Diöze-sanverbandes der katholischen Jugend auf dem Gebiet Alt-Österreichs erfolgt. Der Jugendarbeit blieb er auch als Abgeordneter, Präsident des Volksbundes deutscher Katholiken und als Hochmeister fördernd verbunden. Die Eulenburg und andere Ordenshäuser stellte er für Tagungen und Bildungsveranstaltungen zur Verfügung. Zur Durchführung des Planes, das im Altvatergebirge idyllisch gelegene D.-O.-Forsthaus „Wiedergrün" als zentrale Bildungsstätte einzurichten, kam es nicht mehr, weil nach dem Einmarsch der deutschen Truppen im Herbst 1938 die Nationalsozialisten den Orden entschädigungslos enteigneten und widerrechtlich auflösten. Noch in den erregenden Wochen des Frühjahres 1938 stand Hochmeister Schälzky dem „Reichsbund der deutschen katholischen Jugend in der CSR" mitsorgend zur Seite und fuhr mit Dr. Jedelsky und dem Schreiber dieser Zeilen zum Erzbischof von Prag, Kardinal Karel Kaspar, um ihm, als dem Primas von Böhmen, über die Entscheidungen vor die die

Robert Schälzky (1946): Politik als Dienst Photos: Archiv katholische Jugend des Landes gestellt war, zu informieren und seinen Rat zu hören. Kaspar, ein liebenswürdiger Priester, mit manchen drängenden Zeitproblemen nicht sehr vertraut, stand der Situation der deutschen katholischen Jugend ratlos gegenüber, billigte aber die notwendigen Entschlüsse derselben. Nach dem Zusammenbruch von 1918 gelang es Schälzky, die politische Organisation der „Deutschen christlich-sozialen Volkspartei" aufzubauen, deren erster Landesvorsitzender er wurde. Die Partei errang bei den ersten Wahlen zum gesetzgebenden Parlament im April 1920 entscheidende Erfolge.

Schälzky gehörte dem Prager Parlament von 1920 bis 1925 an und hat sich besonders um die Sozialversicherungsgesetzgebung große Verdienste erworben. In seiner Heimatstadt Freudenthal war er Mitglied der Stadtverordnetenversammlung und wurde zum Vizebürgermeister gewählt.

Als im Jahre 1919 der „Volksbund der deutschen Katholiken für Mähren und Schlesien" gegründet wurde, war Schälzky einer der Initiatoren und Mitbegründer und wurde als Nachfolger von Weihbischof Doktor Schinzel 1927 zum Volksbundpräsi-dentien gewählt. Als Mitglied des Mähr.-Schles. Landesschulrats stellte er seine pädagogisohe Begabung in den Dienst des Schulwesens. 1930 wurde ihm das Amt des Generalöko-noms des D. O. übertragen. Den Volksbund baute Schälzky zu einer umfassenden Organisation mit hoher Effizienz aus. Der Volksbund nahm die Aufgaben eines Bildungswerkes, eines Presse-, Schul- und Familienverbandes mit einer Vielfalt von Kursen, Seminaren und Veranstaltungen wahr. Ein Hinweis auf den Sektor der katholischen Presse macht Anstrengungen und Erfolg deutlich: die deutschen Katholiken der Erzdiözese Olmütz und des Breslauer Anteils (etwa 700.000) besaßen bis zur Liquidierung durch die Nationalsozialisten drei katholische Wochenzeitungen („Grenzpost",

„Deutsches Wochenblatt", „DT. Volksfreund") und die katholische Tageszeitung „Das Volk".

Für die katholische Presse brachten die kirchentreuen Katholiken große materielle Opfer. Der Deutsche Orden unter den Hochmeistern Paul Heider und Robert Schälzky hat die kath. Presse weitschauend und hochherzig gefördert. Entscheidend war, daß es Heider und Schälzky gelang, den Gläubigen die Probleme der Presse, der Jugend, der Schule, der Familie, der Erwachsenenbildung, des Priesternachwuches, der religiösen Erneuerung, des sozialen und politischen Bereichs bewußt zu machen.

Neben der vielseitigen Anerkennung, dem Erfolg, der Hochschätzung und Verehrung, die Schälzky allseits genoß, blieben ihm bittere seelische und physische Schmerzen nicht erspart. Unter den Nationalsozialisten mußte er nach 1938 die Wegnahme des Ordenbesitzes, die Vertreibung aus seinem Amtssitz im Freudenthaler Schloß und die Zerschlagung des Ordens erleben und nach 1945 Verfolgung, Gefängnis und Qualen durch die Kommunisten. Schwer trug er — der Gesundheit und Heimat beraubt — am Verlust seiner geliebten Altvater-Heimat. Sein Schmerz darüber kommt in seinem letzten Brief an einen Freund zum Ausdruck: „... was ist der Mensch ohne Heimat?" (Dezember 1947). Am darauffolgenden Monat (Jänner 1948) rief ihn der Herr in die ewige Heimat. Seine letzten Gebete bezeugten noch einmal seine tiefe Marienliebe und den marianischen Geist seines Ordens.

Der 61. Hochmeister des altehrwürdigen und in seiner 800jährigen Geschichte an wechselvollen Schicksalen so reichen Deutschen Ordens wurde am 31. Jänner zu Grabe getragen. Das feierliche Pontifikalre-quiem zelebrierte der Fürsterzbischof von Trient, Dr. Karl von Ferrari.

Die Trauer um Robert Schälzky war allgemein und groß. Dem Grün-dungsideal des Deutschen Ordens, der Caritas, dem Helfen und Heilen hat Robert Schälzky in zeitgemäßer Form gedient. Der Ordensaufgabe, den Glauben zu verteidigen, zu verbreiten, dem Mitmenschen zu helfen und ihn an Leib und Seele zu heilen, hat er sich mit ganzer Kraft und mit der Fülle seiner Fähigkeiten ein Leben lang gewidmet.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung